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Dreck

Dreck

Titel: Dreck
Autoren: Garry Disher
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Distanz, nahm sozusagen eine neutrale Stellung ein. Er fixierte Trigg und ließ ihn nicht mehr aus den Augen, presste die Lippen zusammen und versuchte, jede Art von Artikulation zu unterdrücken. Er war bemüht, sich und seinen Körper locker zu machen, wohl wissend, dass die Schmerzen umso unerträglicher wurden, je steifer und angespannter er sie empfing. Ohne dass Happy es merkte, konzentrierte er sich auf seinen Atem, bis dieser tief und regelmäßig war. So wandte er sich ab von der harschen Realität der Fäuste und Schmerzen und seinem Inneren zu. Auch Happys Verfassung war ausschlaggebend für den weiteren Verlauf. Denn der Riese wirkte auf einmal nicht mehr kühl und desinteressiert. Die Schlagkraft und der Rhythmus gerieten aus dem Takt, ein sicheres Zeichen dafür, dass Happy langsam die Nerven verlor und die Sache zu persönlich nahm. Wären die Schläge systematischer, mit derselben Stärke, mit derselben Frequenz ausgeführt worden, hätten sie Wyatt schließlich zermalmt.
    Auch als er schon umgefallen war, gingen die Schläge weiter. Nach endlos langer Zeit ließ Happy schwer atmend von ihm ab. Wyatt hatte zwischendurch immer wieder kurz das Bewusstsein verloren. Nun hustete er die blutigen Pappmachefetzen aus und hörte das donnernde Rauschen des Meeres in seinem Kopf. Dort, wo seine Wangen den Boden berührten, spürte er den Ölfilm und den feinen Sand, der ihn aufnehmen sollte. Er hörte Trigg irgendetwas sagen, doch die Stimme war am anderen Ufer des Meeres.
    Als er wieder zu sich kam, mussten viele Stunden vergangen sein. Sie hatten ihn von seinen Fesseln befreit und auf eine Schaumstoffmatratze gelegt. Es roch muffig. Er versuchte, sich aufzurichten, doch die Schmerzen zwangen ihn sofort zurück auf die Matratze. Erneut verlor er das Bewusstsein. Als er das nächste Mal erwachte, waren die Schmerzen noch da. Sie hackten wie spitze Rabenschnäbel auf ihn ein, stetig an denselben Stellen. Im Film kommt der Held immer wieder auf die Beine. Im wahren Leben, das wusste Wyatt, knebelt einen der echte Schmerz immer wieder zu Boden und will einfach nicht weichen. Ganz langsam versuchte er, sich aufzurichten.
    Zuerst verwirrte ihn die absolute Dunkelheit des Raumes, bis ihm klar wurde, dass sie ihn im Schiffscontainer untergebracht hatten. Er streckte die Hand aus, um die Wände zu inspizieren. Sie waren von innen isoliert, vermutlich um die Hitze abzuhalten. Was jedoch gleichzeitig bedeutete, dass er sich hier die Lunge aus dem Leib hätte schreien können, ohne je gehört zu werden. Er wagte nicht, aufzustehen, sondern tastete sich kriechend an den Wänden des Containers entlang. Am hinteren Ende stieß er auf einen Stapel Plastikbo xen von gewissermaßen biblischem Ausmaß: Vide ocassettenhüllen. Daneben stand ein Kühlschrank, der jedoch abgeschlossen war.
    Einige Zeit später kamen sie, um nach ihm zu sehen. Gleissendes Sonnenlicht fiel durch den offenen Spalt und umrahmte Happys Gestalt, die eine Taschenlampe, die .38er und ein Glas Wasser hereintrug. Happy knipste die Taschenlampe an und schloss die Tür wieder. »Hier, trink das«, sagte er und stellte das Glas auf den Boden.
    Wyatt nippte vorsichtig. Sein Mund war ausgetrocknet und er verging bald vor Durst, doch er wusste, dass er nur kleine Schlucke nehmen durfte, wenn er sich nicht übergeben wollte. Happy, stellte er fest, betrachtete ihn neugierig, als ob ihr nächtlicher Kampf und die anschließende Abrechnung in der Werkstatt sie irgendwie näher gebracht hätten.
    Wyatt wollte etwas sagen, hob an, verschluckte sich, hustete und hob noch einmal an. »Samstag heute, nicht wahr?«
    Happy nickte.
    »Warum bringt ihr mich nicht einfach um?«
    Happy dachte lange über diese Frage nach. »Zu viele Leute heute. Sonntag.«
    Wyatt versuchte, diese rudimentären verbalen Zeichen zu entschlüsseln. Sie wollten also abwarten, bis der Kundenstrom nachgelassen hatte, bis wieder alles ruhig war und auch keine Einkaufswütigen mehr die Hauptstraße bevölkerten. Es konnte allerdings auch heißen, dass sie ihn an einen anderen Ort bringen wollten. »Happy«, sagte Wyatt sanft. »Sag mir, wo das Geld ist.«
    Der Klang seiner Stimme erinnerte entfernt an Matsch, der langsam von einer Schaufel auf die Erde klatschte. »Ich hab meinen Anteil bekommen.«
    »Weiß ich doch. Aber wo hat der Boss den Rest?«
    »Mesic«, verkündete der Hüne.
    Wyatt war schon einmal über diesen Namen gestolpert. Und zwar in den Melbourner Tageszeitungen. Er stand für Betrug
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