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Drei Wünsche

Drei Wünsche

Titel: Drei Wünsche
Autoren: Petra Oelker , Andrea Offermann
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den verschrumpelten letzten Würsten stand auf dem Tisch, ein Laib dunkles Roggenbrot, eine Kanne Bier und Elsis Aniskringel. Die Buchbinderin hatte noch eine Kostbarkeit aus ihrem Keller beigesteuert, acht dunkelrote, noch ganz saftige Äpfel, Schaffer ein Töpfchen nach gebräunten Zwiebeln duftendes Griebenschmalz. Theda fühlte sich wieder wie im Theater, alle erzählten Schnurren von den Begegnungen der letzten Tage und Abende, am liebsten von seltsamer Kundschaft aus besseren Kreisen. Niemand, so fiel ihr auf, klagte.
    Das Räuspern hinter ihren Rücken wurde nicht gehört, erst beim dritten Mal war es unüberhörbar, das Geplauder brach ab, und alle sahen sich um.
    Anders Gödeke stand im Gang, ein schlichtes Körbchen in der Hand, aus dem einige seiner akkurat beschrifteten Tüten ragten. Er sah Elsi an, alle schwiegen. Die Buchbinderin spürte, als sie gerade den Mund aufmachte, einen warnenden Tritt am Schienbein; ohne zu wissen, wessen Fuß das gewesen war, machte sie den Mund wieder zu.
    «Elsi», sagte Anders, «du hast mich gestern was gefragt, und dann hast du vergessen, ja, ich glaube, du hast vergessen, die Blumensamen mitzunehmen. Ich möchte sie dir schenken. Für die Töpfe in eurem Hof.» Seine Stimme zitterte nur ein ganz klein wenig, aber alle am Tisch verstanden, dass es ihn Mut gekostet hatte. Anders räusperte sich und fuhr fort: «Wenn du magst, kann ich dir erklären, was du tun musst, damit alles gut gedeiht. Es ist nicht schwer.»
    «Himmeldonnerwetter!», polterte da Anton Schaffer los, dann breitete sich ein Grinsen auf seinem runden Gesicht aus. «So ’n Angebot kannst du nicht ablehnen, Töchting, auf keinen Fall. Nun setz dich schon, Anders. Oder willst du im Stehen weiterreden? Rück mal ’n Stück, Servatius, der junge Herr soll nicht über den Tisch schreien, wenn er was mit meiner Tochter zu bereden hat. Gibt’s noch Punsch? Oder trinken Einarmige kein’ Punsch?»
    Eine Sekunde herrschte betretenes Schweigen – dann nickte Anders ernsthaft. «Doch», sagte er, «wir Einarmigen trinken gerne Punsch. Besonders zu Weihnachten mit Trödlern.»
    Und obwohl bis zu den Haarwurzeln errötet, hob er das Kinn und grinste breit. Es sah aus wie ein Siegerlächeln. Da lachten alle, die meisten vergnügt, manche erleichtert, eine hämisch, wie die Menschen eben sind. Die Stimmung jedenfalls war wieder fabelhaft.
    Und schließlich tauchte noch Madam Augusta auf. Diesmal war sie in Begleitung des Stallmeisters, weil niemand sonst im Haus an diesem Tag Zeit gehabt hatte und sie sich, eingedenk ihres Alters, des kalten Wetters und der Geschäftigkeit des Tages, erlaubt hatte, anspannen zu lassen. Nur den kleinen, halboffenen Wagen, sie würde schon nicht erfrieren. Brooks war ein freundlicher Mann, was man ihm auf den ersten Blick nicht ansah, neben der rundlichen alten Dame im teuren Mantelumhang wirkte er wie ihr Zerberus. Genauso sah er seine Rolle im Durcheinander des in Auflösung begriffenen Dommarktes.
    Madam Augusta nickte Servatius freundlich zu, er hatte schon eine Menge Knöpfe für sie gemacht, dann auch dem Buchbinderpaar. Theda hatte sich gleich erhoben, nicht das Hündchen bedenkend, das sich auf ihrem Schoß, unter dem Umhang unsichtbar, zusammengerollt hatte. Mit erschrecktem Japsen rutschte es auf den Boden.
    «Was für eine frohe Runde», sagte Madam Augusta. «Ach, Ihr habt schon eingepackt?», wandte sie sich an Anders Gödeke, «natürlich, ich bin viel zu spät. In den ersten Januartagen komme ich zu euch in die Gartenkate, da könnt Ihr mich in Ruhe beraten. Das wird ohnedies besser sein.» Dann wandte sie sich Theda zu: «Ich habe sehr gehofft, Euch hier zu treffen oder jemand, der weiß, wo Ihr zurzeit wohnt. Ich habe da so eine Idee, eine sehr gute Idee, wie ich finde. Deshalb brauche ich ein paar Minuten Eurer Zeit. Vielleicht gefällt Euch mein Vorschlag, natürlich habt Ihr Bedenkzeit. Ja, lange genug Bedenkzeit. Zuerst müsst Ihr gewiss zu einem Familienbesuch nach Aurich reisen, nach all der Zeit. Vielleicht können wir ein wenig im Hof auf und ab gehen.»

    Das bedauerten alle am Tisch sehr, die Buchbinderin neigte sogar dazu, die hochgeehrte und gute Kundin Madam Augusta Kjellerup für unfreundlich zu halten. Was eine solche Dame mit einer unbedeutenden Mamsell zu besprechen hatte, interessierte alle brennend. Wäre Elsi nicht gerade aufs angenehmste mit ihren eigenen Träumen und ihrem größten Wunsch beschäftigt gewesen, hätte sie die passende
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