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Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt

Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt

Titel: Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt
Autoren: André Ziegenmeyer
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vermutlich um genau jene Karten ging, die ich gerade in Händen hielt, habe ich mich schnell wieder verdrückt. Kurze Zeit später ist der Kardinal dann mit einigen recht entschlossen wirkenden Männern aufgebrochen, und ich dachte, es sei vielleicht keine schlechte Idee, ihnen in gebührendem Abstand zu folgen. Und so…“
    „Kann mir eigentlich irgendjemand erklären, warum wir diese verdammte Kiste mitschleppen?“
    William als Kleinster der Gruppe hatte naturgemäß die unterste Ecke der Kiste abbekommen und damit das meiste Gewicht zu tragen.
    „Nun, wir sollten schließlich irgendwelche Beweise
mitbringen, oder?“
    „Warum holen wir ihn dann nicht da raus? Dann könnte er selber laufen.“
    „Schon. Aber bis wir ihm alles erklärt hätten, hätten wir unsere Verabredung verpasst.“

Die Arche war erfüllt vom Brummen vieler Leute, die sich bemühten, absolut still zu sein. Andächtig standen sie in halbrunden Reihen vor dem improvisierten Balkon. Wie eine mit Samt ausgeschlagene Glocke hatte sich Feierlichkeit über den Raum gesenkt.
    Papst Anastasius XIII. war von Gestalt ein kleiner und untersetzter Mann, der unter seiner Tiara auf unbestimmte Weise verloren wirkte. Er hatte seine Besichtigung beendet und war soeben im Begriff, mit den ersten Worten seiner Rede zu beginnen. Hinter ihm ragte der hagere Theodosius de Vendetta auf.
    Während das Gesicht des Papstes im Kerzenlicht lag und vor Anspannung glühte, verbargen sich die Züge des ehemaligen Inquisitors im Dunkeln. Einzig seine scharf geschwungenen Augenbrauen ragten daraus hervor. Darunter war im Dämmerlicht ein Funkeln zu erkennen, das von tiefer Befriedigung sprach.
    Pangasius Donnerhobel, der mit seinen Männern eine Art Ehrengarde bildete, und ein Trupp Schweizergardisten, die das päpstliche Gegenstück darstellten, hatten zu beiden Seiten des improvisierten Balkons Aufstellung bezogen.
    Vorsichtig klopfte der Papst gegen das Mikrofon.
    „Meine Kinder, ich möchte euch meine aufrichtigen Glückwünsche aussprechen. Beinahe zwei Jahre ist es her, dass ich das erste Mal von einem Unternehmen namens ‚Remagikalisierung’ hörte, und damals war es nicht mehr als eine fixe Idee. Ich will euch ebenfalls nicht verhehlen, dass mich damals gewisse Zweifel erfüllten. Doch heute, zwei Jahre später, ist diese Idee Wirklichkeit geworden.“
    Ein erleichtertes und anerkennendes Murmeln erklang, doch Anastasius XIII. hob die Hände.
    „Wir befinden uns hier im Inneren einer Vision. Und zwar in der Vision eines ganz bestimmten Mannes. Eines Mannes, der seinen Plänen mit demütigem Eifer und unermüdlicher Arbeit in die Wirklichkeit hinaus geholfen hat. Ein Mann, dem unsere geliebte Mutter Kirche zu Dank verpflichtet ist.
    Selbst auf meinem Weg hierher, vor nur wenigen Stunden, hatte ich meine alten Zweifel noch nicht ganz vergessen. Doch mittlerweile konnte ich mich von der Kraft dieser Vision überzeugen, und ich freue mich, neben jenem Mann zu stehen, der all dies möglich gemacht hat.“
    Langsam wandte sich der Papst zu seinem Kardinal um.
    „Leonardo de Vendetta, Spross einer Familie, die unserer Heiligen Kirche stets mit großem Eifer gedient hat. Wenn leider auch manchmal mit gewissen Irrungen.“
    Anastasius XIII. hielt kurz inne, als er bemerkte, wie im Publikum leichte Unruhe entstand.
    „Doch dieser Makel soll endgültig getilgt und vergessen sein. Denn heute sind wir zusammengekommen, um die Verdienste dieses Mannes, Leonardo de Vendettas, zu würdigen.“
    Mit anmutiger Geste hob der Papst die Hände Richtung Himmel, schloss für einen kurzen Augenblick die Augen – und riss sie empört wieder auf, als plötzlicher Lärm an sein Ohr drang.
    „Was hat das zu bedeuten?“
    Am vorderen Ende der Arche gab es einen Tumult. Einige Arbeiter und niedere Geistliche wurden unsanft zur Seite gestoßen, als Auguste mit ihren Begleitern in die Höhle stürmte, und sie kamen nicht umhin, ihren Unmut darüber zu äußern.
    Der Kardinal stellte in diesem Augenblick eine außerordentliche Geistesgegenwart unter Beweis. Sobald er sah, wie sich das ungleiche Gespann mit der über ihre Köpfe erhobenen Kiste an den verdutzten Eingangsposten vorbeiquetschte, stieß er Anastasius XIII. mit einem gemurmelten „Verzeihung, Eure Heiligkeit“ zur Seite. Dann griff er nach dem Mikrofon.
    Die Adern an seinem Hals schwollen sichtbar an. Sein ganzes Gesicht war von Wut verzerrt, und für einen Moment schien ihn der Zorn sogar sprachlos zu machen. Dann endlich
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