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Druidenherz

Druidenherz

Titel: Druidenherz
Autoren: Isabel Ness
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kommen, etwas zu sagen. Sie wollte sich vor ihm nicht durch Liebesbeteuerungen lächerlich machen.
    »Ich wollte dich schon viel früher zurück an die Oberfläche bringen. Anfangs warst du zu krank; da konnte ich es nicht verantworten. Und dann, als es dir besser ging, gaben wir uns der Lust hin, haben die gemeinsame Zeit genossen.«
    Tolle Beschreibung. Aber immerhin besser als da wollte ich dich am liebsten nicht mehr aus meinem Bett lassen, jedenfalls nicht, bevor du mir langweilig wirst. Schließlich hattest du ja auch deinen Spaß dabei, also kein Grund, sich jetzt zu beschweren.
    Unwillkürlich erinnerte sie sich daran, wie es war, wenn er sie in seinen starken Armen hielt, nachdem er ihr wunderbare Höhenflüge verschafft hatte. Diese Mischung aus Zärtlichkeit und glühender Leidenschaft erregte sie sogar in der Erinnerung. Aber sie würde nicht nachgeben. Wenn Dian sie verführen wollte, würde sie stark bleiben, ganz egal, wie viel Kraft sie das kostete und wie sehr sie sich eigentlich mit jeder Faser ihres Körpers danach sehnte. Sie fühlte, wie sich ihre Brustwarzen von innen gegen den Stoff drückten, und hoffte, dass Dian es nicht bemerkte. Dies war nicht der richtige Zeitpunkt. Nein, anders: Es würde gar keinen Zeitpunkt mehr für sie und Dian geben. Ganz egal, wie sehr sie ihn begehrte – sie war stark und würde ihm zeigen, dass sie ihn nicht brauchte. Sich ins Gedächtnis zu rufen, was er gesagt und getan hatte, half ihr, das sexuelle Verlangen zu verdrängen.
    »Das war ein Fehler, und ich verstehe gut, dass du deshalb wütend auf mich bist.«
    »Wütend? O ja. Aber noch mehr bin ich verletzt.« Das hatte sie nicht zugeben wollen, aber sie musste sich einfach Luft machen. Und auch wenn es Dian vermutlich egal war, was sie empfand, sollte er ruhig wissen, was er bei ihr angerichtet hatte. »Als ich im Dorf ankam, musste ich dort feststellen, dass seit meinem Verschwinden zweiundzwanzig Jahre vergangen sind. Zweiundzwanzig! Und nicht nur, dass man mich längst für vermisst und schließlich für tot erklärt hat – meine Tante ist vor fünf Jahren gestorben. Sie war meine einzige Familie, war alles, was ich hatte. Das Haus, in dem ich geboren und aufgewachsen bin, hat längst neue Besitzer. Und ich habe gar nichts mehr. Keine Angehörigen, keine Freunde, kein Geld, kein Dach über dem Kopf – und offiziell existiere ich nicht einmal mehr als lebendige Imogen Carmichael. Da ist kein Platz für mich, ich gehöre dort nicht mehr hin, meine Zeit in jener Welt ist abgelaufen. Meine Tante starb in dem Bewusstsein, dass ich wahrscheinlich tot bin. Ich konnte mich nicht von ihr verabschieden, ihr nicht sagen, dass es mir gut geht. Mein ganzes Leben und alle meine Pläne sind dahin. Ich habe keine Zukunft, weil ich als Person gar nicht mehr existiere. Kannst du dir auch nur ansatzweise vorstellen, was das bedeutet?«
    Sie musste Luft holen und dachte, dass Dian nun sicherlich etwas zu seiner Verteidigung sagen, sie mit irgendwelchen schönen Worten abspeisen oder eine Ausrede erfinden würde, weshalb er keine Schuld daran trug. Doch stattdessen zog er sie an sich und drückte sie fest an seine muskulöse Brust. Ohne etwas zu sagen, hielt er sie in seinen Armen und streichelte ihr zärtlich über Schultern und Rücken.
    Nun ließen sich die mühsam zurückgehaltenen Tränen nicht länger bändigen. Imogen schluchzte, klammerte sich an Dian und wünschte gleichzeitig, die Kraft zu haben, aufzustehen und ihn zu verlassen, um woanders neu anzufangen. Doch die fehlte ihr – mit den Tränen kam eine große, lähmende Schwäche über sie. Alle Kraft schien aus ihrem Körper zu weichen. Sie vergrub das Gesicht in seiner Halsbeuge, wollte nichts mehr sehen, nichts mehr hören. Einen Moment nur wollte sie all die Schrecken vergessen.
    Dian hielt sie umfangen, flüsterte ihr zärtliche Worte zu und streichelte sanft ihre zitternden Schultern. Wie gut es tat, so von ihm gehalten zu werden!
    Es dauerte, bis sie sich so weit beruhigt hatte, dass sie den Kopf heben und ihn ansehen konnte. »Na ja, nun weißt du es also.« Ärgerlich wischte sie sich die Tränen ab. Sie hatte diese Schwäche vor ihm nicht zeigen wollen. Er war schließlich schuld an ihrem zerstörten Leben. Obwohl es sie Überwindung kostete, machte sie sich von ihm los.
    Dian versuchte nicht, sie festzuhalten. »Ich hatte so etwas schon befürchtet und darum bereut, dich so lange bei mir behalten zu haben. Daher wollte ich, dass du zurückgehst –
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