Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenritter 01 - Die Nacht der Drachen

Drachenritter 01 - Die Nacht der Drachen

Titel: Drachenritter 01 - Die Nacht der Drachen
Autoren: Gordon R. Dickson
Vom Netzwerk:
ELLEVUE war nicht im Hinblick auf Schönheit angelegt worden, und keiner seiner Besitzer in den letzten zwanzig Jahren hatte etwas unternommen, um diese Unterlassung wiedergutzumachen. Sein gegenwärtiger Inhaber war in den Fünfzigern und so groß und schwer wie Jim Eckert, aber seine Haut war inzwischen zu weit für sein langes Gesicht. Das Fleisch war zu Falten und Runzeln zusammengeschrumpft, und sein blaues Hemd blähte sich lose um den Leib. Seine ausgeblichenen, braunen Hosen wurden in der Taille von einem dünnen schwarzen Gürtel in tiefe Falten gezogen. Sein Atem roch, als hätte er gerade überreifen Käse gegessen, und in dem sonnenheißen Innenraum des leeren Wohnwagens, den er Jim und Angie zeigte, war dieser Aspekt seiner Persönlichkeit kaum zu ignorieren.
    »Nun«, sagte er mit einer Handbewegung zu den sie umgebenden Wänden des Hauses auf Rädern. »Das ist es also. Ich lasse Sie jetzt allein, damit Sie es sich ansehen können. Kommen Sie zu mir ins Büro, wenn Sie fertig sind.«
    Er nahm seinen Atem nicht mit hinaus, ließ aber gottlob die Tür hinter sich offen. Jim sah Angie an, aber sie fuhr gerade mit den Fingern über den gesplitterten Lack auf einer der Schranktüren über dem Spülbecken.
    »Sieht ziemlich übel aus, nicht?« bemerkte Jim.
    Das stimmte. Offensichtlich lag das fahrbare Heim in den letzten Zügen. Der Fußboden senkte sich deutlich unter Jim und neigte sich ebenso sichtbar zum anderen Ende des Wohnwagens hin, wo Angie stand. Das Spülbecken war fleckig und rauh, die staubigen Fenster hingen lose in den Rahmen, und die Wände waren so dünn, daß man nur minimalste Isolierung erwarten konnte.
    »Wenn der Winter kommt, wird es beinahe wie Camping im Schnee sein«, sagte Jim.
    Er dachte an den frostklirrenden Januar eines Winters in Minnesota, sie beide dreiundzwanzig Meilen von Riveroak College entfernt, an den Schluckspecht mit seinen abgefahrenen Reifen und dem ausgeleierten Motor. Er dachte an die Sommersemester im College und die Backofenhitze eines Minnesota-Juli, wenn sie beide hier sitzen würden, mit einem endlosen Stapel von Prüfungsarbeiten zur Korrektur vor sich. Aber Angie gab keine Antwort.
    Sie war dabei, die Tür zur Naßzelle des Wohnwagens zu öffnen und zu schließen. Oder sie versuchte jedenfalls, sie zu schließen. Die Tür schien nicht sehr gut einzuschnappen. Angies Schultern in der blauen Jacke waren schmal und gerade. Er wollte vorschlagen, sie sollten es aufgeben, zurückfahren und in den Listen der Wohnungsvermittlung für Studenten noch einmal nach einem Apartment in der Nähe des College suchen. Aber Angie würde sich nicht so schnell geschlagen geben. Er kannte sie. Außerdem wußte sie, daß er wußte, wie hoffnungslos der Versuch war, etwas in der Nähe zu finden, das sie beide bezahlen konnten.
    Etwas von der trostlosen Verstaubtheit des fahrbaren Heims schien auf einem öden Wind der Verzweiflung durch Jims Seele zu blasen. Einen Augenblick lang fühlte er eine Art verzweifelter Sehnsucht nach dem Leben im europäischen Mittelalter, wie er es aus seinen mediävistischen Studien kannte. Eine Zeit, in der die Probleme in Gestalt von Gegnern aus Fleisch und Blut auftraten, anstatt als nicht faßbare Situationen, entstanden aus der undurchsichtigen und hinterhältigen Politik wissenschaftlicher Institutionen. Eine Zeit, in der man sich mit einem Mann wie Shorles mit dem Schwert auseinandersetzen konnte, anstatt mit Worten. Es war unwirklich, daß sie sich, nur wegen ihrer miesen wirtschaftlichen Situation und weil Shorles das politische Gleichgewicht seiner Abteilung nicht stören wollte, in dieser mißlichen Lage befinden sollten.
    »Komm, Angie«, sagte Jim. »Wir werden etwas Besseres finden.«
    Sie wirbelte herum. Unter ihrem dunklen Haar waren die braunen Augen hart.
    »Du hast gesagt, du würdest es in dieser letzten Woche mir überlassen.«
    »Ich weiß…«
    »Zwei Monate lang haben wir nun, wie du es wolltest, die Gegend rund um den Campus abgegrast. Die Konferenzen für das Herbstsemester beginnen morgen. Wir haben keine Zeit mehr.«
    »Wir könnten doch abends weitersuchen.«
    »Nicht mehr. Und ich werde nicht in das Studentenheim zurückgehen. Wir werden ein Heim für uns allein haben.«
    »Aber… sieh dir diesen Stall doch an, Angie!« sagte er. »Und es ist auch noch dreiundzwanzig Meilen vom Campus entfernt. Der Schluckspecht kann morgen schon den Geist aufgeben!«
    »Wenn er das tut, flicken wir ihn eben wieder zusammen. Und wir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher