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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden
Autoren: Deon Meyer
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zurückzurufen, sobald er weniger um die Ohren hatte.
    Er stieg ins Auto, stöpselte das Freisprechset in den Zigarettenanzünder ein und fuhr los in Richtung Buitengracht und N1.
    »Hi, Papa.«
    »Wie geht’s dir, Fritz?«
    »Alles cool, Papa, alles cool.«
    »Sechstausend Rand für jeden in der Band, hast du gesagt?«
    |456| »Ja, Papa. Super, oder? Und dazu noch Kost und Logis frei.«
    »Klingt ja phantastisch«, sagte Griessel.
    »Ich weiß. Weißt du, Papa, ein Profi-Musiker braucht kein Abitur. Für was denn? Wozu soll ich über das Sexleben der Schnecken
     Bescheid wissen? Du und Mama, ihr müsst jetzt nur noch die Einverständniserklärung unterzeichnen, weil ich doch erst im Dezember
     achtzehn werde.«
    »Dann bring mir das Schreiben mal mit, Fritz.«
    »Was, echt, Papa?«
    »Na klar. Mehr als sechstausend Rand braucht doch kein Mensch, oder? Denn deine Wohnung wird dich nicht mehr als, sagen wir,
     zweitausend Rand kosten …«
    »Also eigentlich wollte ich erst noch ein bisschen zu Hause wohnen bleiben.«
    »Ja, aber sicher möchtest du deiner Mutter von deinem Verdienst etwas abgeben? Für die Wäsche, das Putzen und das Essen?«
    »Meinst du?«
    »Na ja, es wäre auf jeden Fall ein anständiger Zug, oder was meinst du?«
    »Stimmt, Papa, du hast sicher recht.«
    »Und dann wirst du ein Auto brauchen, das du so mit, sagen wir mal, zweitausend im Monat abzahlst. Plus Versicherung, Benzin
     und Wartung macht das so drei, dreieinhalb im Monat.«
    »Nie im Leben, Papa. Rohan hat einen Ford Bantam für zweiunddreißigtausend gekauft, ich brauche doch nicht gleich eine dicke
     Karre.«
    »Wo hat er denn die zweiunddreißigtausend hergehabt?«
    »Von seinem Vater.«
    »Und wo hat der die zweiunddreißigtausend hergehabt?«
    »Ich … äh …«
    »Na schön, dann sparst du also zweitausend im Monat, dann kannst du dir nach fünfzehn Monaten ein Auto leisten, also nach
     anderthalb Jahren, dann hast du einen Ford Bantam, aber jetzt sind wir schon bei Ausgaben von viertausend, und du hast noch
     keine Klamotten gekauft, du hast deine Handyrechnung noch nicht bezahlt, du hast noch keine Saiten für deine Gitarre, |457| du hast noch keine Rasierklingen, kein After Shave und kein Deo gekauft, du hast noch keine flotte Biene zum Essen eingeladen
     …«
    »›Flotte Biene‹ sagt kein Mensch mehr, Papa.« Aber seiner Stimme war anzuhören, dass ihm allmählich mulmig wurde. Sein Enthusiasmus
     hatte einen merklichen Dämpfer erlitten.
    »Was sagt ihr denn heute?«
    »Mädchen, Papa.«
    »Und wenn die Tour vorbei ist, Fritz – woher nimmst du denn dann die sechstausend für den nächsten Monat?«
    »Bis dahin finden wir schon wieder was.«
    »Und wenn nicht?«
    »Warum musst du immer so negativ sein, Papa? Ihr wollt nur nicht, dass ich glücklich werde!«
    »Wie glücklich wirst du denn werden, wenn du kein Einkommen hast?«
    »Wir wollen eine CD einspielen, Papa. Mit dem Geld von der Tour wollen wir ins Studio gehen und dann …«
    »Wenn ihr das Geld von der Tour dafür benutzt, wovon wollt ihr dann leben?«
    Stille. »Du gönnst mir auch gar nichts. Darf man denn nicht mal träumen?«
    »Doch, mein Sohn, ich gönne dir alles. Deswegen stelle ich dir diese ganzen Fragen.«
    Keine Reaktion.
    »Versprichst du mir, noch einmal darüber nachzudenken, Fritz?«
    »Warum muss ich irgendetwas über das Sexleben der Schnecke lernen?«
    »Lass dir mal ein anderes Argument einfallen. Und, wirst du noch einmal darüber nachdenken?«
    Nach einem gewissen Zögern antwortete Fritz unwillig: »Jaaa, Papa.«
    »Gut, und dann unterhalten wir uns noch mal.«
    »Okay, Papa.«
    »Tschüs, Fritz.«
    »Tschüs, Papa.«
    |458| Griessel lächelte gedankenverloren, während er über die N1 fuhr. Sein Sohn war genau wie er früher. Voller Pläne.
    Dann kehrte er wieder zurück in die Gegenwart. Zu Anna. Sein Lächeln verschwand. Ihm war bang ums Herz.
     
    Sie saß draußen auf der Terrasse mit Blick auf das Wasser. Ein gutes Zeichen, dachte er.
    Einen Augenblick verharrte er in der Tür des Restaurants und betrachtete sie. Seine Anna. Zweiundvierzig, aber sie sah gut
     aus, als habe sie die Last ihres alkoholkranken Ehemannes im Laufe der letzten Monate abgeschüttelt, so dass sie wieder jugendlich
     wirkte. Sie trug eine weiße Bluse zur Jeans und den Pullover um die Schultern gelegt.
    Jetzt entdeckte sie ihn. Während er auf sie zuging, beobachtete er ihren Gesichtsausdruck. Sie lächelte, aber nicht sehr warmherzig.
    »Hallo,
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