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Drei Wünsche

Drei Wünsche

Titel: Drei Wünsche
Autoren: Petra Oelker , Andrea Offermann
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am nächsten Morgen sollte ihr einfallen, dass sie überhaupt nicht wusste, wo sie Mamsell Theda finden konnte.

      
    ie kannte den Mann mit dem Degen nicht, er sah sie aufmerksam an, sein prüfender Blick war ihr unbehaglich.
    «Geht es Euch gut?», fragte er. «Bin ich rechtzeitig gekommen?»
    Theda konnte nur nicken, ihr Hals war wie zugeschnürt, alles war aufregend und erschreckend, so verwirrend. Und der kleine Hund? Der war gleich wieder aufgetaucht, jaulte schrill, nun doch mit erstaunlicher Lautstärke, und paddelte, mit seinen dünnen Beinen hektisch aufs Ufer zuhaltend, den Kopf hoch aus dem Wasser gestreckt. Schon sprang der Mann in eines der am Ufer liegenden Boote hinunter und beugte sich weit vor. Das Boot schwankte gefährlich, aber es war gut festgemacht und das Tau zu kurz, um ein Kentern zu erlauben. Zwei Minuten später kletterte er mit dem nassen Fellbündel auf dem Arm zurück auf die Straße.
    Er löste sein gegen die Kälte um den Hals geschlungenes Wolltuch, hüllte das zitternde Tier ein und legte es Theda behutsam in die Arme.
    «Danke», Theda barg das Hündchen wie ein Wickelkind unter ihrem Umhang, «ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn – nun, wenn Ihr nicht gekommen wärt. Wirklich, ich bin schrecklich dankbar.»
    Sie hätte noch mehr höfliche Worte sagen müssen, ein Gespräch beginnen, nicht zu vertraulich, auch nicht kalt, sie hätte … ja, das fiel ihr später ein. Jetzt fiel ihr nur ein, noch einmal dankend den Kopf zu beugen, Unverständliches zu murmeln und davonzulaufen, dorthin, wo nun eine Gruppe von Arbeiterinnen einen der Speicher verließ und den Heimweg antrat, wo sie schnell wieder in einen Strom von Menschen eintauchen und unsichtbar werden konnte.

      
    er 24. Dezember war in diesem Jahr ein Freitag. Fromme Menschen mochten daran denken, dass so der Tag der Geburt des Herrn auf den Wochentag seines Todes fiel, was wiederum an den irgendwann geschlossenen Kreislauf eines jeden Lebens erinnerte. Die meisten allerdings dachten an einem Freudentag – den sollte ein Geburtstag nun mal bedeuten – nicht an den Tod, auch nicht an den Karfreitag, den höchsten Feier- und Bußtag der evangelischen Christen. Nun standen Tage der Freude bevor, und wenn dieser 24. Dezember auch noch ein Arbeitstag war, durchzog den üblichen Lärm der großen Stadt ein heiteres Summen.
    Für die Marktleute im Dom war dieser Tag sogar besonders arbeitsreich, bis zum frühen Abend sollten Stände, Buden und Menschen Kirche, Hof und Kreuzgang geräumt haben, mussten die sich vor den Portalen stauenden Wagen, Karren und Fuhrwerke beladen und zu Hause wieder abgeladen werden. Traditionell war der sonst erst zur Mittagszeit öffnende Markt an diesem kurzen letzten Tag vom Morgen an voller Menschen, die noch ein Geschenk suchten und so kurz vor Toresschluss auf niedrigere Preise hofften oder noch einmal herumschlendern und etwas von dem Zauber mit in die dunklen Winterwochen nehmen wollten.
    Gegen Mittag fielen die Spatzen ein und taten sich munter tschilpend an der reichen Ernte von Krümeln gütlich, die mit dem Abbau der Tische zum Vorschein kamen. Niemand wäre auf die Idee gekommen, sie zu verscheuchen, zum einen war das sowieso unmöglich, zum anderen ging die Mär, ihre Nähe bringe ebenso Glück wie die ersten Schwalben im Frühling.
    Anton Schaffer hatte in diesem Jahr besonders gute Geschäfte gemacht, was nicht zuletzt an Elsis Eifer und Geschick lag. Sogar die silberne Herzdose, die er seiner Tochter zuliebe – der Teufel mochte wissen, was neuerdings in das Kind gefahren war! – dieser braven Mamsell teuer abgekauft hatte, war er noch teurer wieder losgeworden. Ein gutes Omen für das nächste Jahr. Und die warnende Krümelei von oben, von der schläfrigen Madonna auf dem Podest an der Säule, hatte auch bald aufgehört. Beide Schaffers waren zufrieden und gut gestimmt, sie mochten diesen letzten Markttag, der stets in gemütlich zusammensitzender Runde ausklang.
    Das meiste war schon eingepackt, auch der Engel, den niemand für den geforderten Preis haben wollte. Schaffer hatte zuerst knurrend, dann nachsichtig bemerkt, wie Elsi stets einen viel zu hohen Preis nannte. Sie hatte sich in den kleinen dicken Kerl verliebt, ganz klar. Sollte sie ihn behalten. Immer noch besser, ihre Liebe galt einem Porzellanengel mit angestoßener Nasenspitze als einem einarmigen Bauern ohne Land.
    Die Menge der Besucher wurde heute rasch dünn, vom Friedhof hörte man schon die großen
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