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Dramocles

Dramocles

Titel: Dramocles
Autoren: Robert Sheckley
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kampflos zu ergeben. Ich frage mich, ob nicht irgendeine Kriegslist dahintersteckt.«
    »Unwahrscheinlich«, sagte Anne. »Außer seiner und Rufus’ Flotte hat er nichts, um uns eine Falle zu stellen.«
    »Also glaubst du, daß er sich tatsächlich ergibt?«
    »Ich denke, ja«, sagte Anne. »Warum sollte er sonst wohl Glorm ungeschützt unserer Bombardierung ausliefern?«
    John ging im Zimmer auf und ab, die Arme hinter dem Rücken verschränkt. Einen solchen Gang der Dinge hatte er nicht vorausgesehen. Er hatte nie wirklich geglaubt, daß er seinen älteren Bruder in die Knie zwingen konnte. Jetzt, wo der Sieg da war, wurde er von einer plötzlichen Unsicherheit befallen. Er schüttelte heftig seinen runden Kopf und fing seinen Kneifer gerade noch auf, ehe er ihm durchs Zimmer flog. Schließlich begann er das Unfaßbare zu begreifen. Er hatte gesiegt!
    »Gut, gut«, sagte er. »Hast du gehört, Anne, wir haben gesiegt!«
    Anne nickte, blieb aber ernst.
    »Drinks für die ganze Flotte!« sagte John. »Wir werden eine Siegesfeier veranstalten. Rufen Sie meine Proviantmeister, ich will sie unverzüglich sprechen. Hat es schon jemand der Presse mitgeteilt? Das werde ich selbst übernehmen. Und das Fernsehen muß auch informiert werden.«
    »Ja, Sire«, sagte der Kammerherr.
    John wurde klar, daß er nun eine Fülle von Befehlen zu erteilen hatte, aber er war nicht sicher, was als erstes zu tun war. Er glaubte sich zu erinnern, daß das Protokoll für diesen Fall verlangte, daß der besiegte König in Ketten gelegt und ihm vorgeführt wurde. Aber kam das vor oder nach der formellen Kapitulations-Zeremonie? Er würde es nachlesen müssen. Anne sagte zu dem Kammerherrn: »Der Baron wird ihnen schon bald neue Anweisungen erteilen. Gehen Sie jetzt und sorgen Sie dafür, daß die Männer auf Posten bleiben, aber kein Schuß fällt.«
    Der Kammerherr salutierte und ging.
    »Gut gemacht, mein Schatz«, sagte John. »Was für eine wunderbare Wendung! Aber es sind jetzt eine Menge Entscheidungen nötig, nicht wahr? Sollen wir Dramokles hinrichten lassen? Oder ihn lediglich für ein paar Jahrzehnte mit einem Hundekragen um den Hals in eine enge Zelle sperren? Da halten wir uns wohl am besten an die in solchen Fällen übliche Bestrafung.« Er kicherte und rieb sich die Hände. »Und jetzt haben wir auf faire Weise einen ganzen Planeten erobert, mit dem sich bestimmt ein Haufen Geld verdienen läßt. Wir sind reich, mein Schatz!«
    »Nicht so schnell, mein Schatz«, sagte Anne mit ätzender Stimme. »Du hast da ein paar Kleinigkeiten vergessen.«
    »Was denn, zum Beispiel?«
    »Deinen Verbündeten Haldemar, zum Beispiel.«
    »Verdammter Mist«, sagte John, »den hatte ich völlig vergessen.«
    »Dann fang an, dich zu erinnern. Er steht mit seiner großen und ungebärdigen Flotte an unserer rechten Flanke.«
    Es wurde an die Tür geklopft. »Herein«, sagte John. Ein Adjutant gab John ein Spacegramm von Haldemar. Der Text lautete: »MEINEN GLÜCKWUNSCH ZU GROSSARTIGEM SIEG. WANN BEGINNT PLÜNDERUNG?«
    »O nein«, sagte John.
    »Nun, was hast du anderes von deinem barbarischen Verbündeten erwartet?«
    »Vielleicht würde er sich damit zufrieden geben, wenn wir ihm ein oder zwei glormische Städte überlassen.«
    »Nein!« Anne schüttelte heftig den Kopf. »Wenn er erst einmal mit seinen Truppen auf Glorm gelandet ist, wird er nie wieder freiwillig von hier verschwinden. Und du willst ja wohl nicht die Vanir als Nachbarn haben?«
    »Du hast recht«, sagte John leidenschaftlich. »Ich werde das verhindern, indem ich mich selbst zum neuen König von Glorm ernenne. Und du wärst natürlich die Königin. Wie findest du das?«
    »Unrealistisch«, sagte Anne.
    »Du hast immer etwas an meinen Ideen auszusetzen«, sagte John ärgerlich. »Was ist es diesmal?«
    »Die Glormer sind Dramokles gegenüber loyal. Sie würden dir niemals gehorchen. Sie würden dir ständig Ärger machen. Wenn du versuchst, Crimsole und Glorm zu regieren, wird das zu einem jahrelangen, teuren Guerillakrieg führen. Das würde horrende Summen verschlingen.«
    »Und wenn ich Chuch auf den Thron setze? Er schuldet uns einiges, und er wäre gewiß gefügiger als Dramokles.«
    »Das geht auch nicht«, sagte Anne. »Weißt du denn noch nicht? Prinz Chuch ist verschwunden, und das ist allein deine Schuld.«
    »Wovon sprichst du?«
    »Erinnerst du dich nicht mehr an diese Sklavin, die du Chuch geschickt hast? Nun, irgendwie ist es ihr gelungen, ihm den Kopf zu verdrehen.
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