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Drei sind einer zuviel

Drei sind einer zuviel

Titel: Drei sind einer zuviel
Autoren: Barbara Noack
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Küchenfenster. »Sechs Wochen Ferien und ’n ersten Preis! Ich
halt’s nicht aus!!«
    In der Küche klirrte und schepperte was. Da war
wohl ein Stück Keramik zu Bruch gegangen. Na egal, sie hatten genug davon.
    »Was machen wir jetzt? Fahren wir nach Berlin?«
überlegte Peter. Berlin —
    Benedikt war plötzlich sehr fröhlich, so hatte
Peter ihn noch nie erlebt. »Ich muß Anna anrufen, daß wir kommen. Die wird
Augen machen, wenn sie von meinem Ersten hört.« Als Sieger kehrte er gerne in
seine Heimat zurück. »Du, ich zeig dir Berlin, daß dir die Ohren schlackern.
Und ’ne Sause machen wir, von einer Kneipe zur andern — so ’n Preis muß ja
begossen werden.« Dann fiel ihm ein, daß sich Peter nichts aus Alkohol machte.
    »Na ja, du kannst ja inzwischen im Tiergarten
joggen.«
    Sie holten ihre verstaubten Koffer vom Dachboden
und warfen sie geöffnet auf ihre Betten. Fingen an zu packen und Pläne zu
schmieden. Beschmissen sich durch offene Türen mit zusammengerollten Socken.
Grölten im Duett.
    Erster Preis und große Ferien! Mensch, haben
wir’s gut! Mann, sind wir albern...
    Irgendwann sagte Benedikt: »Wenn Karlchen mir
damals nicht den Artikel mitgebracht hätte, wer weiß, ob ich je von dem
Preisausschreiben erfahren hätte. Wir müssen es ihr mitteilen.«
    »Ja, unbedingt.«
    »Glaubst du, sie ist noch in München?«
    »Keine Ahnung. Wir können’s ja mal auf gut Glück
versuchen«, sagte Peter und fand die Idee ganz fabelhaft: »Wir fahren über
München nach Berlin.«
    Er holte Müller-Mallersdorf aus dem Stall, wo er
seit Karlchens Abreise wieder in Pension gegangen war, und ließ ihn auf die
Bank vorm Haus fallen. »Den nehmen wir ihr mit. Hast du mal ’n Staubtuch?«
    Benedikt betrachtete Müller-Mallersdorf
kritisch: »Bring gleich ’n Eimer Wasser und Shampoo mit.« Während er Herrn
Müller-Mallersdorf wie ein gelernter Friseur einseifte, ging Peter zum
Hühnerstall. »Vielleicht freut sie sich über ’n paar frische Eier. — Was könnte
man ihr noch mitbringen?«
    »Petersilie...«
    »Schmarrn.«
    »Doch, bestimmt, sie hängt an ihr.«
    »Wollen wir ihr sagen, daß wir anschließend nach
Berlin fahren?«
    »Nö, wozu? Gibt bloß wieder Ärger wegen Anna. —
Vielleicht will sie uns auch gar nicht mehr sehen — «
    »Ach, das kann ich mir nicht vorstellen. Wir
kommen ja nicht mit leeren Händen, sondern mit ’nem ersten Preis.«
    Beim Abspülen des Shampoos fiel Herr
Müller-Mallersdorf mehrmals von der Bank, und jedesmal lachten sie drüber, weil
es so komisch aussah. Und jedesmal war er ein bißchen kaputter. Mit Kamm und
Bürste war seinen verfilzten, trockengerubbelten Zotteln, die sein blöde
grinsendes Gesicht umrahmten, nicht beizukommen. Max und Moritz waren geradezu
spießig frisiert im Vergleich zu ihm.
    »Hast du mal einen Weichspüler?«
    Nein, hatte Peter auch nicht. »Ich fürchte, der
braucht ein neues Toupet.«
     
    Auf der Fahrt nach München fanden sie in
Deggendorf ein Geschäft mit vielen Perücken im Fenster. Gemeinsam mit Herrn
Müller-Mallersdorf betraten sie den Laden.
    Es war schwieriger, als sie gedacht hatten.
Diejenigen Toupets, die ihnen gefielen, saßen nicht, und die, die gut hafteten,
gefielen ihnen nicht. Endlich hatten sie ein hübsches rotblondes Modell mit
Mittelscheitel gefunden, das ihren Wünschen entsprach und paßte — auch die
Haarqualität war eins A.
    »Die ist okay, die nehmen wir.«
    Da trat Peter seinem Partner Benedikt heftig auf
die Zehen. »Schau dir den Preis an.«
    Benedikt ließ die teure Haarpracht wie eine
heiße Kartoffel fallen.
    »Gemma, gelle?« Peter wandte sich an den
Verkäufer: »Vielen Dank. Wir versuchen es erst mal mit einer Mütze...«
    Sie verließen den Laden und stopften Herrn
Müller-Mallersdorf ohne Rücksicht auf seine Bequemlichkeit — hinter die
Vordersitze.
    »Die spinnen doch mit ihren Preisen!«
    »Es war echtes Haar«, gab Benedikt zu bedenken.
»Was braucht so eine Attrappe echtes Haar!?«
    In München fuhren sie direkt zum Betonsilo, in
der Hoffnung, Karlchen dort anzutreffen.
    »Ich weiß noch, wie sie mich am ersten Abend in
diese Idylle verschleppt hat«, erinnerte sich Peter nicht ohne Sentimentalität.
    Benedikt drückte bereits zum viertenmal auf den
Klingelknopf. »Sie ist nicht da.«
    »Aber ihr Küchenfenster steht offen. Sie kommt
bestimmt wieder.«
    Von einem der wenigen Besucher mißtrauisch
beäugt, schlüpften sie mit Herrn Mallersdorf ins Haus.
     
    Und dann Schwabing. Endlich mal
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