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Na endlich Liebling

Na endlich Liebling

Titel: Na endlich Liebling
Autoren: Mary Scott
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    »Diese neuen Siedlungen soll der Teufel holen!« sagte Justin laut. In Wahrheit meinte er: »Die Frauen soll der Teufel holen!« Es hätte ihn zwar niemand hören können — vor sich sah er nur die gewundene, staubige Straße, links und rechts den Buschwald — , aber man mußte doch Haltung bewahren.
    In einer Staubwolke kam ein Auto um die Ecke. Justin machte sich lebhaft bemerkbar; hoffnungsvoll hielt er den Daumen hoch, doch der üppige Wagen glitt vorüber. Justin fluchte. Er hinkte zum Straßenrand, ließ sich auf einem Farnbusch nieder, dessen schöne Färbung keinen Eindruck auf ihn machte, und zog vorsichtig seinen Schuh aus. Er war nun schon fünf Meilen marschiert; an seiner Ferse hatte sich eine große Blase gebildet. Er starrte auf den steinigen Weg, und eine tiefe Sehnsucht nach dem glatten Asphalt der Zivilisation stieg in ihm auf. Diese verfluchten neuen Siedlungen!
    Die ersten dreißig Meilen von der kleinen Landstadt her waren leicht gewesen, denn ein Milchtankwagen hatte ihn bis zu der großen Kreuzung mitgenommen. Auf dem Wegweiser dort stand: Totara, 25 Meilen. Jetzt waren es immer noch zwanzig Meilen. Mit seinem schweren Rucksack und der wunden Ferse konnte er das unmöglich schaffen. Und an allem war Elaine schuld:
    »Hör doch endlich mit deiner Angeberei auf! Du hast weder eigenes Geld noch ein eigenes Bankkonto!«
    »Himmeldonnerwetter, wo soll ich denn zu arbeiten anfangen? Die neuen Siedlungen liegen ja nicht gleich nebenan!«
    »Dann fahr doch mit der Eisenbahn bis zu der Stadt, die am nächsten liegt, und dann per Anhalter weiter. Jeder Gammler bringt das fertig, warum nicht auch ein brillanter junger Jurist?«
    »Es ist zwar verrückt, aber ich werd’s tun, und wenn ich dabei draufgehe!«
    Und nun schien er tatsächlich draufzugehen!
    Niedergeschlagen untersuchte er die Blase an seinem Fuß. Da fühlte er plötzlich, wie sich ein lebendiges Wesen an ihn drängte. Es war ein Hund, ein richtiger Straßenköter, der seine Hand leckte. Ein ganz hübscher Kerl, wenn er nur nicht so struppig und mager wäre. Seine leichtsinnige Mutter war wohl ein schwarzer Spaniel; sie hatte sich einen Collie zum Gefährten erwählt.
    Nach seiner eigenen Meinung war Justin ein Tierfreund. Als Großstädter hatte er Tiere stets mit Wohlwollen betrachtet, aber nie näher mit ihnen zu tun gehabt. Er streichelte den Hund, der mit dem Schwanz wedelte und sich auf den Rücken legte, um am Bauch gekrault zu werden. Justin sah ihn verständnislos an, und der Hund stellte sich seufzend wieder hin.
    Wo war er nur hergekommen? Da war nun die stille Straße, der schweigende Buschwald, ein oder zwei gurrende Wildtauben. Seit einer ganzen Weile war er an keinem Haus vorbeigekommen. Vielleicht war hinter den Bäumen ein Camp.
    »Wo ist denn dein Herrchen?«
    Der Hund drängte sich noch näher an ihn, als wolle er damit ausdrücken, daß Justin sein Herr sein solle.
    Da kam Justin ein Gedanke: Wenn er den Hund nach Hause schickte, konnte er ihm folgen. Schließlich mußte er ja irgend jemandem hier in der Gegend gehören. Justin hatte viel über die großzügige Gastlichkeit der neuen Siedler gelesen. Er würde in ihren einfachen Häuschen willkommen geheißen werden. Man würde ihn zu einer Tasse Tee einladen, wahrscheinlich sogar zu einer ausgiebigen Mahlzeit. Später würde der Farmer darauf bestehen, ihn in seinem wackeligen alten Auto weiterzubringen. So waren diese Leute.
    »Geh heim! Los doch! Geh heim!«
    Der Hund verstand ihn nicht. Justin gab einige seltsame Töne von sich, um ihn in Trab zu bringen. Das Tier schaute ihn ängstlich an.
    »Blödes Vieh! Sehr gescheit bist du nicht. Bleib halt hier, wenn du willst, aber ich bleibe nicht bei dir! Ich gehe die Straße weiter und werde so dein Herrchen finden — und wenn er auch nur so ein armer Teufel ist wie du.«
    Er riß einen Zipfel von seinem Taschentuch ab und polsterte damit seinen Schuh aus. Dann erhob er sich mühsam.
    »Ich muß doch verrückt gewesen sein, daß ich so einen Blödsinn angefangen habe!« sagte er zu dem Hund.
     
    Vor einem Monat hatte Justin eines Abends seiner Freundin Elaine erzählt, sein Vater wolle ihm ein Vierteljahr Urlaub geben und ihn dann als Partner in seine Anwaltspraxis aufnehmen. Dort war eine Umbesetzung fällig. Zuvor würde ihm ein bißchen Freizeit guttun. Er habe schließlich in den letzten beiden Jahren für sein Examen tüchtig geschuftet, hatte der Vater gemeint.
    Elaine und er saßen in der lauen Dämmerung
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