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Drachenlanze - Ungleiche Freunde

Drachenlanze - Ungleiche Freunde

Titel: Drachenlanze - Ungleiche Freunde
Autoren: Tina Daniell
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jetzt friedlich.
    Für eine Elfin war Eld Ailea winzig. Sie hatte runde,
haselnußbraune Augen, die in Qualinesti selten waren, Augen,
die verrieten, daß unter ihren Vorfahren Menschen gewesen
waren. Dennoch besaß sie ebenfalls die spitzen Ohren, die
schlanke Gestalt und die langen Finger ihrer Mutter, einer
Elfin.
    Sie hatte so lange unter den Elfen von Qualinesti gelebt, daß
diese sich nicht mehr an die Zeit erinnern konnten, als Eld
Ailea noch nicht dagewesen war und ihren wenigen, kostbaren
Kindern auf die Welt geholfen hatte. Sie war ein vertrauter
Anblick, wenn sie mit ihrem Hebammenbeutel an der Seite
durch die baumartigen, rosenfarbenen Häuser der Stadt
Qualinost lief. Die meisten Bewohner der Stadt - ganz gewiß
jede Elfenfrau, die eine schwierige Schwangerschaft hinter sich
hatte - übersahen das elfisch-menschliche Mischblut der alten
Hebamme. Ihr Wissen über Kräuter hatte vielen Müttern in den
Wehen geholfen, und obwohl sie keine Magierin war, wußte
sie genug über Magie, um fast jeden Schmerz zu lindern.
Dennoch hatte sie Elansa nicht retten können.
    Unbewußt zog Eld Ailea das Waisenkind fester an sich, so
fest, daß es aufwachte und quäkte. Da setzte sie rasch den
Schaukelstuhl wieder in Bewegung und streichelte die kleine
Stirn, die Wangen und den Nasenrücken, bis seine Augenlider
zufielen und es wieder einschlief.
    Plötzlich nahm sie ein leises Geklingel wahr - die Glöckchen
an einem oder vielleicht auch mehreren Pferdegeschirren. Bald
hörte sie die Stimme ihrer Dienerin unten im Eingangsraum,
kurz darauf Schritte auf der steinernen Wendeltreppe zum
ersten Stock ihres turmartigen Hauses. Sie legte sich das
Neugeborene an die Schulter, dann öffnete sie die Holztür, die
mit Schnitzereien von Espenblättern verziert war.
    Auf der Schwelle stand die Stimme der Sonne, der Herrscher
von Qualinesti. Sein Gesicht war voller Sorge. Die eine Seite
seiner golddurchwirkten Robe glitzerte vom Feuerschein, die
andere Seite war in das Licht des silbernen Mondes, Solinari,
getaucht, das durch ein Fenster neben der Tür hereinfiel. Wo
die Strahlen den Boden berührten, mischte sich Rot hinein wie
Blutstropfen. Auch Lunitari, der rote Mond von Krynn, ging
gerade auf.
    Eld Aileas Blick wanderte zu der Gestalt auf dem Bett. Die
Augen der Stimme folgten ihm. »Schläft sie?« fragte er leise.
Wieder wehte ein Lufthauch durch das offene Fenster herein,
und von der Straße unten drang Lachen herauf. Eld Ailea
schüttelte den Kopf und wandte ihr runzliges Gesicht dann dem
schlafenden Baby zu, wobei sie aus dem Augenwinkel
beobachtete, wie die Stimme langsam zu dem Frauenkörper
ging. Seine Hand zitterte, als er sie nach Elansa ausstreckte, der
Witwe seines toten Bruders, doch dann hielt sein Arm inne,
und die Hand fiel schlaff an der Seite herunter.
    Er schluckte. »Du, Ailea, mit all deiner Kunst ... Wenn du
sie nicht retten konntest, konnte es niemand.«
Die Hebamme schüttelte mitleidig den Kopf. »Sie war zu
schwach, Solostaran. Sie blieb, bis das Kind geboren war, und
sie hat es noch einmal gestillt, aber dann gab sie auf.«
Die Stimme der Sonne starrte sie an. Er schien nicht bemerkt
zu haben, daß sie seinen richtigen Namen benutzt hatte und
nicht den Titel, den er übernommen hatte, als er vor über
hundert Jahren das Podium im Sonnenturm bestiegen und die
Herrschaft über die Elfen von Qualinesti übernommen hatte.
Ein Hauch von Schmerz zuckte über sein Raubvogelgesicht.
»Sie hat aufgegeben ...«, wiederholte er leise. Für Elfen war
das Leben heilig, und wenn man es freiwillig beendete, war das
Blasphemie.
»Das Kind ...?« fragte er.
Die Lippen der Hebamme verzogen sich zu einem seltsamen
Lächeln, das weder freudig noch traurig war. Die Erinnerung
an jene Nacht vor so langer Zeit, in der Solostaran selbst zui
Welt gekommen war, schoß ihr durch den Kopf. Wie anders
war damals die Umgebung gewesen, wie reich ausgestattet die
Gemächer, blendend hell vom Fackellicht erleuchtet. Wie
ehrfürchtig das Gefolge, das in den Schatten vor den Gemächer
gekauert hatte. Was waren die Zimmer einer mischblütigen
Hebamme im Vergleich dazu, auch wenn sie die beste
Hebamme von Qualinesti war. Elansa hätte ihr Kind am Hof
gebären können, aber sie war lieber zu Eld Ailea nach Hause
gekommen.
Eld Ailea hielt das Baby hoch, damit die Stimme es sehen
konnte. Solostaran kniete sich hin, warf einen kurzen Blick auf
den Jungen und ließ den Kopf hängen. »Aha«, sagte er kalt.
»Es ist also, wie wir es befürchtet
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