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Du bist nie allein

Du bist nie allein

Titel: Du bist nie allein
Autoren: Nicholas Sparks
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flüsterte Julie. »Ich tu dir nichts…«
    Leise redete sie mit dem Welpen, damit er sich an sie gewöhnte, während sie immer noch kaum glauben konnte, dass dieses Geschenk von Jim kam. Der Welpe winselte weiter, fast, als wolle er die Musik aus der Anlage begleiten, und Julie kraulte ihn unterm Kinn.
    »Singst du für mich?«, fragte sie, zum ersten Mal sanft lächelnd. »So hört es sich nämlich an, weißt du.«
    Ganz kurz hörte der kleine Hund mit seinem Gewinsel auf und sah zu ihr hoch, genau in ihre Augen. Dann begann er erneut zu winseln, aber es klang schon viel weniger verängstigt.
    »Singer«, flüsterte sie. »Ich glaube, ich werde dich Singer nennen.«

Kapitel 1
    Vier Jahre später
    I n den Jahren, die seit Jims Tod vergangen waren, hatte Julie Barenson es irgendwie geschafft, ein neues Leben zu beginnen. Aber es hatte seine Zeit gedauert. Die ersten Monate nach seinem Tod waren schwierig und einsam gewesen, aber schließlich hatte die Zeit Wunder gewirkt und Julies Trauer gemildert. Obwohl sie Jim geliebt hatte und wusste, dass ein Teil von ihr Jim
immer
lieben würde, war der Schmerz nicht mehr so stark wie zu Anfang. Sie erinnerte sich ihrer Tränen und daran, wie ihr Leben nach seinem Tod zu einem völligen Vakuum geworden war, aber der brennende Kummer jener Tage war überwunden. Wenn sie jetzt an Jim dachte, lächelte sie bei der Erinnerung an ihn und war dankbar, dass er Teil ihres Lebens gewesen war.
    Auch für Singer war sie dankbar. Jim hatte genau das Richtige getan, als er ihr den Hund schicken ließ. Singer hatte Julie in gewisser Weise zum Weiterleben gezwungen.
    In diesem Moment aber, an einem kühlen Frühlingsmorgen in Swansboro, North Carolina, lag Julie im Bett und dachte nicht daran, welch wunderbare Stütze Singer ihr in den letzten vier Jahren gewesen war. Vielmehr verwünschte sie im Stillen seine bloße Existenz, während sie nach Luft rang und ihr durch den Kopf schoss: Ich fasse es nicht, dass ich so sterben soll!
    Im Bett von meinem eigenen Hund erdrückt.
    Singer lag mitten auf ihr, presste sie regelrecht auf die Matratze, und sie stellte sich vor, wie ihre Lippen gerade vor Sauerstoffmangel blau anliefen.
    »Hoch mit dir, du fauler Hund«, keuchte sie. »Du bringst mich noch um!«
    Singer schnarchte vernehmlich und reagierte nicht. Julie begann zu zappeln, um ihn so aus dem Schlummer zu reißen.
    »Im Ernst«, presste sie zwischen den Zähnen hindurch. »… krieg keine Luft!«
    Endlich hob Singer seinen riesigen Kopf und blinzelte Julie schlaftrunken an.
Was soll der Wirbel?,
schien er zu fragen.
Siehst du nicht, dass ich schlafe?
    »Runter mit dir!«, schnaufte Julie.
    Singer gähnte und stieß ihr die kalte Nase an die Wange.
    »Ja, ja, guten Morgen«, japste sie. »Jetzt hau ab!«
    Darauf schnaubte Singer und richtete sich auf. Julie hatte das Gefühl, als würden ihr dabei weitere Körperteile platt gedrückt. Wie er so mitsamt dem Geifer an der Schnauze über ihr aufragte, sah er aus wie eine Kreatur aus einem billigen Horrorfilm. Lieber Gott, dachte Julie, wie riesig er ist! Dabei müsste ich mich doch inzwischen dran gewöhnt haben! Sie holte tief Luft und sah böse zu ihm hoch.
    »Hab ich dir erlaubt, zu mir ins Bett zu kommen?«, fragte sie.
    Normalerweise schlief Singer nachts in der Ecke ihres Zimmers. Die letzten beiden Nächte aber war er zu ihr ins Bett gekrochen. Oder, genauer gesagt, er hatte sich auf sie gelegt. Verrückter Hund.
    Singer senkte den Kopf und leckte ihr übers Gesicht.
    »Nein, dir ist nicht verziehen«, sagte sie und stieß ihn weg. »Versuch’s erst gar nicht. Du hättest mich umbringen können! Du bist fast doppelt so schwer wie ich! Und jetzt runter vom Bett.«
    Singer quengelte wie ein trotziges Kind und sprang dann zu Boden. Julie richtete sich mit schmerzendem Brustkorb auf, sah auf den Wecker und dachte: Schon so spät? Sie und Singer räkelten sich gleichzeitig, dann schlug Julie die Bettdecke zurück.
    »Na los«, sagte sie, »ich lass dich raus, bevor ich unter die Dusche gehe. Aber schnüffel nicht wieder an den Mülltonnen der Nachbarn herum. Die haben mir eine bitterböse Nachricht auf Band gesprochen.«
    Singer sah sie an.
    »Ich weiß, ich weiß«, sagte sie, »es ist nur Müll. Aber manche Leute sind in der Beziehung komisch.«
    Singer lief aus dem Schlafzimmer Richtung Haustür. Julie lockerte ihre Schultern, während sie ihm folgte, und schloss ganz kurz die Augen. Großer Fehler. Mit voller Wucht knallte sie mit dem
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