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Drachenbraut

Drachenbraut

Titel: Drachenbraut
Autoren: K Günak
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seinem sonderbaren Tanz, bis ihr aufging, dass der Hund einfach keine Rute hatte, um damit zu wedeln. So blieb ihm nur sein restlicher Körper, um seiner offensichtlichen Freude Ausdruck zu verleihen.
    «Du freust dich, mich kennenzulernen?»
    Die Antwort war ein kurzes tiefes Bellen. Behutsam ließ Josefine ihr Gepäck auf die Stufen gleiten und beugte sich langsam herunter. Hoffentlich war sie in der Lage, die Hundesprache richtig zu deuten.
    Aber dieses Tier schien ihr wohlgesonnen, und der Blick aus seinen braunen Augen war freundlich und neugierig.
    Ohne weiter nachzudenken, hob sie vorsichtig eine Hand, damit der Hund sie beschnüffeln konnte, und sofort fuhr die nasse Hundenase über ihre Handfläche. Sanft begann sie, das Tier hinter den Ohren zu kraulen. Oder vielmehr hinter dem Ohr, das noch da war. Denn eines schien er im Lauf seines harten Lebens verloren zu haben. Entlang der Wirbelsäule sah sie eine wulstige Narbe und auch seine linke Vorderpfote, die er ihr jetzt artig entgegenstreckte, war völlig zernarbt. Sie hatte eine gute Vorstellung, was für schwere Verletzungen zu solchen Narben führten. Dieser Hund hatte schon einiges erlebt.
    Sanft ließ sie die Hände über seinen Körper gleiten und war erstaunt, wie seidig sich sein Fell unter ihren Handflächen anfühlte. Ermutigt setzte sie sich vorsichtig auf die unterste Stufe des Treppenabsatzes. Der Hund drückte begeistert seinen massigen Körper gegen ihre Beine. Josefine war selbst überrascht, wie sehr sie diese unerwartete Nähe des Tieres genoss. Sie streichelte ihn weiter und grinste, als er ihr den Kopf auf das Knie legte, um auch unter der Schnauze ein paar Streicheleinheiten abzubekommen.
    «Du bist ja süß.»
    Dieser Hund schien sie zu mögen. Entzückt von so viel Zuneigung fuhr sie ihm mit den Händen über die wohlgepolsterten Rippen und wieder zurück.
    «Was machen Sie da?»
    Die von einem leichten und undeutbaren Akzent gefärbte Stimme war tief und schien aus dem Nichts zu kommen. Fast zeitgleich spürte sie eine fremde Energie über sich hinwegrollen. Erschrocken fuhr sie herum und ihr Blick schnellte nach oben.
    Auf dem Treppenabsatz über ihr stand ein Mann. Er war groß. Selbst wenn er nicht drei Stufen über ihr gestanden hätte, hätte er sie vermutlich beinahe um Haupteslänge überragt. Sein dunkler Anzug war konservativ geschnitten und wirkte teuer. Doch all das verblasste vor seinem Gesicht, das umrahmt von dichtem schwarzen Haar und den strengen, wie gemeißelt wirkenden Zügen einem Renaissancegemälde entsprungen schien.
    Mit einer schnellen Bewegung stand Josefine auf und trat neben den Hund, der plötzlich wieder nahezu regungslos neben ihr saß. «Ich streichle einen Hund.»
    Ihre Stimme klang nüchtern, wie immer, wenn sie sich überrumpelt fühlte. Das plötzliche Auftauchen des Mannes verwirrte sie. Den Zusatz «Nicht, dass sie das etwas angeht», verschluckte sie für den Moment.
    Der Mann zog eine Augenbraue in die Höhe. An sich keine einschüchternde Geste, aber in Verbindung mit seiner Größe und der seltsamen Energie wirkte es bedrohlich. Genauso wie die Tatsache, dass er schlicht kein Mensch war.
    Selbst in Ruhe strahlte er eine subtile Macht aus, die sie nicht zuordnen konnte. Üblicherweise konnte sie schnell erkennen, welche übernatürliche Spezies vor ihr stand. Leider versagten ihre Fähigkeiten hier und jetzt vollends. Es gab nur eine durchgehende leise Alarmmeldung irgendwo ganz tief in ihrem Gehirn. Sie war noch nie jemandem wie ihm begegnet.
    War er ein neues Mitglied des Magischen Rates? Es konnte wohl kaum Zufall sein, dass ein fremdes, so mächtiges Wesen zeitgleich mit dem Rat in Berlin auftauchte. Die Situation war unheimlich, und sie spürte, wie ihr Herzschlag sich beschleunigte.
    «Wollen Sie durch?»
    Sie deutete treppenabwärts und bemühte sich, ihr stolperndes Herz mit Gelassenheit zu überspielen. Seine einzige Reaktion war, dass er den Kopf leicht neigte.
    «Ich habe meinen Hund gesucht», sagte er leise und klang dabei wie jemand, der seine Stimme niemals erheben musste. Weil sowieso niemand auf den Gedanken kam, ihm zu widersprechen.
    «Oh.»
    Sie warf der immer noch wartenden Bulldogge einen Blick zu und betrachtete dann wieder denn Mann einen Treppenabsatz über ihr. Sein dunkler Anzug hatte vermutlich so viel gekostet wie ein Mittelklassewagen. Das und die goldene Uhr am Handgelenk wollten so überhaupt nicht zu dem extrem hässlichen Hund passen. Männer wie er hatten doch
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