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Dreimond - Das verlorene Rudel

Dreimond - Das verlorene Rudel

Titel: Dreimond - Das verlorene Rudel
Autoren: Viola L. Gabriel
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zu warten schien. Viel zu weit schon die Wölfe, die sie zurückgelassen hatten.
    »Ich kann nicht«, sagte sie ein zweites Mal. Lauter diesmal, entschieden. Ein einziges Mal noch blickte sie zurück zu den erleuchteten Fenstern.
    Dann rannte sie los.
     
    *
     
    Verstohlen spähte Emerald durch die angelehnte Küchentür. Es war dem Sohn des Schweinehirten nicht im Geringsten schwergefallen, ins Forsthaus einzudringen. Die Alte vergaß nur zu oft, die Haustür abzuschließen. Emeralds Scheu vor dem verfluchten Forsthaus war eben doch nicht ganz so groß gewesen, wie die Neugier auf den langen dunklen Mann, der hier zu so verdächtig später Stunde Einlass gefunden hatte. Zu dumm – er konnte das Gesicht des Burschen nicht sehen. Nur dessen Rücken und eben noch die Beine, an die sich Desiree, das Hausschwein, selig schlummernd schmiegte.
    Dabei ging es da drinnen inzwischen alles andere als ruhig zu.
    »Du hättest sie nicht gehen lassen sollen!«, schallte die Stimme des Fremden. »Sie ist ein Kind! Jahre hat es mich gekostet, das Rudel im Norden auszurotten! Und nun erzählen mir die Leute, dass ausgerechnet hier in Liebstein solche Bestien wüten … Und noch dazu Diebe in meinem Haus!«
    Desiree quiekte.
    Emerald zuckte zusammen, als der Mann den Kopf herumschleuderte und mit kalter Wut direkt durch den Türspalt zu ihm starrte.
    Ruckartig zog er die Tür zu. Nur Sekunden später riss der Fremde sie wieder auf, packte ihn, presste ihn gegen die Wand – und schwieg. Schwieg, nachdem er eben noch geschrien hatte. Und wie er Emerald anstarrte!
    Jetzt zog er ein silbernes Messer hervor, drückte die kalte flache Seite an Emeralds Wange – und wartete, so als würde er irgendeine Reaktion erwarten. Schließlich lockerte sich sein Griff.
    »Einer von ihnen bist du jedenfalls nicht …«
    Emerald wagte nicht, den Mund zu öffnen, nicht einmal, um dem Irren recht zu geben.
    »Natürlich nicht«, erklang da – endlich! – Nannas Stimme. »Das ist bloß ein Junge aus dem Dorf. Er treibt sich oft im Haus und im Garten herum.«
    Emerald fiel aus allen Wolken. Sie wusste davon?
    Kaum hatte der Fremde ihn losgelassen, entschied er, dass Angriff die beste Verteidigung war.
    »Ja, ich habe mich hier umgesehen! Und das ist auch mein gutes Recht. Seit die da – er deutete auf Nanna – hier oben eingezogen ist, gibt’s im Dorf noch mehr Gerüchte als zu Fionas Zeiten. Eine Hexe und ein Schwein allein am Waldesrand – das ist irgendwie noch verdächtiger, als ein Mädchen in hässlichen Kleidern.«
    Er verstummte, als der Fremde ihn plötzlich überaus streng anstarrte. Kurzerhand eilte er zu der Alten und schob sich neben sie auf die Küchenbank. »Nanna …«, raunte er ihr dabei zu. »Du solltest deine Türe doch besser verschließen! Der da ist nun wirklich mehr als verdächtig!«
    »Das«, seufzte die Alte, als der Fremde sein Messer mit schneller Hand zurück in die Scheide steckte, »ist Isaak, Fionas Vater.«
     
    *
     
    »Ich kann nicht, ich kann nicht, ich will nicht!«
    Immer schneller trugen sie ihre Beine, sie rannte durch den Schnee, den Hügel hoch, hinauf zu den Wölfen. Die kurz davor waren, für immer im weißen Wald zu verschwinden.
    Lex, dahinter Carras und Serafin.
    »Wartet!«
    Sie sah, wie sich der Junge nach ihr umdrehen wollte. Wie Serafin ihn weiterzog.
    »Wartet doch!«
    Sie stolperte, blieb stehen, stützte keuchend die Hände auf die Beine.
    »Bitte!«
    Unwillkürlich hielt der Schwarze an, sah zu ihr hinunter. Da blieben auch die beiden anderen stehen.
    Nur Lex drehte sich nicht nach ihr um. Warum war er so wütend? Obwohl sie doch mehr zu ihm, als zu den anderen sprach!
    »Hört zu, ich weiß jetzt, dass …!«
    Lex kam noch immer nicht auf die Idee, sie anzuschauen.
    Irritiert rang sie nach Worten.
    »Lass es gut sein, Fiona!«, sagte Serafin mit erhobener Stimme und deutete den Hang hinunter. »Dreh dich um und geh’ zum Forsthaus.«
    Sie blickte ihn an, sah nicht zurück.
    Sonst war es schwer, sich seinem Wort zu widersetzen. Jetzt war es einfach. Sie brauchte bloß den Kopf zu schütteln.
    »Nein.«
    »Was soll das heißen?«
    »Ich …«, Fiona rang nach Luft. »Ich will nicht gehen, weil …«
    »Ha!« Urplötzlich rannte, raste, schlidderte Lex den steilen Hang zu Fiona herunter.
    »Hab ich’s doch gleich gewusst!«, brüllte er triumphierend.
    Schon war er bei ihr und packte sie um die Taille. Ihr Mantel flog auf und der Nachtwind jagte ihr einen Schauder über die
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