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Drachenschiffe vor Vinland

Drachenschiffe vor Vinland

Titel: Drachenschiffe vor Vinland
Autoren: Alfred Bekker
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die Häuptlinge und Unterhäuptlinge des Skrälinger-Stammes vor der Siedlung und wurden freundlich eingelassen. Einar bemerkte zu seinem Erstaunen, dass auch Keh-Doh mitgekommen war.
    »Nanu, ich wusste gar nicht, dass du schon Häuptling bist«, spottete er.
    »Nicht Häuptling«, sagte Keh-Doh. »Bin Sohn von Unterhäuptling.«
    »Und warum hat dein Vater dich mitgenommen?«
    »Du auch dabei, wenn Wikinger zu Keh-Dohs Dorf kommen.«
    »Das stimmt.«
    »Wenn Kind dabei, man will Frieden. Hat nicht Angst.«
    Einar lachte. »Und eure Krieger wollen nicht weniger mutig sein, als es unsere waren!«, sagte er.
    Keh-Doh lächelte.
    »Egal! Ich freue mich jedenfalls, dass du dabei bist!«
     
    Die Skrälinger-Häuptlinge wurden in Thorfinns Langhaus fürstlich bewirtet.
    Einar musste mithelfen, ihnen Met und Fleisch zu reichen. Dabei wurde viel gescherzt. Manchmal verstanden die Skrälinger nicht, worüber gelacht wurde – und manchmal wunderten sich die Wikinger, worüber sich die Skrälinger amüsierten.
    Sigrun gab Keh-Doh einen Krug mit Milch zu trinken. »Ich glaube, das ist für euch Kinder besser. Met ist was für erwachsene Männer!«
    Keh-Doh schmeckte die Milch sehr gut und er wollte gerne mehr davon. Als sein Vater das weiße Getränk sah, war er neugierig und wollte probieren. Auch ihm schmeckte die Milch gut – sehr viel besser sogar als der Met. Und so ließen sich nach und nach alle Skrälinger Milch anstatt Met einschenken.
    »Ich würde lieber Met trinken«, sagte Einar, der auch Milch bekommen hatte.
    »Aber dazu bist du noch zu jung«, erwiderte Sigrun.
    Thorfinn versuchte, mit seinen Gästen festzulegen, wo die Grenze zwischen dem Land der Wikinger und dem der Skrälinger liegen sollte. Aber die Skrälinger verstanden ihn nicht, was allerdings nicht an der Sprache lag.
    »Wie kann man Land teilen?«, fragte einer der Häuptlinge. »Haben der Fuchs oder der Wolf eine Grenze? Oder das Wasser in den Bächen?« In dieser Frage kam man also nicht weiter, weil sich die Gäste nicht vorstellen konnten, dass man Land besitzen und aufteilen konnte. Für sie gehörte es allen. Aber sich in Zukunft gemeinsam gegen Feinde zu wehren – davon waren sie schnell zu überzeugen.
    Da den Häuptlingen die Milch so gut schmeckte, bot ihnen Thorfinn zur Besiegelung ihres Bündnisses mehrere Krüge davon zum Geschenk an. »Nehmt mit, so viel ihr tragen könnt – und natürlich so viel unsere Kühe heute noch hergeben!«, sagte er – glücklich darüber, dass es zu einer Einigung gekommen war.
    Vor Einbruch der Dunkelheit zog die Gruppe der Skrälinger schließlich mit Krügen voller Milch ab. Der letzte Tropfen war zuvor aus den Kühen herausgemolken worden. Keh-Dohs Vater fragte, ob man denn nicht bereit wäre, eine der Kühe gegen Bärenfelle oder irgendetwas anderes einzutauschen.
    »Warten wir ab«, sagte Thorfinn. »Vielleicht im nächsten Jahr, wenn wir Kälbchen haben.«
    Einar verabschiedete sich von Keh-Doh und sie verabredeten sich für den nächsten Tag am Bach.
     
    Als Einar am nächsten Tag zum Bach ging, war Keh-Doh nicht dort. Er wartete eine Weile, aber sein Freund ließ sich nicht blicken. Schließlich ging er zurück zur Siedlung.
    »Vielleicht hat er zu Hause helfen müssen«, meinte Freya, der er davon erzählte. »Das ist doch bei uns auch ziemlich häufig so! Oder du hast ihn nicht richtig verstanden.«
    »Nein, das glaube ich nicht«, meinte Einar.
     
    Gegen Mittag des nächsten Tages brach auf einmal ein fürchterliches Kriegsgeheul los. Mindestens hundert Skrälinger hatten sich zwischen den Bäumen am Waldrand aufgestellt und schossen mit Pfeilen auf die Siedlung.
    Die Wikinger waren von der Attacke völlig überrascht und verschanzten sich hinter dem Schutzwall, so gut es ging.

    »Was ist denn in die gefahren?«, rief Thorfinn.
    »Um ein Haar hätte ich denen schon das Tor aufgemacht!«, meinte der einäugige Orm.
    Als Thorfinn versuchte, mit den Skrälingern zu reden, und sich dazu über die Palisaden reckte, musste er sofort wieder den Kopf einziehen. Mehrere Pfeile schossen über ihn hinweg und das Kriegsgeheul wurde lauter und wütender.
    Niemand konnte sich erklären, warum dieselben Krieger, mit denen doch vor Kurzem erst ein Bündnis geschlossen worden war, jetzt so voller Wut waren.
    »Und da macht man denen noch großzügige Geschenke!«, schimpfte Thorfinn.
    Einar und Freya wurden von Sigrun ins Haus geholt. »Heute zeigt sich, wie teuflisch die Skrälinger sind und dass man
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