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Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch

Titel: Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch
Autoren: John Doyle
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Austauschstudentin aus Graz angefangen, Deutsch zu lernen, die ich vor mehr als zwanzig
Jahren an meiner Uni in Upper Montclair, New Jersey, kennengelernt habe. Dass es sich bei Graz um keine deutsche Stadt handelt, hat mich dabei wenig gekümmert. Meiner Liebe zu Deutschland hat das keinen Abbruch getan. Ganz im Gegenteil!
    Seit 1991 arbeitete ich nun als Journalist und Radiomoderator für den englischen Dienst der
Deutschen Welle-
das ist wahrscheinlich auf meine Radio-Erlebnisse als Kind mit dem VW Square Back zurückzuführen. Vor 13 Jahren begann meine Karriere als Comedian, und ich trete seither im Fernsehen und auf zahlreichen Bühnen auf. Aber alles, was ich in diesem Buch schildere, schildere ich nicht nur aus der Sicht des Journalisten und Comedian, sondern auch aus der des Ausländers, Vaters, Ehemanns und Sohns - und nicht zuletzt aus der des Menschen. (Ja, liebe Leser, auch Amerikaner sind Menschen!)
     
    Als ich 1963 auf die Welt kam, hatte ich nur eine Heimat, die USA . Aber jetzt habe ich zwei. Und es vergeht kein Tag, an dem ich mir nicht bewusst werde, wie privilegiert ich dadurch bin. Ich fliege über den großen Teich und fühle mich, wenn ich in den USA ankomme, zu Hause. Dann fliege ich zurück nach Deutschland und - ich fühle mich wieder zu Hause. Natürlich ärgere ich mich manchmal noch, wenn ich sehr müde zum Taxistand rüberlatschen muss, aber meistens gibt es als Entschädigung eine Fahrt in einem tollen Mercedes, der mich zu meiner deutschen Frau und meinem deutsch-amerikanischen Kind heimfährt.
     
    In diesem Sinne: Sit back, relax and enjoy the book!
     
    Ihr/Euer John Doyle

Anrede/Salutation
    Obwohl ich seit fast zwanzig Jahren hier in Deutschland lebe, ist meine Deutschwerdung noch nicht da, wo ich sie gerne hätte. Ich merke, wenn ich in Deutschland neue Leute kennenlerne, dass ich oft viel zu früh - manchmal schon bei der Anrede - die formelle Ebene verlasse und in eine gewisse informelle, »amerikanische« Art rüberschwenke. In solchen Fällen sind dann die Konsequenzen ziemlich gravierend. Als ich meine heutige Schwiegermutter Elli vor siebzehn Jahren zum Beispiel kennenlernte, war das leider genau so ein Fall.
    Ich stand vor ihrer Wohnungstür in Berlin, neben mir Martina, meine zukünftige Frau. Während ich klingelte, überlegte ich mir, wie ich mich vorstellen sollte. In Amerika wäre das kein Problem gewesen. Dort hätte ich gesagt: »Hi. I'm John, Martina's boyfriend.« Und dann hätte ihre Mutter geantwortet: »Hi, I'm Elli, Martina's Mother.« Und Martina hätte hinzugefügt: »And hi, I'm Martina, your daughter.«
    Nein, ehrlich, das Treffen wäre leicht und locker über die Bühne gegangen, und alle wären glücklich gewesen. Aber auf das, was mich in Berlin erwartete, war ich überhaupt nicht vorbereitet gewesen.
    Als Martinas Mutter die Tür aufmachte, sagte ich einfach zu ihr: »Hallo, ich bin John.« Ich dachte mir:
Was kann so schon schiefgehen?
Einiges, wie ich schnell feststellen musste. Denn Elli schaute mich an, als hätte ich etwas Furchtbares gesagt. Als hätte ich gesagt: »Ich stehe auf Dominas. Aber
nicht auf die ganz normalen, sondern auf die mit den ganz großen Peitschen.« Bei so einem Statement wäre Ellis damalige Reaktion völlig berechtigt gewesen. Denn wer erwartet vom zukünftigen Schwiegersohn in dem Moment des Kennenlernens irgendwelche Aussagen über seine sexuellen Vorlieben? Aber zum Glück war ja Martina da und versuchte, die peinliche Situation geschickt zu retten, indem sie sagte: »Du musst John verstehen. Er ist Amerikaner, und so spricht man in den USA miteinander.«
    Während ich beide verständnislos anstarrte, dachte ich nur:
Habe ich hier irgendwas verpasst? Habe ich irgendwas Falsches gesagt?
Später erklärte mir Martina, dass ich »Guten Tag« oder »Guten Abend« hätte sagen müssen und nicht einfach nur »Hallo«. Denn »Hallo« wäre für eine solche Situation viel zu locker und auch ein wenig respektlos gewesen.
»Respektlos?«,
dachte ich.
Wie kann »Hallo, ich bin John« ›respektlos‹ sein? Ich hätte es verstanden, wenn ich »Hi« gesagt hätte. Oder »Hi, baby« oder »Hi, honey« (so wie die Kellnerinnen in den amerikanischen Diners jeden Gast immer so nett begrüßen, um gleich darauf zu fragen: »And any coffee, honey?«).
    Aber dann dachte ich auch an die Tagesschau und an die Tatsache, dass der Sprecher immer mit »Guten Abend, meine sehr verehrten Damen und Herren« beginnt. Wenn ein Nachrichtensprecher in
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