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Drei Wünsche

Drei Wünsche

Titel: Drei Wünsche
Autoren: Petra Oelker , Andrea Offermann
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nicht dazu durchringen, es Hugo zu nennen –, dass auch das Hündchen nach Hause gefunden hatte, just an diesem Tag, an dem niemand ohne Zuhause sein sollte.
    «Mamsell Theda?» Vor ihr stand Gesine Lindner, ihre freundliche Nachbarin auf Zeit. «Habt Ihr etwa Hugo gerettet und Obdach gegeben? Ich bin Euch schrecklich dankbar. Mit uns Tür an Tür – wenn ich das gewusst hätte. Meine Freundin hat ihn auf dem Fischmarkt verloren und jammert seit Tagen, als sei nicht ein nutzloses Schoßhündchen, sondern ein Menschenkind abhandengekommen. Wir haben überall gesucht, mir tun immer noch die Füße weh, dabei war er ganz in der Nähe und in Sicherheit. Ich war überzeugt», sie senkte die Stimme und warf ihrer Freundin einen raschen Blick zu, aber die war völlig mit Hugo und der gegenseitigen Wiedersehensfreude beschäftigt, «ich war überzeugt, Hugo ist längst in der Wurst gelandet. Na gut, dafür ist er wohl zu dünn, das lohnt ja kaum das Fellabziehen. Aber ich bin auch aus anderem Grund froh, Euch zu treffen, Theda, ich habe schon zwei Mal an Eure Tür geklopft.»
    Sie wolle Theda einladen, den Heiligen Abend und auch den morgigen Tag gemeinsam zu verbringen, es sei doch ungemütlich, allein in der Reimann’schen Küche zu sitzen, geradezu deprimierend. Nein, es mache gar keine Umstände, papperlapapp, sie habe sowieso viel zu viel gekocht und gebacken, das sei nämlich eine ihrer großen Leidenschaften. Im Übrigen habe sie immer gern viele Menschen um ihren Tisch, dann werde es erst lustig, ganz besonders Weihnachten, wo doch jeder zur Rührseligkeit neige, Gott allein wisse, warum. Es seien noch andere Gäste da, auch ein Freund ihres Mannes und erst wenige Tage in der Stadt, der kenne auch noch niemanden. Er sei ein Professor aus Göttingen, trotzdem ein angenehmer Gesellschafter. Am besten komme sie gleich mit, man habe ja den gleichen Weg.
    «Na, wenn man vom Teufel spricht! Da ist er ja, unser Professor. Frederik, ich habe Euch gerade benutzt, um unsere Nachbarin zu überreden, das Christfest mit uns zu verbringen. Was ist los? Habe ich etwas Komisches gesagt?»
    Frederik Gensler, Professor aus Göttingen und Freund der Lindners, hatte gerade durch das Seitenportal den Schappendom betreten und kam in der Tat mit lachendem Gesicht heran.
    «Nichts Komisches, Gesine», sagte er heiter. «Oder doch, vielleicht ist es doch komisch. Ich hatte heute schon das Vergnügen, eure Nachbarin kennenzulernen. Ich bin sicher, langweilig wird das Fest in solcher Gesellschaft bestimmt nicht.»
    Nicht daran gewöhnt, dass um ihre Person so viel Aufhebens gemacht wurde, war Theda von der Welle der Ereignisse und Freundlichkeiten nun doch ein bisschen schwindelig. Ob all das geschehen wäre, wenn sie weder das Hündchen noch Elsi getroffen hätte? Sicher nicht. Genau genommen war es auch umgekehrt gewesen, Elsi und das Hündchen hatten sie getroffen. Und festgehalten.
    Alle, die um den Trödlertisch gesessen hatten, hatten sich auf den Heimweg gemacht. Anton Schaffer, der beim Anblick seines einzigen Kindes, vertraulich nah neben einem ernsthaften jungen Mann, auch einem Anfall von Rührseligkeit erlegen war, hatte Anders für den Weihnachtsabend eingeladen. Der hatte nur in den Vierlanden lebende Verwandte, also für die späte Stunde viel zu weit entfernt, und hatte nach anfänglichem Zögern und unsicheren Blicken mit Würde und kaum verhohlener Freude angenommen. So ging an diesem Heiligen Abend niemand allein nach Hause.
    Es dämmerte, und die Fenster der Stadt, in den Wohnungen wie in den Läden und Gasthäusern, waren heller erleuchtet als gewöhnlich. Wer immer es sich erlauben konnte, saß an diesem Abend nicht nur bei einer Kerze oder Ölfunzel, einem Kienspan, einem bescheidenen Küchenfeuer oder gar im Dunkeln, wie etliche in den elenden Quartieren, sondern hatte mehrere Kerzen angezündet, in wohlhabenden Häusern wie in Madam Augustas Zuhause sogar viele und zumindest in Salon und Speisezimmer aus bestem Honigwachs. Madam Augusta fühlte sich leicht und glücklich, sie hatte eine gute Entscheidung getroffen und sich damit einen Wunsch erfüllt, von dem sie nicht gewusst hatte, wie groß er gewesen war. An Thedas Entscheidung zweifelte sie nicht.
    Womit sie völlig recht hatte. So waren an diesem Abend drei Wünsche in Erfüllung gegangen, die das Leben von drei Frauen heller machten. Vielleicht sogar glücklich, das musste die Zukunft zeigen.
    Als Theda und Gesine Lindner, jede an einem galant gereichten Arm
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