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Druidenherz

Druidenherz

Titel: Druidenherz
Autoren: Isabel Ness
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ihren Arm los, zielte aber mit dem nächsten Schnappen auf ihre Kehle. Verzweifelt riss Imogen den Arm vor ihren Hals. Wieder bohrten sich messerscharfe Zähne tief in ihr Fleisch.
    Stimmen erklangen.
    »Hilfe! Hierher!«, brüllte Imogen.
    Blut strömte aus ihrem Arm. In ihr linkes Bein verbiss sich immer noch der andere Hund.
    Ein Mann rief etwas. Sofort ließen beide Hunde von ihr ab.
    Imogen verdrängte den Schmerz und setzte sich auf. Gut, weiter so, befahl sie sich, biss erneut die Zähne zusammen und stand auf. Warmes Blut lief ihren Arm entlang und tropfte auf ihre Hose. Um ihren rechten Unterschenkel bildete sich eine dunkle Pfütze.
    Die Hunde knurrten böse. Einer von ihnen sprang auf sie zu und warf sie erneut zu Boden. Geifer tropfte von seinen Lefzen auf ihre Brust. Seine Zähne befanden sich nur wenige Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt, und er sah aus, als würde er jeden Moment zubeißen. Der andere stand nur eine Schrittlänge entfernt, die Zähne gefletscht.
    »Bitte«, keuchte Imogen, »rufen Sie Ihre Hunde zurück.«
    Zwei Männer traten in ihr Blickfeld. Der eine war kaum größer als ein zwölfjähriges Mädchen und so hellhäutig, dass er beinahe durchscheinend wirkte. Der andere hielt ein Messer in der Hand und trug dunkle Kleidung. Leder vermutlich. Ein Motorradfahrer? Oder jemand, der auf solche Outfits stand und scharfe Hunde mochte? Auch das Messer passte perfekt in dieses Klischeebild. Wahrscheinlich verbargen sich unter der Kleidung zahlreiche Tattoos mit entsprechenden Motiven. Aber zumindest pfiff er nun, und sofort ließ der Hund von ihr ab.
    Erneut setzte sich Imogen auf. Die gesunde Hand hielt sie auf den Boden gestützt, den verletzten Arm eng am Körper.
    »Lebt sie noch?«, fragte der Durchscheinende. Er sprach Gälisch. Das war nicht ungewöhnlich in dieser Gegend. Viele Schotten beherrschten diese alte Sprache, besonders im westlichen Hochland und auf den Hebriden wurde sie noch viel gesprochen. Imogen hatte sie im Zuge ihres Studiums gelernt und sich darauf gefreut, das Gelernte im Urlaub anwenden zu können. So allerdings hatte sie sich das nicht vorgestellt.
    »Helfen Sie mir«, bat sie in der gleichen Sprache. »Ihre Hunde haben mich verletzt.«
    Keiner der beiden Männer rührte sich. Die beiden Hunde hatten sich neben dem größeren postiert, an der Schnauze des einen klebte Blut. Ihr Blut. Imogen schauderte.
    »Die sieht so seltsam aus«, sagte der Größere und hielt sein Messer auf Imogen gerichtet, jedoch ohne sich ihr zu nähern. Fürchtete er, sie würde ihn angreifen? Gut! Sollte er sich fürchten, dann würde er ihr hoffentlich nichts tun. Es reichte, dass sie von seinen Hunden gebissen worden war und er sich nicht einmal entschuldigte oder fragte, ob er ihr helfen könne.
    »Ja. Sehr seltsam«, pflichtete der andere ihm bei.
    Für einen Moment schien es, als verschwimme sein Gesicht. Es wurde zu einem Flackern wie bei der verfremdeten Wiedergabe eines Bilds. Beim nächsten Blinzeln aber war wieder alles normal, die Augen hell, die Nase schmal, der Mund klein. Sicher hatte sie es sich nur eingebildet.
    »Bitte«, versuchte Imogen es noch einmal, »sehen Sie denn nicht, dass ich verletzt bin?«
    Keiner der beiden reagierte.
    Vor Zorn hätte Imogen am liebsten gebrüllt. Immer noch saß sie am Boden, die Bisswunden schmerzten höllisch, und der Blutverlust machte ihr ebenso Sorgen wie die Vorstellung, dass die Tiere Tollwut oder eine andere Krankheit haben könnten. Ihr Blick fiel auf ihre Handtasche. Sie lag ein Stück neben dem Blassen, mehrere Meter von Imogen entfernt. Zu weit, um nach ihr zu greifen.
    Diese Männer würden ihr nicht helfen. Vermutlich scheuten sie die Öffentlichkeit. Besonders der größere sah aus, als würde er ohne mit der Wimper zu zucken jedem die Kehle durchschneiden.
    Das bedeutete wohl, dass sie allein einen Weg an die Oberfläche finden musste. Und das möglichst, bevor der Blutverlust sie zu sehr schwächen konnte. Soweit sie das beurteilen konnte, hatten die Hunde kein großes Blutgefäß verletzt, aber die Bisse gingen dennoch tief. Sie sollte sich so schnell wie möglich in eine Notaufnahme begeben. Und danach zur Polizei, um zu melden, was sich hier abspielte. Nicht, dass nach ihr noch jemand in dieses unterirdische Loch geriet.
    Aber erst einmal musste sie von diesen beiden Typen und ihren Hunden weg. Imogen atmete tief durch, biss die Zähne zusammen, stand auf und rannte los. Schmerz schoss von ihrem Bein bis in den
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