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Drei sind einer zuviel

Drei sind einer zuviel

Titel: Drei sind einer zuviel
Autoren: Barbara Noack
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keinen Sinn hatte, ihr zu
folgen. Darum machte er sich auf die Suche nach Benedikt und fand ihn in einer
Bank, das zusammengefaltete Kreisblatt auf den Knien.
    Peter setzte sich zu ihm.
    Ben reichte ihm wortlos die Zeitung und tippte
auf einen Artikel:
    Regensburger Architekt baut Schule in Nebel
    Vermutlich schon im Frühjahr nächsten Jahres
wird mit dem Neubau der Grund- und Hauptschule in Nebel begonnen werden. Wie
gestern bekannt wurde, ist es so gut wie sicher, daß das Regensburger
Architektenbüro Friedrich Schuster & Partner den Auftrag für den Bau
der Schule erhalten wird. Wie die Redaktion aus inoffizieller Quelle erfahren
konnte, hat sich in der letzten Stadtratsitzung eine Mehrheit des Stadtrats für
den Schuster-Entwurf ausgesprochen, der bei dem inzwischen abgeschlossenen
Architekturwettbewerb mit dem zweiten Preis der Jury ausgezeichnet worden war.
Eine offizielle Bestätigung war aus dem Nebeler Rathaus gestern bis
Redaktionsschluß nicht zu bekommen.
    Peter ließ die Zeitung sinken.
    »Mannohmann!
Das ist eine Sauerei! Der Schuster hat doch nur den zweiten Preis gemacht.«
    »Aber
er hat sein bewährtes Team«, sagte Benedikt. »Und angesehene Baufirmen, mit
denen er zusammenarbeitet.«
    »Vor allem hat er die richtige Partei. Da steckt
der Finkenzeller hinter.«
    Benedikt zuckte vage die Achseln.
    »Und seine Töchter.«
    »Das ist doch jetzt so egal.«
    Er nahm Peter die Zeitung ab, steckte sie in die
Betbank und stand auf.
    »Sag nichts Karlchen davon. Sie hat sich so auf
Passau gefreut. — Spielen wir Passau für Karlchen.«
    Peter stand ebenfalls auf. Ihm war zum Kotzen
zumute. Wie gern hätte er Benedikt etwas Tröstliches gesagt, aber es war soviel
Zorn in ihm. Es kam ihm vor, als ob nicht nur Ben, sondern er selbst den
Auftrag verloren hätte. So stark war bereits ihr Zusammengehörigkeitsgefühl.
Was vor Monaten als Notgemeinschaft mit gegenseitigem Dulden begonnen hatte,
war inzwischen Freundschaft geworden. Das machte die neue Situation mit
Karlchen auch so vertrackt.
    Die Orgel setzte ein — ließ die Luft erzittern,
so gewaltig war ihr Klang.
    Sie sahen Karlchen auf sich zukommen. »Da übt
einer«, sagte sie ergriffen. Daß sie inzwischen drei Kerzen gestiftet hatte,
für jeden eine, erzählte sie nicht. »Klingt das nicht wie die Stimme vom lieben
Gott?«
    Die beiden Männer schienen kaum hinzuhören — was
bei dem lautstarken Klangvolumen an sich ein Kunststück war. Sie wirkten
verärgert, vor allem Peter. Er sah so aus, als ob er am liebsten etwas kurz und
klein geschlagen hätte, und darum verließen sie lieber St. Stephan und setzten
ihren Bummel durch die romantische Altstadt fort.
    Weil sie Karlchen ihren Ausflug nach Passau
nicht verderben wollten, gaben sich beide Mühe, fröhlich zu sein. Bei Peter
hatte diese Fröhlichkeit allerdings einen grimmigen Unterton. Und Benedikt
lächelte so hoffnungsfroh wie einer, dem man gerade wieder einmal einen Strich
durch die Zukunft gemacht hat.
     
    Sie bummelten zum Drei-Flüsse-Eck.
    »Hier fließen zwei in die Donau«, erklärte Karlchen,
»der Inn und der Ilz.«
    »Schon wieder drei! Ein Scheißverhältnis.«
    »Auf jeden Fall ist Karlchen die Donau«,
witzelte Benedikt.
    »Heißt der eine Fluß überhaupt der Ilz? Müßte er
nicht die Ilz heißen? — Karlchen, guck mal in deinem schlauen Büchlein nach.«
    »Da steht bloß Ilz drin ohne
Geschlechtsbezeichnung.« Sie blickte sich um und entdeckte einen Schiffer auf
einer Bank. Er war groß und stark, etwa Mitte Dreißig, und hatte die Ellbogen
über die Lehne gehängt.
    »Verzeihung, ich hab mal eine Frage: Heißt es
die Ilz oder der Ilz?«
    Er dachte einen Augenblick nach. »Daschawoll die
Ilz, nech?«
    »Danke.«
    Karlchen wandte sich an Peter und Benedikt.
»Also ein ganz anderes Dreiecksverhältnis als unseres: zwei Mädchen und ein
Mann.«
    Der Schiffer hatte zugehört und schien sich sein
Teil zu denken.
    »Ach, bitte, und dann hätte ich noch eine Frage:
    Kennen Sie hier zufällig ein Lokal, in dem man
gut essen kann?«
    »Denken Sie an eins mit Kapelle oder lieber
s-till? Ich würd sagen, wo keine Musik ist, ist die Küche besser.«
    »Wo
essen Sie denn immer, wenn Sie hier sind?«
    »Ja,
dascha mehr am Hafen. Da müssen Sie — wart mal — aber zu erklären ist das gaa
nich so leicht. Da kommen Sie am besten mit, ich muß sowieso längs.«
    Und so zog Karlchen mit dem Schiffer »längs«,
und Peter und Benedikt zogen mürrisch hinterher.
    »Was soll denn das nun
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