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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel
Autoren: Daniel Silva
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raffiniert eingefädeltes Täuschungsmanöver mit dem Ziel, der Abwehr falsche Dokumente anzudrehen. Und Peter Jordan war der sprichwörtliche Lockvogel.«
    »Genau. Die ersten Dokumente waren bewußt doppeldeutig.
    Sie ließen sich unterschiedlich interpretieren. Die Phönix-Elemente konnten Teile eines künstlichen Hafens oder eines Luftabwehrkomplexes sein. Wir wollten, daß sie sich stritten, sich zerfleischten, sich gegenseitig in Stücke rissen. Erinnern Sie sich an unser Gespräch über Sun-Tsu?«
    »Schwäche den Feind, untergrabe seine Moral, säe Zwietracht unter seinen Führern.«
    »Genau. Wir wollten die Spannungen zwischen dem SD und der Abwehr verstärken. Und wir wollten es ihnen nicht zu leicht machen. Allmählich ergaben die Kesselpauke- Dokumente ein klares Bild, und dieses Bild wurde direkt an Hitler weitergegeben.«
    »Aber warum haben Sie sich soviel Mühe gemacht? Warum haben Sie keinen von den bereits umgedrehten Agenten benutzt?
    Warum mußte es ein richtiger Ingenieur sein? Warum haben Sie nicht einfach einen erfunden?«
    »Aus zwei Gründen«, sagte Boothby. »Erstens wäre das zu einfach gewesen. Die Deutschen sollten selbst etwas dafür tun.
    Wir wollten einen subtilen Einfluß auf ihr Denken gewinnen.
    Sie sollten glaubten, sie selbst hätten beschlossen, Jordan ins Visier zu nehmen. Denken Sie an die Grundregel jedes Double-Cross-Offiziers: Informationen, an die man zu leicht herankommt, werden leicht verworfen. Es gab eine lange Beweiskette: von Hardegen zu Müller, von Müller zu Canaris, von Canaris zu Vogel, von Vogel zu Catherine Blake.«
    »Ich bin beeindruckt«, sagte Vicary. »Und der zweite Grund?«
    »Der zweite Grund ist, daß wir Ende 1943 bemerkten, daß wir nicht alle deutschen Spione in Großbritannien aus dem Verkehr gezogen hatten. Wir erfuhren von Kurt Vogel und seinem Netz, und wir erfuhren, daß einer seiner Agenten eine Frau war. Doch wir hatten ein ernstes Problem. Vogels Agenten in Großbritannien waren so gut getarnt, daß wir sie nur aufspüren konnten, wenn wir sie herauslockten. Wie Sie wissen, kam damals gerade Bodyguard so richtig auf Touren. Wir wollten die Deutschen mit falschen Informationen bombardieren. Aber uns war nicht wohl dabei, solange aktive Agenten im Land operierten. Wir mußten sie alle zur Strecke bringen. Sonst bestand jederzeit die Gefahr, daß die Deutschen Informationen erhielten, die im Widerspruch zu Bodyguard standen.«
    »Woher wußten Sie von Vogels Netz?«
    »Wir wurden darüber informiert.«
    »Von wem?«
    Boothby ging schweigend ein paar Schritte und betrachtete die schmutzigen Spitzen seiner Gummistiefel. »Die Informationen über das Netz erhielten wir von Wilhelm Canaris«, sagte er schließlich.
    »Von Canaris?«
    »Von einem seiner Abgesandten, genauer gesagt. Im Spätsommer 1943. Das wird Sie wahrscheinlich überraschen, Alfred, aber Canaris war der Chef der Schwarzen Kapelle. Er wollte, daß Menzies und unser Auslandsnachrichtendienst ihm halfen, Hitler zu stürzen und den Krieg zu beenden. Und als Geste des guten Willens erzählte er Menzies von Vogels Netz.
    Menzies informierte den Auslandsnachrichtendienst, und gemeinsam entwickelten wir den Plan für Kesselpauke.«
    »Hitlers Spionagechef ein Verräter. Unglaublich. Und Sie waren natürlich über alles im Bilde. Sie wußten es an jenem Abend, als Sie mir den Fall übergaben und mich über die Invasion und die Täuschungspläne informierten. Damit wollten Sie sich meiner absoluten Loyalität versichern. Mich motivieren und benutzen.«
    »Ich fürchte, ja.«
    »Dann hatte die Operation also zwei Ziele. Sie sollte den Feind über Mulberry täuschen und gleichzeitig Vogels Agenten herauslocken, damit wir sie unschädlich machen konnten.«
    »Ja«, sagte Boothby. »Und noch eins. Canaris sollte einen letzten Coup landen, der ihn bis zur Invasion vor der Entlassung bewahrte. Wir wollten auf keinen Fall, daß Schellenberg und Himmler das Ruder übernahmen. Die Abwehr war völlig neutralisiert und manipuliert. Wir wußten: Wenn Schellenberg die Führung übernahm, würde er alles in Frage stellen, was Canaris getan hatte. Natürlich hatten wir in dieser Beziehung keinen Erfolg. Canaris wurde gefeuert, und Schellenb erg übernahm die Abwehr.«
    »Aber warum sind Double Cross und Bodyguard nach der Entlassung Canaris' nicht aufgeflogen?«

    »Weil Schellenberg mehr daran interessiert war, sein Reich zu festigen, als neue Agenten nach England zu schleusen. Er krempelte die gesamte
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