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Maxwell 03 - Nur du hast den Schluessel

Maxwell 03 - Nur du hast den Schluessel

Titel: Maxwell 03 - Nur du hast den Schluessel
Autoren: Terry Pratchett
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1 - Nach den Bomben
     
    Neun Uhr abends.
    Es war dunkel, nur hin und wieder lugte der Vollmond hinter den verwaschenen Wolken hervor. Der Wind kam aus Südwest. Nach dem Gewitter war die Luft frisch und das Kopfsteinpflaster rutschig.
    Ein Polizist ging sehr langsam und bedächtig die High Street von Blackbury entlang.
    Wenn man sehr dicht an die Häuser herangetreten wäre, hätte man hier und da vielleicht einen haarfeinen Lichtstreifen durch verdunkelte Fenster dringen sehen können. Von drinnen kamen die leisen Geräusche von Leuten, die ihrem Alltagsleben nachgingen – gedämpfte Klavierklänge, wo jemand wieder und wieder Tonleitern übte, Gemurmel und ab und zu Gelächter aus den Radios.
    Vor einigen Ladenfenstern waren Sandsäcke aufgeschichtet. Ein Plakat forderte die Leute auf, für den Sieg zu graben, als wäre dieser so etwas wie eine Rübe.
    Am Horizont, in Richtung Slate, versuchten die dünnen Strahlen von Suchscheinwerfern, Bomber vom Himmel zu pflücken.
    Der Polizist bog um die Ecke in die nächste Straße; die Tritte seiner Stiefel klangen in der Stille sehr laut.
    Sein Streifengang führte ihn bis zur Methodistenkirche und hätte theoretisch dann noch die Paradise Street entlanggeführt, aber nicht heute abend, denn es gab keine Paradise Street mehr. Nicht seit dem gestrigen Abend.
    Vor der Kirche hielt ein Lastwagen. Licht drang unter der Plane hervor, die den Laderaum bedeckte.
    Der Polizist schlug fest dagegen.
    »Ihr dürft hier nicht parken, Jungs«, sagte er. »Aber wenn ihr mir eine Tasse Tee abgebt, vergesse ich es vielleicht.«
    Die Plane wurde zurückgeschlagen, und ein Soldat sprang von der Ladefläche. Man konnte kurz hineinsehen – ein warmes Zelt aus orangefarbenem Licht, in dem ein paar Soldaten um einen kleinen Kocher saßen. In der Luft hing Zigarettenqualm.
    Der Soldat grinste.
    »Gebt mir mal ‘ne Tasse und ‘ne Stulle für den Sergeant«, sagte er zu den Leuten im Wagen.
    Ein Blechbecher mit kochendheißem schwarzem Tee und ein dickes belegtes Brot wurden herausgereicht.
    »Besten Dank«, sagte der Polizist und nahm beides entgegen. Er lehnte sich an den Lastwagen.
    »Wie läuft’s denn so?« fragte er. »Ich hab noch keinen Knall gehört.«
    »Es ist ein Fünfundzwanzigpfünder«, erwiderte der Soldat. »Ist bis in den Keller durchgebrochen. Ihr habt hier gestern abend wirklich was abgekriegt. Wollen Sie mal sehen?«
    »Ist das denn nicht gefährlich?«
    »Doch«, meinte der Soldat vergnügt. »Deshalb sind wir doch hier! Kommen Sie.« Er drückte seine Zigarette aus und steckte sie sich hinters Ohr.
    »Ich dachte, ihr paßt hier auf«, sagte der Polizist.
    »Es ist Nacht, und es schüttet wie aus Eimern«, erwiderte der Soldat. »Wer soll denn da eine Bombe stehlen wollen, die nicht explodiert ist?«
    »Ja, aber…« der Sergeant spähte in die Richtung der zerbombten Straße.
    Man hörte, wie Backsteine verrutschten.
    »Hört sich an, als wäre jemand da drüben«, meinte er.
    »Was? Wir haben doch Warnschilder aufgestellt«, sagte der Soldat. »Wir wollten nur mal schnell was Warmes trinken. He!«
    Unter ihren Siefelsohlen knirschte der Schutt, der auf der Straße verstreut war.
    »Es kann doch nichts passieren, oder?« fragte der Sergeant.
    »Nicht, solange keiner ‘nen Haufen Ziegel draufschmeißt. He! Sie da!«
    Der Mond kam hinter den Wolken hervor. Am anderen Ende dessen, was von der Straße übriggeblieben war, nahe der Mauer der Sauerkonservenfabrik, konnten sie eine Gestalt erkennen.
    Der Sergeant blieb knirschend stehen.
    »O nein!« flüsterte er. »Das ist Mrs. Tachyon.«
    Der Soldat starrte die kleine Gestalt an, die so etwas wie einen Karren über die Trümmer zerrte.
    »Wer ist sie denn?«
    »Gehen wir’s ganz ruhig an«, schlug der Polizist vor und packte den Soldaten am Arm.
    Er schaltete die Taschenlampe ein und verzog das Gesicht zu einem verkrampft freundlichen Lächeln.
    »Sind Sie das, Mrs. Tachyon?« rief er. »Ich bin’s, Sergeant Bourke. Bißchen kalt draußen um diese Zeit, finden Sie nicht? Ich glaube, auf dem Revier wird sich noch eine schöne große Tasse Kakao für Sie finden, wenn Sie mitkommen. Wie wäre das?«
    »Kann sie denn die Warnschilder nicht lesen? Ist sie nicht richtig im Kopf?« fragte der Soldat flüsternd. »Sie ist direkt an dem Haus mit der Bombe im Keller.«
    »Ja… nein… sie ist irgendwie anders«, sagte der Sergeant. »Ein bißchen… seltsam.« Er hob die Stimme wieder. »Bleiben Sie doch einfach, wo Sie sind,
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