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Puerta Oscura - 01 - Totenreise

Puerta Oscura - 01 - Totenreise

Titel: Puerta Oscura - 01 - Totenreise
Autoren: David Lozano Garbala
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PASCAL LAG AUF dem alten Sofa im Wohnzimmer seiner Großmutter und sah fern, als auf einmal Licht vom Flur hereinfiel. Verwundert wandte er den Blick vom Fernseher ab. Die Lampe im Badezimmer war angegangen und flackerte und zuckte, als würde sie jeden Moment durchbrennen. Er richtete sich auf. Was war das? Seine Großmutter war längst schlafen gegangen, und gewöhnlich schlief sie fest und tief, nichts konnte sie stören.
    »Großmutter?«
    Pascal bekam keine Antwort. Er stellte den Fernseher leiser. Das weiße Zucken erhellte noch immer das dunkle Zimmer, und er fragte noch einmal: »Großmutter? Bist du das?«
    Niemand antwortete. Pascal wurde unruhig, irgendetwas stimmte nicht. Er stand auf, um nachzusehen.
    Das Licht der Neonröhre im Bad flackerte in den Flur und ließ die alten Porträts an den Wänden gespenstisch lebendig erscheinen. Die hohe, gewölbte Decke, typisch für alte Pariser Häuser wie dieses, verstärkte die unheimliche Wirkung noch. Pascal bekam Angst, wenn er es auch nie zugegeben hätte.
    Er sah, dass die Schlafzimmertür geschlossen war; Großmutter schlief also. Wie war nur das Licht im Badezimmer angegangen? Und warum flackerte es so?
    Pascal drückte auf den Schalter im Flur, doch die kleinen Wandleuchten reagierten nicht. Er schluckte. Was war nur los? Seine Halsschlagader pochte und er spürte seinen Herzschlag. Langsam ging er zu der halb geöffneten Badezimmertür, von wo das Flackern kam.
    Er streckte die Hand aus und stieß vorsichtig die Tür auf. Ein klagendes Quietschen ertönte, endlos lang gezogen, bis die Klinke an die gekachelte Wand schlug. Pascal blickte zu der Neonröhre an der Decke, die noch immer gegen ihr endgültiges Erlöschen ankämpfte. Das Geräusch, das sie machte, erinnerte ihn an das Sirren von UV-Lichtfallen, die Insekten töteten.
    Da war niemand. Pascal pfiff leise durch die Zähne, um seine Anspannung zu vertreiben; vergeblich. Er hob den Arm und betätigte den Lichtschalter: nichts. Die Leuchtstoffröhre erlosch nicht, zuckte einfach weiter.
    Er begriff das nicht, Panik begann in ihm aufzusteigen, doch er riss sich zusammen; immerhin war er schon fünfzehn und kein kleiner Junge mehr. Irgendeine rationale Erklärung würde es dafür schon geben.
    Pascal betrat das Badezimmer und versuchte, seinen Herzschlag zu beruhigen. Er drehte sich um die eigene Achse; alles war wie immer. Als er in der Bewegung innehielt, entdeckte er seine schlanke Silhouette im Fenster, ein Bild, das mit dem Flackern der Neonröhre auftauchte und wieder verschwand. Er trat ein wenig näher, betrachtete seine knochigen Schultern, den schmalen Hals, die blassen Wangen. Seine grauen Augen, die beinahe unter den langen schwarzen Haaren auf der Stirn verschwanden, blickten ängstlich.
    Pascal senkte den Blick, wie er es immer tat, wenn ihn etwas verunsicherte, das es zu tarnen galt und niederzukämpfen. Doch diesmal half es nichts und er blickte wieder auf. Hinter ihm erhellte derselbe blinkende Lichtschein den großflächigen Spiegel über dem Waschbecken.
    Er wollte sich eben umwenden, als etwas Seltsames geschah: Der Spiegel beschlug, als hätte gerade jemand heiß geduscht. Langsam drehte er sich um; das musste er sich genauer ansehen.
    Mit einem Schritt war er am Waschbecken. Tatsächlich war die große Spiegelfläche vollständig beschlagen. Und dann, auf einmal, bildeten sich fünf Streifen. Sie waren schmal und ungleichmäßig und verliefen vertikal.
    Was war das?
    Erschrocken bemerkte Pascal, dass die Linien auf dem feuchten Belag von den Fingern einer gespreizten Hand stammten, die auf der anderen Seite langsam über den Spiegel glitt. Er ging noch näher heran und suchte sein Bild.
    Nichts.
    Aber dann: Zwischen den fünf Streifen – entdeckte er ein regloses Frauengesicht, das ihn aus der Dunkelheit heraus anblickte!
    Pascal schrie auf und wollte zurückweichen, doch dafür blieb ihm keine Zeit. Plötzlich drangen die Arme der Gestalt durch das beschlagene Glas und streckten sich nach ihm aus – was auf der Spiegeloberfläche Wellen auslöste, als hätte sich diese in eine ölige Flüssigkeit verwandelt.
    Eisige Hände packten sein T-Shirt mit überraschender Kraft und versuchten, ihn auf die andere Seite zu ziehen. Pascal verlor das Gleichgewicht. Er kippte nach vorn, stürzte mit dem Oberkörper in den Spiegel und schaffte es im letzten Moment, sich am Rahmen festzuklammern, um nicht von der gelatineartigen Oberfläche verschlungen zu werden.
    So verharrte er wie
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