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Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt

Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt

Titel: Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt
Autoren: André Ziegenmeyer
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schrie er es hinaus.
    „Los, schnappt sie!“
    Die Wächter am Eingang der Arche, knappe zwei Dutzend Mann, erholten sich von ihrer Überraschung und stürzten sich auf die Eindringlinge. Nikodemus von Schlupp, der eine der vorderen Ecken trug, war das erste Opfer ihres Angriffs. Er bekam einen ziemlich massiven Ellenbogen vor die Brust, woraufhin alle Luft mit einem kurzen und prägnanten Zischen aus seinen Lungen entwich. Dann stolperte er. Und als Folge davon kam es zu einem abrupten Auffahrunfall.
    Der Stasisbehälter verließ die ihn tragenden Hände und erhob sich in einem anmutigen Bogen in die Luft. Er funkelte im Licht der Kandelaber, vollführte eine halbe Drehung, neigte seine Flugbahn schließlich wieder und
zerbarst mit einem imposanten Scheppern auf dem unnachgiebigen Felsboden.

Das Letzte, woran Leonardo de Vendetta sich erinnern konnte, war plötzliche Überraschung. Es war ihm tatsächlich gelungen, seinen lange verschollenen Urahn zu finden. Jenen sagenumwobenen Vorfahren, der seiner Familie generationenlange Berühmtheit beschert hatte.
    Er hatte ihn aus seinem Gefängnis befreit, in der Gegenwart willkommen geheißen und ihm alles erklärt. Dann fühlte er plötzlich einen Stoß in den Rücken, und es wurde dunkel.
    Das Nächste, was er sah, war ein mit Glasscherben übersäter Felsboden, der sich mit hoher Geschwindigkeit seinem Gesicht näherte. Es mochte nicht das sanfteste Erwachen sein, das man sich vorstellen konnte – aber immerhin diente es einem guten Zweck.

Das laute Scheppern des berstenden Stasisbehälters ließ die anstürmenden Wachen zusammenfahren. Jeder von ihnen hatte in den letzten Tagen genügend Erfahrungen damit gesammelt, was sich im Inneren einer solchen Kiste alles verbergen konnte. Und niemand legte besonderen Wert darauf, der Erste zu sein, der herausfand, was es in diesem speziellen Fall war.
    Schließlich waren es Auguste Fledermeyer und Zacharias Korkenbaum, die halfen, die Reste der Kiste wieder aufzurichten. Darunter kam ein ganz normaler Mann mit Bauhelm zum Vorschein. Zumindest sah es danach aus. Die meisten Zuschauer schienen in dieser Hinsicht jedoch keine Risiken eingehen zu wollen und wichen trotzdem einen Schritt zurück.
    Verwirrt sah sich der Mann in der Höhle um, zog geistesabwesend einen Glassplitter aus seiner Braue, und eine gespenstische Stille trat ein. Er hatte leicht angegraute Haare, sanfte Augen von tiefem Kastanienbraun, und auf seinem Gesicht zeigte sich ein makelloser Ausdruck der Verwunderung. Der Mann schwankte kurz, kämpfte um sein Gleichgewicht, und das Knacken der Scherben unter seinen Stiefeln erreichte noch den entferntesten Winkel der Arche. Die Wachen schauten einander ratlos an.
    Schließlich richtete Leonardo de Vendetta seinen Blick auf den geschmückten Balkon vor ihm, erkannte dort seinen wutentbrannten Vorfahren und begann zu schreien.
    Danach wurde alles recht hektisch.
    Mit einem Satz stürmten die Wachen wieder vorwärts und trafen dabei auf eine lebende Wand, die aus einem Bischof, einem Novizen, einer Hexe und einigen streitsüchtigen Fabelwesen bestand. Schreie und Flüche erklagen – ebenso wie manche Dinge, die zu unfein waren, um sie an dieser Stelle wiederzugeben.
    Darüber hallte die donnernde Stimme Theodosius de Vendettas hinweg. Er wusste, dass es nicht allzu gut um ihn stand. Es fehlte nur noch ein kleines Stückchen, und er würde abermals scheitern. Und diesmal mochte es endgültig sein. Durch einen schnellen Erfolg ließ sich das Ganze im Nachhinein vielleicht herabspielen, im anderen Falle jedoch sah die Sache sehr, sehr ungünstig aus.
    So brüllte er aus Leibeskräften und versuchte, die Wachen anzutreiben – bis er von einem lauten „Tock!“ unterbrochen wurde. Letzteres Geräusch entstand, als das Kinn des Kardinals von einem zeremoniellen Hirtenstab getroffen wurde.
    Pangasius Donnerhobel wollte von einem plötzlichen Impuls getrieben vorwärts springen, als er seinen Herrn zu Boden gehen sah. Doch im gleichen Augenblick begriff er zwei Dinge:
    Die altertümlichen Hellebarden und Pluderhosen sorgten dafür, dass Schweizergardisten in jedem Kampf ein leichtes Opfer zu bilden schienen. Und vermutlich waren sie es tatsächlich. Auf der anderen Seite aber stand hinter ihnen die direkte Autorität des Papstes – und wer immer sich zu einem kurzfristigen Scharmützel hinreißen ließ, blickte auf Dauer einer sehr unangenehmen Zukunft entgegen. Instinktiv reckte Donnerhobel das Kinn vor und nahm
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