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Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt

Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt

Titel: Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt
Autoren: André Ziegenmeyer
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hinein.
    „Hier also treffen wir uns wieder. Und ich kann nicht behaupten, mich darauf nicht gefreut zu haben – wenn der Zeitpunkt auch etwas ungünstig ist.“
    Bischof Korkenbaum, dessen Bewusstsein sich auch in kritischen Momenten durch eine gewisse Beharrlichkeit auszeichnete, deutete noch einmal auf die Stasiskammer.
    „Aber, wer...“
    De Vendetta seufzte.
    „Bei der Person dort hinten, der Sie so großzügige Aufmerksamkeit schenken, mein lieber Bischof, handelt es sich um jemanden, dessen Name Ihnen zumindest geläufig sein dürfte. Leonardo de Vendetta, mein Ur-ur-ur-ur-ur-Großneffe. Ein Nichtsnutz, wie ich leider feststellen musste. Auch wenn er in gewissen Zeiten seines Lebens ein glückliches Händchen hatte. Immerhin: Ohne ihn wäre nichts von alledem hier möglich gewesen.“
    Diesmal nahmen die Gedanken des Bischofs einen recht langen Anlauf. Man konnte sehen, wie er allmählich eins und eins zusammenzählte.
    „Sollten Sie nicht eigentlich seit knapp vierhundert Jahren tot sein?“
    „In der Tat, mein Lieber, in der Tat. Doch als man dereinst beschloss, mich aus dem Weg zu räumen, ließ man sich zu einem bedauernswerten Fehler hinreißen. Man hielt es wohl für einen gelungenen Scherz, mich schlichtweg Teil der eigenen Sammlung werden zu lassen. Ich gebe zu, dass es sich dabei um eine saubere Lösung handelte – nur leider war sie nicht endgültig.“
    Er schenkte ihnen ein strahlendes Lächeln.
    „Zwar dauerte es eine gewisse Zeit, aber schließlich stolperte mein geliebter Nachfahre hier über einige meiner Aufzeichnungen. Und von dem uns eigenen Forscherdrang beseelt machte er sich auf die Suche. Wie gesagt: Er muss zu gewissen Zeiten ein glückliches Händchen besessen haben, denn es war ihm tatsächlich vergönnt, diesen Ort hier zu finden. Leider habe ich versäumt, ihn zu fragen, ob er mit seinem Fund genauso glücklich ist.“
    Mit diesen Worten trat der Inquisitor beiseite und machte den Männern draußen ein beiläufiges Zeichen. Langsam kamen sie hereingewankt. Gegen einige von ihnen wirkte Pangasius Donnerhobel wie eine leichtfüßige Elfe, in den Händen trugen sie Seile und schwere Ketten. Währenddessen setzte de Vendetta seinen Monolog ungerührt fort.
    „Jedenfalls muss er sich sehr gefreut haben, plötzlich seinem lange verschollenen Urahn zu begegnen. Und ich... sah es als meine Pflicht an, seinen Forscherdrang mit einer weiteren, sehr eindrucksvollen Erfahrung zu belohnen. Auf diese Weise vollzogen wir einen kleinen Rollentausch. Sehr bald musste ich jedoch feststellen, dass die neue Gegenwart, in der ich erwacht war, einiges zu wünschen übrig ließ. Ich möchte ungern als konservativ gelten, aber ich nahm mir doch vor, ein paar Dinge wieder zurechtzurücken.“
    Theodosius de Vendetta sah sich zu einer kurzen Pause genötigt, als gedämpfte Schmerzensschreie erklangen. Einer seiner Helfer brach zusammen und versuchte, aus seinem Körper eine möglichst geschlossene Kugel um gewisse persönliche Regionen zu formen. Einen anderen umtanzten seltsame purpurne Funken, während er sich wie wild zu kratzen begann.
    Doch die beiden wurden von ihren Kollegen schnell zur Seite geschoben und ihre Aufgabe energisch fortgeführt. Unterdessen begann Theodosius de Vendetta mit hinter dem Rücken verschränkten Händen auf und ab zu wandern.
    „Schließlich“, so nahm er den Faden wieder auf, „entschloss ich mich, in den Schoß meiner geliebten Familie zurückzukehren. Natürlich waren sie anfangs ein wenig verwirrt und betrübt über den Verlust ihres armen Leonardo – doch mit der Zeit nahmen die meisten von ihnen Vernunft an. Als sie erst von meinen Plänen erfuhren und begriffen, welche Möglichkeiten darin steckten, da entschloss sich der Clan, das Ganze zu decken. Schließlich“, er gestattete sich ein flüchtiges Lächeln, „gehörte ich ja zur Familie. Nun, den Rest der Geschichte kennen Sie. Und ich darf Sie dazu beglückwünschen, jeweils auf ihre ganz spezielle Weise ein Stück zu ihrem Gelingen beigetragen zu haben. Doch jetzt“, er blickte auf die Uhr, „werden Sie mich entschuldigen müssen, denn ich habe noch eine Verabredung.“
    Damit ging er davon, und seine Schergen folgten ihm.
    Zehn Minuten später hockten Auguste Fledermeyer, Rasputin Borkenschreck und Zacharias Korkenbaum bis unter das Kinn verschnürt in einer verlassenen Bergwerkskammer. Hinter ihnen ließ sich mit leisem Brummen der Stasisbehälter vernehmen. Als einen Akt der vorübergehenden
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