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Dreimond - Das verlorene Rudel

Dreimond - Das verlorene Rudel

Titel: Dreimond - Das verlorene Rudel
Autoren: Viola L. Gabriel
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machte sie kehrt und eilte aus dem Gewölbe.
     
    *
     
    »Das Mädchen hat recht. Du siehst wirklich nicht gut aus.«
    Langsam trat der Schwarze auf ihn zu.
    »Was soll das, Serafin?«, fuhr Lex ihn an. »Wieso hast du uns hierher geführt? Sich im stillen Kämmerlein verkriechen! Wie ein Hund den Schutz des Menschen suchen ! Das passt nicht zu dir!« Wütend wollte er sich ganz aufrichten. O, er konnte es nicht leiden, wie Serafin dastand. Wie er die Decke, einem fürstlichen Umhang gleich, um seinen edlen Körper gelegt hatte, wie er mit viel zu stolzer Miene auf ihn niedersah. Doch ein Schmerzensstoß durchfuhr Lex’ Arm, und er schaffte es nicht, aufzustehen.
    »Wie redest du überhaupt mit Serafin?«, schaltete sich Carras mit empörter Stimme ein.
    Genervt drehte sich Lex zu dem Jüngeren um.
    »Was glaubst du denn, weswegen wir hier festsitzen? Für wen Serafin darauf verzichtet hat, in den Wald zu fliehen?«
    »Was soll das heißen?«, knurrte Lex, was in seiner menschlichen Form wesentlich weniger Furcht einflößend wirkte, als ihm lieb war.
    »Na deinetwegen, das ist doch klar. Weil du’s mit deiner Verletzung nicht mehr weit geschafft hättest.«
    »Wie war das?«, fauchte Lex. Vor wenigen Monden noch hätte Carras es nicht gewagt, so zu ihm zu sprechen. »Willst du kleiner Wicht damit sagen, ich wäre nicht in der Lage, schneller zu laufen als ein Haufen fauler Menschen?«
    Carras seufzte.
    »Ach, Lex, spiel nicht den Starken. Glaubst du, wir hätten gestern nicht bemerkt, wie du immer weiter zurückgeblieben bist? Die Menschen hätten dich eingeholt, und wenn du erst im Wald zusammengebrochen wärst.«
    »Und wenn schon«, keuchte Lex. »Besser tot, als unter einem Dach mit Menschen.«
    »Das sagt sich leicht.« Carras grinste. »Aber gestern bist du mit ins Haus gekommen.«
    »Sag das noch mal!« Diesmal riss es Lex auf die Beine, doch noch bevor er auf Carras zuwanken konnte , spürte er Serafins Hände auf den Schultern.
    Mit stillem Ernst sah der Leitwolf ihn an. »Genug jetzt.«
    Lex blickte zu Boden. »Ich bleibe bei keinem Menschen. Du kannst mich nicht zwingen.«
    Serafin wandte den Blick nicht ab. »Mein Bruder, ich schätze dein Ehrgefühl. Aber wer aus bloßem Stolz sein Leben riskiert, der ist töricht. Du bist verletzt. Du musst dich ausruhen. Und darum werden wir hierbleiben. Vorläufig.«
    Lex biss sich auf die Lippen, machte sich von Serafins Händen los und ließ sich seufzend auf den Boden sinken. Für einen Moment herrschte Stille. Serafin kehrte ihm den Rücken zu und streichelte Carras, dessen Wangen von dem Wortgefecht noch rot glühten, im Vorbeigehen über das lockige Haar, ehe er sich an die Wand lehnte.
    Carras stellte sich mit stolzer Miene neben seinen Leitwolf.
    »Aber«, brach Lex zerknirscht das Schweigen, »kann man der Kleinen denn trauen?«
    »Vermutlich«, antwortete der Leitwolf knapp.
    »Du weißt, dass Serafin ein Gespür für solche Dinge hat«, ergänzte Carras eifrig. Er lächelte. »Und ich finde sie sehr lustig.«
    Lex stöhnte. »Lustig? Lustig ist gut! Wir müssen wahre Glückspilze sein, dass wir unter den tausend stinkenden Menschen dieser Erde ausgerechnet eine verdrehte, unverschämte Zwergin als Gastgeberin haben.«
    »So!«
    Ein riesiger bunter Kleiderballen begrub Lex unter sich.
    »Bitte, die Herren, bedient euch.« Fiona lächelte eisig.
     
    *
     
    Die Sonne war schon längst aufgegangen, als Nanna endlich das Dorf erreichte, das noch im Schatten der Bäume lag. Schon lange war sie nicht mehr so ausgelaugt gewesen.
    Der Weg zu der Waldlichtung hatte entschieden länger gedauert, als sie es in Erinnerung gehabt hatte. Sie hatte sogar eine Rast einlegen müssen, sie, die diesen Weg früher in nur wenigen Stunden zurückgelegt hatte. Nun, sie musste sich wohl eingestehen, dass sie älter wurde … Aber wenigstens war die Nacht entgegen ihren Sorgen ruhig verlaufen. Und sie hatte so viel Gnadenwurz gefunden wie schon lange nicht mehr.
    Langsam schlurfte sie über den breiten Hauptweg des Dorfes auf ihre Hütte zu und sah, wie ganze Trauben von Menschen beieinanderstanden und tuschelten. Die meisten drängten sich um Erwins Gänsestall. Nanna fehlte die Lust, um genauer hinzusehen. Dafür drehten sich einige der Dorfbewohner misstrauisch zu ihr um, doch sogleich wandten sie sich wieder ab und redeten weiter. Irgendetwas schien das ganze Dorf zu beschäftigen und Nanna meinte, sogar den einen oder anderen Ausruf des Schreckens zu hören.
    Was war wohl
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