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Du bist nie allein

Du bist nie allein

Titel: Du bist nie allein
Autoren: Nicholas Sparks
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so stark, dass ihm Hören und Sehen verging, und abermals bekam er keine Luft mehr.
    Er dachte an Julie.
    Julie…
    Erneut rappelte er sich auf und warf sich Richard entgegen. Spürte Richards Tritte, kämpfte sich trotzdem weiter vor. Streckte die Hände nach Richards Hals aus. Fühlte plötzlich, wie sich etwas Spitzes gegen seinen Bauch drückte. Dann knallte es dumpf.
    Zuerst spürte er nichts, doch dann schien ein Feuer in seinem Bauch zu entflammen. Schmerz schoss in alle Richtungen, stieg an seinem Rückgrat hoch. Die Beine versagten ihm den Dienst, sein Körper erschlaffte, und Richard stieß ihn von sich.
    Mike griff sich an den Bauch, der glitschig war von heraussickerndem Blut. Er begriff nicht, woher das Blut kam, doch als Richard aufstand, sah er die Pistole.
    Richard starrte auf ihn herab, und Mike rollte sich zur Seite.
muss aufstehen… auf die Beine… muss Julie warnen…
    Er musste Julie retten, versuchte den Schmerz zu überwinden, einen Plan zu fassen… Da traf ihn der nächste Tritt am Kopf.
    Wieder landete er auf dem Bauch. Die Hand gegen die Wunde gedrückt, schrie er: »Julie!«
    Doch in Wahrheit kam nur ein schwaches Keuchen aus seinem Mund.
    Immer schwindeliger… muss sie retten… muss sie beschützen…
    Wieder ein Tritt gegen seinen Kopf. Dann nichts mehr.
    Richard stand mit aufgerissenen Augen vor Mike, schwer atmend, von nie gekannter Energie durchpulst. Seine Hände kribbelten, seine Beine zitterten, aber seine Sinne waren so lebendig! Die Wirkung war schwindelerregend, berauschend.
    Es war anders gewesen als bei Pete. Oder bei dem echten Richard Franklin. Oder sogar bei Jessica. Jessica hatte sich gewehrt, aber nicht so. Jessica war durch seine Hand gestorben, aber damals hatte sich kein Gefühl von Triumph eingestellt, von siegreicher Eroberung. Nur ein Gefühl der Enttäuschung, dass Jessica diese Reaktion heraufbeschworen hatte.
    Aber diesmal empfand er Triumph, fühlte sich unschlagbar, unbezwingbar. Er verfolgte eine Mission, und die Götter waren auf seiner Seite.
    Ohne den Schmerz in seinem Daumen zu beachten, machte Richard kehrt und lief den Strand entlang. Auf den Dünen links von ihm wehten Gras und Efeu, die Wellen brandeten endlos heran. Was für eine wunderschöne Nacht, dachte Richard. Schon konnte er Julies Gestalt erkennen, über ihren Hund gekauert. Aber der Hund war entweder schon tot oder würde bald sterben. Dann sind wir allein, dachte er. Keine Komplikationen mehr. Niemand, der uns trennen kann.
    Er lief schneller, erregt von dem Gedanken, sie zu sehen. Julie hatte gewiss Angst, wenn sie ihn erblickte. Wahrscheinlich würde sie reagieren wie damals Jessica, als er sie an jenem Abend vor dem Supermarkt in ihrem Wagen überraschte. Er hatte versucht, sich ihr zu erklären, aber sie hatte sich gewehrt und ihm die Fingernägel in die Haut gegraben, und er hatte ihr die Hände um den Hals legen müssen, bis das Weiße ihrer Augen zu sehen war, voller Kummer hatte er dies tun müssen… voller Kummer, dass sie ihn so weit gebracht hatte, ihn aus selbstsüchtigen Gründen gezwungen hatte, ihre gemeinsame Zukunft aufzugeben.
    Julie jedoch würde er so geduldig behandeln, wie sie es verdiente. Er würde behutsam mit ihr reden, und sobald sie erst mal die Art seiner Liebe zu ihr begriffen hatte, sobald sie einsah, dass er all dies nur für sie beide tat, würde sie sich fügen.
    Und später in der Nacht, wenn sie endlich weit genug weg waren, würden sie in einem Motel absteigen und sich lieben, und dann hatten sie ein Leben lang Zeit, alles Versäumte nachzuholen.
    »Er kommt wieder, Baby«, flüsterte Julie. »Er wird bald zurück sein, und dann fahren wir dich zum Arzt, okay?«
    Durch den Schleier ihrer Tränen sah sie Singer nur verschwommen. Mit jeder Minute ging es ihm schlechter. Er hatte die Augen geschlossen, und sein Atem ging mühsam, begleitet von einem hohen Pfeifen. Das Zittern hatte von den Läufen inzwischen auf seinen ganzen Leib übergegriffen.
    Julie fuhr ihm mit beiden Händen durchs Fell, fühlte seinen Schmerz, als sei es ihr eigener.
    »Du darfst mich nicht verlassen. Bitte…«
    Sie wollte gerade abermals nach Pete und Mike schreien, als ihr die Worte im Halse stecken blieben.
    Zuerst mochte sie ihren Augen nicht trauen, versuchte, das Bild wegzublinzeln. Aber es war keine Täuschung.
    Seine Haarfarbe war anders, er trug eine Brille und hatte den Schnauzer abrasiert, aber sie erkannte ihn auf Anhieb.
    »Hallo, Julie«, sagte Richard.
    Jennifer
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