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Druidenherz

Druidenherz

Titel: Druidenherz
Autoren: Isabel Ness
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weil ich weiß, dass die Zeit in der Welt der Menschen anders vergeht. Ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass es gleich über zwanzig Jahre sein würden.« Seine Stimme klang ganz ruhig und gar nicht so, als wollte er sich rechtfertigen.
    »In gewisser Weise wäre es schlimm gewesen, wenn es nur fünf oder zehn gewesen wären. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, wie meine Tante gelitten hat. Sicher hat sie alle Hebel in Bewegung gesetzt, um mich suchen zu lassen.« Dennoch: Nach zehn Jahren hätte sie immerhin zu Tante Mable heimkehren können. So aber hatte sie die Chance, ihre Tante vor deren Tod noch einmal zu sehen, nie bekommen.
    »Es tut mir unendlich leid, und ich wünschte, ich könnte es ungeschehen machen. Ich weiß, dass es dafür keine Entschuldigung gibt. Nur eine Erklärung. Ich liebe dich, Imogen. Das allein war der Grund, warum ich zögerte, dich fortzuschicken, warum es mir so schwerfiel. Am liebsten hätte ich dich bei mir behalten.« Zärtlich streichelte er über ihre Wangen und sah ihr in die Augen.
    »Du … liebst mich?« Sie konnte es kaum glauben. Er liebte sie! Wie konnte das sein? Doch sein Blick war vollkommen offen und ehrlich. Als er sie ansah und zärtlich ihre Hand drückte, waren keine weiteren Erklärungen nötig. Sie spürte deutlich, was er empfand. »Warum hast du mir das vorher nie gesagt?«
    »Weil du doch in eine ganz andere Welt gehörst. Du benutzt Begriffe, die ich nie vorher gehört habe. Als du ankamst, trugst du Kleidung, die ich noch nie gesehen hatte. Außerdem hast du ein Leben in der Welt der Menschen. Auch wenn du mir bislang wenig davon erzählt hast, war mir völlig klar, dass du nicht hierher gehörst. Ich durfte dich nicht bei mir behalten, ganz egal, wie sehr ich mich danach sehnte.«
    »Gehabt. Ich habe ein Leben in der Welt der Menschen gehabt«, korrigierte sie. »Aber ich kann und will nicht mehr dorthin zurück. Alles hat sich verändert, und es gibt keinen einzigen Menschen, der mich noch kennt oder dem ich etwas bedeute.«
    »Du könntest neu anfangen. Irgendwo hingehen, wo es dir gefällt, wo du arbeiten möchtest und dich wohlfühlst.«
    Sie nahm all ihren Mut zusammen und sah ihm fest in die Augen. »Ich will bei dir sein. Dian, ich liebe dich. Schon lange.« Sie lachte. »Ich bin ganz durcheinander, aber vermutlich sind es inzwischen schon Jahrzehnte, auch wenn ich nicht weiß, wie das möglich ist. Aber ich weiß ganz genau, welche Gefühle ich für dich habe.«
    Zärtlich küsste Dian sie, strich mit den Lippen über ihr Gesicht. »Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dich an meiner Seite zu haben. Aber bitte vergiss nicht, dass die Magie uns verbunden hat. Sie kann auch deine Gefühle für mich beeinflussen.«
    Imogen schüttelte den Kopf. »An meinen Gefühlen hatte sich nichts geändert, als ich an die Oberfläche kam und weit von dir entfernt war. Natürlich war ich wütend auf dich. Aber noch viel mehr habe ich dich vermisst. Weil ich dich so sehr liebe. Und als ich dann dachte, dass du mich nicht willst …«
    »O meine Imogen.« Er küsste sie lang und zärtlich.
    Als sie sich voneinander lösten, suchte sie erneut seinen Blick. »Wie alt bist du? Nicht, dass es für mich eine Rolle spielt, aber ich wüsste es dennoch gern.«
    »In Annwn zählen wir die Jahre nicht. Zeit ist hier bedeutungslos. Deshalb vergeht sie hier auch anders als an der Oberfläche.«
    »Dann weißt du es also gar nicht?« Hier wurden niemals Geburtstagspartys gefeiert. Es gab keinen Schokoladenkuchen und keinen Milchkaffee. Aber Imogen kam zu dem Schluss, dass sie auch ohne gut würde leben können. Sie wollte bei Dian sein. Für ihn lohnte es sich sogar, der Schokolade zu entsagen.
    »Ich weiß keine Jahre. Aber ich kann dir versichern, dass weder du noch ich altern werden, solange wir in Annwn bleiben. Möglich, dass es anders ist, wenn wir an die Oberfläche gehen. Aber bislang war ich nie lange genug dort, um es herauszufinden.«
    »Dann altert hier niemand?«
    »Das ist ziemlich unterschiedlich. Die Feen leben für sich, sie bekommen Kinder, und die werden erwachsen und älter, meist sterben sie irgendwann.«
    »Meist?«, hakte Imogen nach und dachte an den Tag im Feenreich. Sie hatten viele junge Feen gesehen, aber auch einige ältere, von denen sie nicht hätte sagen können, wie viele Jahre sie zählten.
    »Manche beherrschen eine ganz besondere Magie. Es ist bei ihnen noch komplizierter.«
    »Ja, das scheint mir auch so.« Imogen schwieg einen Moment.
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