Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenschiffe vor Vinland

Drachenschiffe vor Vinland

Titel: Drachenschiffe vor Vinland
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
bedeutete.
    »Wenn zwei von einer Mutter an einem Tag geboren – dann Geschenk der Geister«, meinte Keh-Doh.
    »Was für Geister denn?«, fragte Einar.
    »Von den Toten.«
    »Aber die sind doch nicht mehr da!«
    »Aber wir glauben – sie bleiben. Wohnen in Pfahl mit Gesichtern. Bringen Glück und Unglück. Erscheinen manchmal im Traum. Und Medizinmann redet mit ihnen.«
    »Und – warum tut er das?«
    »Weil Geister wissen guten Rat, Einar.«
    »Dann sind sie wiederauferstanden?«
    »Nein. Können nicht mehr aufstehen. Sind tot. Aber trotzdem da! Ich weiß – ist schwer zu verstehen.«
     
    Nachdem Einar das alles Sigrun erzählt hatte, sagte er: »Das ist fast genauso wie bei Jesus Christus. Der ist doch auch wiederauferstanden, damit alle Menschen das ewige Leben haben. So hast du es mir erzählt!«
    »Nein, das ist nicht genauso«, sagte Sigrun sehr entschieden. »Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Gott hat den Menschen die Auferstehung versprochen – aber nicht als Geist in einem Pfahl mit Gesicht!« Und dann verlangte sie von Einar, dass er sie zu dem Pfahl im Wald führen sollte. »Ich möchte mir das unbedingt mal ansehen!«, erklärte sie. »Schließlich hast du mir schon so viel davon erzählt!«
    Am nächsten Tag gingen sie zusammen zur Lichtung. Freya kam auch mit. Der Pfahl stand immer noch. Als Sigrun in die verzerrten, tierähnlichen Gesichter blickte, die in das Holz geschnitzt worden waren, schluckte sie erst. Dann bekreuzigte sie sich.
    »Das sind Teufelsgesichter!«, sagte sie bestimmt.

    »Nein, Keh-Doh hat es mir erklärt!«, versuchte Einar sie zu überzeugen. Aber da bestand keine Chance. Sigrun hatte sich ihre Meinung gebildet und die war unumstößlich.
    »Wir müssen uns in Zukunft von den Skrälingern fernhalten! Sie beten den Teufel an.«
    »Das glaube ich nicht!«, widersprach Einar und verwünschte sich schon dafür, seine Mutter überhaupt hierhergeführt zu haben.
     
    Sigrun blieb zwar misstrauisch, aber alle anderen hatten sich schon an das Zusammenleben mit den Skrälingern gewöhnt.
    Thorfinn berief ein Thing ein, auf dem er vorschlug, die Häuptlinge der Skrälinger zu einem Fest einzuladen. »Wir können uns jetzt gut genug verständigen,um mit ihnen komplizierte Dinge zu besprechen«, meinte er. »Zum Beispiel, ob wir nicht ein Bündnis schließen könnten. Denn es ist nur eine Frage der Zeit, wann auch andere in diese fruchtbare Gegend kommen und uns das Land vielleicht wegnehmen wollen! Mit den Skrälingern an unserer Seite könnten wir uns besser verteidigen.« Die Männer fanden Thorfinns Vorschlag gut.
    Sigrun hatte zusammen mit Freya und Einar etwas abseitsgestanden, doch als sie mitbekam, was die Männer beschließen wollten, platzte ihr der Kragen.
    Sie trat in die Mitte des Thing-Platzes, wo Tyrs Speer steckte. Alle Männer blickten erstaunt auf Sigrun, die sich im Thing als Frau gar nicht zu Wort melden durfte, aber das war ihr jetzt gleichgültig.
    »Sie dienen dem Teufel«, rief Sigrun in die Menge. »Sie beten schreckliche Götzenbilder an und wir sollten uns von ihnen fernhalten – so wie sie sich von uns fernhalten mögen! Gott wird uns sonst strafen, glaubt es mir!«
    Ein Raunen ging durch die Versammlung.
    »Hast du deiner Frau nicht beigebracht, was sich gehört, Sven Bleichhaar?«, rief der jähzornige Svante. Ein kurzes Gelächter brach aus. Aber dann sorgte Thorfinn für Ruhe. »Die meisten von uns glaubenan die alten Götter. Odin, der auf seinem achtbeinigen Pferd Sleipnir dahinreitet – und Thor, der seinen Hammer werfen kann, sooft er will, weil er immer wieder zu ihm zurückkehrt. Thors Blitze haben wir schon seit Monaten nicht mehr gesehen, also scheint zumindest er nichts gegen unseren Handel mit den Skrälingern zu haben!«
    »Und der Handel ist auch für uns von Vorteil!«, ergänzte der einäugige Orm. »Ich denke, niemand will diesen Handel aufgeben!«
    Die anderen Männer dachten genauso. Thorfinn wandte sich an Sigrun. »Deine Furcht hat dich unbedacht reden lassen, Sigrun! Aber wir wollen, dass der Handel weitergeht.«
    »Genau!«, nickten mehrere der Wikinger.
    »Und darum sollten wir ihre Häuptlinge zu uns einladen!«, kam Thorfinn noch einmal auf seine eigentliche Idee zurück. Alle waren dafür. Sigrun kehrte mit hängenden Schultern an ihren Platz zurück.
    Schon am folgenden Tag wurden Kundschafter ins Lager der Skrälinger geschickt, um deren Häuptlinge zu einem Fest zu laden.

Angriff!
    Ein paar Tage später erschienen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher