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Druidenherz

Druidenherz

Titel: Druidenherz
Autoren: Isabel Ness
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fürchteten sich vor den mächtigen Frauen und bezeichneten daher alles, was nicht ihrem eigenen Glauben entsprach, als Teufelswerk. Jeder, der dem alten Glauben folgte und zu den seit ewigen Zeiten bekannten Göttern betete, befand sich in Gefahr. Die Kirchenmänner wollten, dass sie an ihren Gott glaubten, erzählten Geschichten von einer jungfräulichen Empfängnis und sprachen von Sünde – ganz besonders bei den Frauen, denn sie allein seien schuld daran, dass die Sünde über die Menschheit gekommen war.
    Doch das hielt die Gemeinschaft, der auch Imogen angehörte, nicht davon ab, ihre Feste zu feiern und sich ihrer Lust hinzugeben. Sie sprangen über die Feuer und baten die Götter, weiterhin ihre schützenden Hände über sie zu halten und ihre Ernte zu segnen.
    Doch bei einem dieser Feste erschienen sie. Zuerst war es nur ein Kirchenmann. Heimtückisch tötete er einen halbwüchsigen Jungen. Der Mord wurde bemerkt, Aufruhr entstand unter den Feiernden.
    Sie umstellten den christlichen Priester, entrissen ihm das blutige Messer. Doch noch ehe über ihn gerichtet werden konnte, tauchten weitere auf, Kirchenmänner und andere, die für sie kämpften, denn die Priester waren zu feige dafür. Doch sie hatten es geschafft, Bauern und einige Königstreue auf ihre Seite zu ziehen, sie davon zu überzeugen, dass ihr Glaube der richtige war, der einzige, dem sie folgen sollten. Eingelullt durch Drohungen von der Hölle und Versprechungen vom Paradies, hatten sie es geschafft, jene Leichtgläubigen zu willenlosen Marionetten zu machen, bereit, für sie zu töten und im Kampf zu sterben. Und nun waren sie entschlossen, all jene zu ermorden, die ihnen nicht folgen wollten.
    Im Nu hatte sich der Festplatz in ein Schlachtfeld verwandelt. Blut spritzte und Schreie erklangen, wenn Messer und Schwerter tief in eine Brust oder einen Bauch eindrangen. Es gab kein Entkommen und keine Gnade. Selbst Kinder und Frauen wurden nicht verschont. Der Kampf tobte die ganze Nacht hindurch.
    Als Imogen aufwachte, hatte sie eine Weile gebraucht, um wirklich zu begreifen, dass sie sich in einem Hotelbett befand. Neben ihr stand keine Fackel, sondern eine normale Nachttischleuchte, es gab weit und breit keine Druiden oder keltischen Priesterinnen, die zu ihren Göttern beteten. Und auch keine Gefahr, die von christlichen Geistlichen ausging. Keine Toten lagen neben ihr. Es roch nach frischer Wäsche, nicht nach Blut. Und auch ihre Brust, in die in ihrem Traum ein Messer bis zu ihrem Herzen vorgedrungen war, war unversehrt.
    Sie hatte sich betrachtet, an ihren Händen geschnuppert, doch sie rochen nach Pfirsichseife, nicht nach dem Getreide, das sie im Traum in der Hand gehalten hatte. Das kommt davon, wenn man vor dem Einschlafen noch lernen will, hatte sie gedacht und eine Hand auf das Buch auf dem Nachttisch gelegt. Allerdings wusste sie gar nicht mehr, was sie gelesen hatte. Sie war wohl sehr müde gewesen, kein Wunder, war sie doch den ganzen Tag auf den Beinen gewesen.
    Die Erinnerung an den Traum ließ Imogen lächeln. Noch immer stand ihr jede Einzelheit klar vor Augen, obwohl sie ansonsten dazu neigte, Geträumtes schon vor dem Frühstück zu vergessen. Aber in jenem Traum hatte sie wohl tiefe Wünsche verarbeitet, kombiniert mit dem, was sie gelernt, in Filmen gesehen und in Büchern gelesen hatte. Schon seit frühester Teenagerzeit verschlang sie mit größter Begeisterung alles, was sie an Fachbüchern und auch Romanen über die Kelten, ihre Geschichte und Mythologie finden konnte. Das faszinierte sie, davon konnte sie nicht genug bekommen.
    Jetzt erklomm sie einen weiteren Hügel und betrachtete den Piktenstein darauf näher. In diesem Teil des westlichen Hochlands gab es viele solcher Relikte aus längst vergangenen Jahrhunderten. Imogen fuhr das Relief auf der Oberfläche mit dem Zeigefinger nach und spürte Ehrfurcht und Aufregung. Erst vor einer Woche hatte sie ihr Geschichtsstudium erfolgreich abgeschlossen. Obwohl sie während dieser Zeit etliche solcher Steine und andere Artefakte berührt hatte, war dieser Moment ganz besonders. Einbildung, natürlich. Aber ein bisschen träumen musste schließlich erlaubt sein. Wenn sie zurück in England war, hätten sich hoffentlich schon einige potenzielle Arbeitgeber gemeldet.
    Vor ihrer Abreise hatte Imogen dreiundzwanzig Bewerbungen verschickt und längst weitere Adressen gesammelt, falls unter diesen dreiundzwanzig niemand dabei war, der eine Historikerin einstellen wollte. Sie
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