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Du bist nie allein

Du bist nie allein

Titel: Du bist nie allein
Autoren: Nicholas Sparks
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raste mit heulendem Blaulicht durch den dichter gewordenen Verkehr, schlängelte sich halsbrecherisch zwischen den Autos hindurch.
    Sie blickte starr geradeaus und hielt das Lenkrad so fest umklammert, dass ihre Hände schmerzten.
    Zehn Minuten, dachte sie. Ich brauche nur noch zehn Minuten.
    Julie starrte Richard atemlos an, und mit einem Schlag wurde ihr alles klar.
    Er hat Singer etwas angetan. Er hat Pete etwas angetan. Er hat Mike etwas angetan.
    O Gott…
    Mike…
    Und jetzt war sie an der Reihe.
    Er kam langsam auf sie zu.
    »Du…«
    Mehr brachte sie nicht zustande.
    Ein Lächeln huschte über sein Gesicht.
Natürlich,
schien er zu sagen,
wen hast du denn sonst erwartet?
Er blieb ein Stück von ihr entfernt stehen, sah sie für einen Moment an und richtete dann den Blick auf Singer.
    »Die Sache mit deinem Hund tut mir Leid«, sagte er ruhig. »Ich weiß, wie viel er dir bedeutet hat.«
    Es klang unbeteiligt, als trüge nicht er die Schuld an dem Elend.
    Julie wurde es plötzlich speiübel, aber sie schluckte krampfhaft und bemühte sich, die Beherrschung zu wahren. Überlegte, was sie tun sollte. Versuchte zu erraten, was mit Mike passiert war.
    »Wo ist Mike?«, fuhr sie Richard an und fürchtete sich doch vor der Antwort.
    Richard schaute hoch. »Das ist jetzt vorbei«, stellte er sachlich fest.
    Die Worte trafen Julie wie ein Schlag.
    »Was hast du mit ihm gemacht?«, fragte sie mit erstickter Stimme.
    »Das spielt keine Rolle.«
    »Was hast du getan?«, schrie sie, völlig außer Fassung.
    Richard trat einen Schritt näher, seine Stimme blieb sanft. »Ich hatte keine andere Wahl, Julie. Das weißt du. Er hat dich beherrscht, und das durfte ich nicht zulassen. Aber jetzt bist du sicher. Ich werde mich um dich kümmern.«
    Er kam noch einen Schritt näher, doch Julie wich jäh zurück, weg von Singer.
    »Er hat dich nicht geliebt, Julie«, sagte er. »Nicht so wie ich.«
    Er wird mich umbringen, dachte sie. Er hat Mike und Singer und Pete umgebracht, und jetzt bringt er mich um. Mit jedem seiner Schritte wuchs das Grauen in ihr. Sie sah es in seinen Augen, sah genau, was er vorhatte.
    Er wird mich umbringen, aber erst vergewaltigt er mich…
    Der Gedanke wirkte wie ein Adrenalinstoß. Eine innere Stimme schrie:
Lauf!,
und Julie reagierte instinktiv.
    Sie stürmte davon, ohne sich noch einmal umzusehen. Richard versuchte nicht, sie aufzuhalten. Wo wollte sie schon hin? Irgendwann hatte sie sich verausgabt, das wusste er, und ihre Panik würde ihr den Rest geben. Also schob er die Pistole in seinen Gürtel und setzte sich in Bewegung, gerade so schnell, dass er Julie nicht aus den Augen verlor und sie einholen konnte, wenn die Zeit reif war.
    Mike schwankte zwischen Bewusstlosigkeit und Wachsein, nahm allerdings wahr, dass er heftig blutete. Und dass Julie ihn brauchte.
    Zitternd kämpfte er sich langsam auf die Beine.
    Julie rannte so schnell sie konnte auf die Lichter eines Strandhauses zu, das bewohnt zu sein schien. Ihre Beine ermüdeten allmählich, und sie hatte das Gefühl, kaum noch vom Fleck zu kommen.
    Nein, sagte sie sich. Nein! Er kriegt mich nicht. Ich schaffe es, und man wird mir helfen. Ich schreie um Hilfe, dann rufen die Leute die Polizei, und…
    Aber ihre Beine… und ihre Lunge brannte… und ihr Herz pochte heftig…
    Allein das Grauen trieb sie weiter. Hin und wieder drehte sie sich panisch um. Sah, dass Richard trotz der Finsternis stetig näher kam.
    Ich schaffe es nicht, erkannte sie plötzlich.
    Ist hier jemand?,
wollte sie schreien.
Hilfe!
    Das Tosen der Wellen würde ihre Schreie verschlucken, fuhr ihr durch den Kopf.
    Sie konnte seine Schritte schon hören.
    Ich kann nicht mehr…
    Sie lief auf die Dünen zu, in der Hoffnung, dort irgendwo ein Versteck zu finden.
    Richard sah ihr Haar direkt vor sich flattern.
    Gleich habe ich sie, dachte er. Da schlug sie unvermittelt einen Haken und stürmte die Dünen hinauf. Richard stolperte und wäre fast gestürzt, nahm aber die Verfolgung sogleich wieder auf. Er lachte laut.
    Was für Kampfgeist! Was für Energie! Sie war ihm in jeder Hinsicht ebenbürtig. Vor Freude hätte er beinahe in die Hände geklatscht.
    Hinter den Dünen sah Julie ein Haus aufragen, aber es war unendlich schwer, durch den Sand hochzusteigen. Sie rutschte ständig ab und musste mit den Händen Halt suchen, und als sie endlich oben ankam, zitterten ihre Beine schlimmer als je zuvor.
    Aufgeregt fasste sie das Haus ins Auge. Es war auf Pfählen errichtet, unter denen
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