Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drecksspiel: Thriller (German Edition)

Drecksspiel: Thriller (German Edition)

Titel: Drecksspiel: Thriller (German Edition)
Autoren: Martin Krist
Vom Netzwerk:
Berührung ging ihr durch und durch. Erwartungsvoll neigte sie den Kopf.
    Und sah Handschuhe, die sich um ihren Hals schlossen. Handschuhe voller Blut, die ihr die Kehle zudrückten.
    Panik erfasste Hannah. Ihre Finger wollten sich in die Hände krallen, die ihr den Atem abschnürten, rutschten aber am Leder der Handschuhe ab. Einer ihrer Fingernägel brach. Röchelnd schlug sie um sich. Ihre Kräfte ließen nach. Ihre Hände fielen herab. Ihr Blick trübte sich.
    Dann war da nur noch Finsternis.

Zwei
    David wartete im kühlen Hausflur, bis seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnten.
    Der Eingangsbereich glich dem vieler anderer Altbauten in Moabit. Von der hohen, gewölbten Decke löste sich der Putz. Die Wände waren mit Kratzern und Schlieren übersät, die Fliesen abgenutzt. In Schulterhöhe hingen in waagerechter Reihe die Briefkästen. Den meisten fehlten die Namensetiketten, viele waren verbeult, mit Graffitis besprüht oder mit Stickern beklebt.
    Auf dem Weg zur Treppe zwängte David sich an einem Fahrrad mit verbogenem Rahmen, drei schäbigen Kinderwagen und mehreren prallen Abfallsäcken vorbei, aus denen ihm der Gestank verdorbenen Essens entgegenschlug.
    Obwohl er behutsam auftrat, knarzten die Stufen unter jedem seiner Schritte.
    In der ersten Etage mischte sich der Gestank des Mülls mit dem Geruch von gekochtem Kohl, Zwiebeln und Bohnen, der der Wohnungstür zu seiner Linken entwich. Hinter der gegenüberliegenden Tür hallte laut und blechern die Stimme eines türkischen Fernsehmoderators. Hinter der mittleren Tür herrschte Stille.
    David stieg die Treppe weiter nach oben und streifte sich dabei die Handschuhe über.
    Im dritten Stockwerk waren die Türen wie in den Etagen zuvor angeordnet. David rief sich den Gebäudegrundriss vor Augen. Der Zugang zur Wohnung, deren Fenster er die letzten Tage von der Straße aus beobachtet hatte, musste der rechte sein. Er war überzeugt, dass die Zimmer verlassen waren. Trotzdem lauschte er nach einem Geräusch hinter der Tür.
    Sicher ist sicher.
    Nach einer Minute knackte er das alte Türschloss, schnell und leise wie das der Haustür. Er schlüpfte in die Diele, in der es nicht ganz so kühl war wie im Treppenhaus. Aber weil die Wohnung nach Osten zeigte, war sie zumindest nicht den ganzen Tag der Sommersonne ausgesetzt.
    Vom schmalen Flur zweigte die Küche ab. Durch schmutziges Fensterglas fiel Laternenlicht auf zwei Stühle und einen Tisch, auf dem sich Pizzaschachteln, Zeitungen und einige hastig aufgerissene Pappkartons türmten. Von den Tellern und Tassen in der Spüle ging ein strenger Schimmelgestank aus.
    Rasch überprüfte David die übrigen Räume. Gegenüber der Küche das Bad, ein Stück die Diele entlang ein kleines Wohnzimmer. Mit einer Schlafcouch, einem billigen Glastisch und einem schmucklosen TV-Board, auf dem ein Röhrenfernseher thronte, war es karg eingerichtet. Kalter Zigarettenrauch hing in den Möbeln, den Tapeten und dem Teppich.
    Eine Wohnung für Durchreisende. Oder für Leute, die gezwungen waren, schnell unterzutauchen, und die damit rechneten, ebenso überstürzt wieder verschwinden zu müssen. Es war noch gar nicht so lange her, da hatte er selbst viele Wochen in derartigen Unterkünften Zuflucht gesucht.
    Leise ging er zurück in die Küche, um die stinkenden Hinterlassenschaften genauer zu inspizieren. Er wollte gerade die Maglite einschalten, als es im Treppenhaus schepperte.
    *
    Es dauerte, bis der Schmerz in Tonis Magen verebbte.
    Er konnte wieder aufrecht stehen, die Übelkeit ließ langsam nach, nur der Schweiß perlte ihm nach wie vor auf der Stirn. Daran aber war weniger der Magenschwinger schuld, sondern die Sommerhitze, die ihm bereits seit Tagen zu schaffen machte – und die beklemmende Nähe der beiden Muskelprotze, die sich vor und hinter ihm aufgebaut hatten, damit er nicht auf dumme Gedanken kam.
    Dennoch spähte Toni verstohlen die Straße hoch und runter, ohne allerdings etwas zu entdecken, was ihm weitergeholfen hätte. Niederschönhausener Ödnis: kaum Läden, noch weniger Wohnungen, umso mehr Industriehallen, viele davon stillgelegt. Das Rauschen der S-Bahn erfüllte die schwüle Abendluft. Irgendwo knatterte ein kaputter Auspuff.
    Der Arsch der Welt. Oder zumindest der von Berlin.
    Toni schaute die beiden Typen an. Dunkle Haut, langes Kinn, breite Nase, schwarzes Haar – kein Zweifel, in wessen Auftrag sie kamen.
    »Miguel möchte dich sprechen«, bestätigte prompt einer der beiden seine Vermutung.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher