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Drei Wünsche

Drei Wünsche

Titel: Drei Wünsche
Autoren: Petra Oelker , Andrea Offermann
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Frederik Genslers und gefolgt von der glücklichen Freundin mit dem vergnügt herumhüpfenden Hündchen, die Domkirche verließen, erklang vom nur wenige Schritte entfernten St.-Petri-Kirchturm hell das Glockenspiel. Und dann, wie es sich für einen gelungenen Weihnachtsabend gehört, begann es zu schneien. Weiche Flocken, Theda spürte sie beglückt auf ihrem Gesicht, schwebten fedrig leicht vom Himmel und ließen bald selbst die düsteren Ecken der Stadt verheißungsvoll schimmern und glitzern.
    Zurück im Dom blieb nur die Gottesmutter mit ihrem Kind, die rundliche Maria mit den menschlich schläfrigen Augen auf ihrem staubigen Podest hoch an der Säule. Wie seit einigen hundert Jahren. Sie hatte mit alledem nichts zu tun. Sie war nur ein behauener Stein mit ein bisschen verblassender Farbe.

Kleine Geschichte der Hamburger Domkirche
    Der Hamburger Mariendom ging auf ein der Jungfrau Maria geweihtes Holzkirchlein samt Neben- und Bibliotheksgebäude in der sogenannten Hammaburg zurück, das spätestens 834 zur Bischofskirche erhoben wurde. Nach Plünderung und Brandschatzung durch die wilden Dänen schon wenige Jahre später wurde eine neue Kirche errichtet (weitere Zerstörungen und Neubauten sollten folgen), der Bischofssitz jedoch in das sichere Bremen verlegt. Der erste steinerne Dom ist für das 11. Jahrhundert belegt, die spätere gotische Domkirche wurde 1329 geweiht und nach und nach zur fünfschiffigen Hallenkirche mit hoch aufragendem Turm, Kreuzgang und bedeutenden Nebengebäuden zum reich ausgestatteten Domkomplex erweitert. Bis zur Reformation wurden unter anderem mehr als vierzig Nebenaltäre gestiftet. Der größte Anbau war die «große Halle» für Predigten – zugleich Teil des Kreuzgangs –, zu Anfang des 16. Jahrhunderts, weil hier später Tischler ihre Erzeugnisse verkauften, Schappendom (Schapp = Schrank) genannt. Auch der seit dem frühen 14. Jahrhundert im Dom abgehaltene Weihnachtsmarkt, Vorläufer und Namensgeber der Hamburger Kirmes, fand hier Erweiterung.

    Lithographie von Peter Suhr nach einer Zeichnung von Christoffer Suhr, um 1800
    Vom Kaiser mit bedeutenden Sonderrechten ausgestattet, blieb das Domareal zum steten Ärger der Hamburger ein eigener kleiner Staat inmitten der Hansestadt mit weitreichenden Rechten, auch über alle anderen Kirchen der Stadt. Mit der Reformation erlangte der Rat entscheidende Rechte über die städtischen Kirchen, nur der Dombezirk war weiter dem Erzbischof von Bremen unterstellt beziehungsweise den jeweiligen weltlichen bremischen Herrschern: ab 1648 Schweden, ab 1719 dem Kurfürsten von Hannover und König von England. 1803 endlich, nach fast einem Jahrtausend als «fremde» Enklave, fiel er zurück an Hamburg, schon ein Jahr später begann – ruck, zuck – der Abriss eines der bedeutendsten mittelalterlichen Bauwerke Norddeutschlands. Angeblich wegen Baufälligkeit, sicher auch, um das ewige Ärgernis endgültig loszuwerden und eine Rückforderung unmöglich zu machen.
    Gotische Kunst galt in jener Zeit als oller Kram – die große Zahl sakraler Kunstschätze, Urkunden und Dokumente wurde verramscht, zerschlagen, zum Abfall gegeben, untergegraben, Grabplatten, Bauschmuck und Steine für den Kanal- und Deichbau verwendet.
    Sehr wenig blieb erhalten. Der Lukasaltar von 1469 zum Beispiel befindet sich heute in der Hauptkirche St. Jacobi, Holzskulptur und Tafelbild des Domgründers und ersten Erzbischofs Ansgar in der Hauptkirche St. Petri, beide nur wenige Schritte vom alten Domplatz entfernt.
    Der prachtvolle Marienhauptaltar aus der bedeutenden Werkstatt des Absolon Stumme (1499) wurde «für ein Butterbrot» in Einzelteilen verkauft. Je vier in weitere Einzelteile zersägte Flügel mit Malereien aus dem Marienleben landeten nach einer Odyssee durch Schlesien, Preußen und Ostpreußen schließlich im Warschauer Nationalmuseum. Sie sind inzwischen wunderbar restauriert.
    Eine der großen Glocken von 1487 ruft vom St.-Nikolai-Kirchturm in Altengamme zum Gottesdienst. Zu den wenigen Dom-Relikten im Museum für Hamburgische Geschichte gehört die nahezu unversehrte kleine Sandsteinmadonna, dem Kind auf ihrem Arm fehlen allerdings Kopf und Hände. Sie wurde erst 1982 bei Grabungen nach der Hammaburg im Domschutt gefunden. Vermutlich ist sie um 1430 für einen Marienaltar oder als einzelne Votivfigur geschaffen worden, ich habe mir erlaubt, sie an einer Säule des Schappendoms zu platzieren. Kein idealer Standort, aber in dieser Geschichte der
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