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Drachenschiffe vor Vinland

Drachenschiffe vor Vinland

Titel: Drachenschiffe vor Vinland
Autoren: Alfred Bekker
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richtig Handel treiben lässt!«, brummte der einäugige Orm.
    Die Gruppe der Wikinger wurde in das Zeltlager der Skrälinger geleitet. Einar fühlte sich schon etwas wohler dabei, es in Begleitung seines Vaters und der anderen Männer zu betreten – und nicht allein, sowie Keh-Doh es ihm vorgeschlagen hatte, als er zum ersten Mal hier gewesen war.
    Er sah sich um. Wieder fielen ihm die Pfähle mit den Gesichtern auf, die ihn grimmig ansahen.
    Ein paar Skrälinger-Kinder rannten herbei, blieben aber in gehörigem Abstand zu den Wikingern stehen. Sie redeten munter durcheinander und zeigten kichernd auf die Männer mit den hellen Bärten. Kaum schaute einer der Wikinger zu ihnen hin, waren sie sofort mucksmäuschenstill.
    Schließlich entdeckte Einar Keh-Doh und lief auf ihn zu. Auch Keh-Doh hatte Einar entdeckt und strahlte. »Einar«, rief er.
    »Freut mich, dich wiederzusehen, Keh-Doh«, sagte Einar. »Schade, dass du meine Sprache nicht verstehst.«
    »Einar«, sagte Keh-Doh noch einmal und lachte.
    Während sich die Erwachsenen zu den Skrälingern ans Lagerfeuer setzten und anfingen, Silbermünzen gegen gegerbtes Leder zu tauschen, führte Keh-Doh Einar im Lager herum. Die anderen Kinder liefen hinter ihnen her und manche versuchten, Einars blonde Haare anzufassen. Die ganze Zeit über redeten sie auf ihn ein und riefen seinen Namen. »Einar! Einar!«

    Rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit brachen die Wikinger wieder auf, um zu ihrer Siedlung zurückzukehren.
    Sven Bleichhaar hatte eine Kette erworben, die aus den Zähnen eines großen Raubtiers bestand. Vielleicht ein Bär oder ein Wolf. Jedenfalls fand er, dass sie gut aussah.
    »Wir werden ihre Sprache lernen müssen, um sie zu Verbündeten zu machen«, meinte Thorfinn.
    »Sollen sie doch unsere Sprache lernen«, erwiderte der jähzornige Svante. »Ich bin mir nicht mal sicher, ob das Gemurmel, das da aus ihren Mündern herauskommt, überhaupt eine Sprache ist!«
    »Vergiss nicht, dass sie in der Überzahl sind«, gab Sven Bleichhaar zu bedenken. »Wenn wir ihre Sprache können und sie als Verbündete haben, können wir vielleicht mit unseren Schiffen die Flüsse hinauffahren und auch mit den Skrälingern im Landesinneren Handel treiben. So wie es unsere Vorfahren in Russland getan haben!«
     
    Zu Hause in der Siedlung waren alle hocherfreut darüber, dass das Zusammentreffen mit den Skrälingern so friedlich verlaufen war.
    Die Kette mit den Zähnen schenkte Sven Bleichhaarseiner Frau. »Die Kette steht dir besser als dieses silberne Kreuz, das du immer um den Hals trägst!«
    »Danke, Sven«, erwiderte Sigrun. »Aber ich werde das Kreuz trotzdem tragen.«
    Sven seufzte. »Ja, ich weiß, das ist das Zeichen des Christengottes.«
    »So ist es! Und gerade hier, wo wir so weit weg sind von unserer Heimat und allen, die wir kennen, brauchen wir seine Hilfe ganz besonders!«
    Sven wandte sich an Einar, der in der Tür stand und das Gespräch mit angehört hatte. »Verlass dich lieber auf unsere alten Götter! Die sind stark und mächtig und schlagen unsere Feinde in die Flucht! Nicht so nachgiebig wie dieser Jesus mit seiner Nächstenliebe, der am Ende auch noch hingerichtet wurde!«
    »Aber den Skrälingern konntet ihr euch nur durch die Macht der Nächstenliebe nähern – denn wenn ihr euch wie eure polternden Götter verhalten hättet, dann wärt ihr doch erschlagen worden.«
    Sven Bleichhaar kratzte sich am Kopf und lachte. »Da hast du natürlich recht.« Er drückte seine Frau an sich und fuhr fort: »Vielleicht ist es ja gar nicht so schlecht, wenn wenigstens
einer
von uns an diesen Jesus glaubt.«
    »Nein, das sollten alle tun!«, widersprach Sigrun. »Und Jesus würde alle Menschen annehmen! Auch die Skrälinger!«
    »Die Skrälinger? Die stellen Gesichter aus Holz auf, die bunt angemalt sind! Ich nehme an, dass das ihre Götter sind!«
    »Dann sollte man sie davon abhalten und diese Holzgesichter verbrennen – denn das sind wirkungslose Götzen. Die Kirche von Jesus Christus verbietet es, sie anzubeten.«
    »Wenn das jemand versuchen sollte, hätten wir wahrscheinlich sehr schnell Krieg zwischen uns!«, sagte Sven. »Also tu mir einen Gefallen – wenn du je auf einen Skrälinger triffst, versuche nicht, ihn von deinen Ansichten zu überzeugen!«

Der neue Freund
    In der nächsten Zeit kamen mehrfach Skrälinger bis zum Schutzwall der Siedlung. Manchmal hatten sie Felle oder geflochtene Körbe dabei, die sie gegen andere Waren eintauschen wollten.
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