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Terror der Tongs

Terror der Tongs

Titel: Terror der Tongs
Autoren: Jason Dark
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Erst hatten sie gefleht, dann gebetet. Als beides nichts half und der Zustand ihres Herrn immer schlechter wurde, waren sie gegangen und hatten den Baum am Fluß aufgesucht, wo die Leiche des Mahdi verbrannt werden sollte.
    Aber der Mahdi wollte nicht sterben. Er war zwar alt und gebrechlich geworden, aber die innere Kraft steckte noch in ihm. Und so rief er seine Getreuen zusammen, die vor dem Sterbezimmer warteten. Die Männer hatten ihre Körper in lange Trauergewänder gehüllt. Selbst die Gesichter waren hinter den Tüchern kaum zu erkennen. Nur die Augen schauten über die Ränder hinweg, und in den Pupillen lag die Trauer. Wenn der alte Mahdi starb, ging auch ihre Ära dem Ende entgegen. Die Feinde würden kommen und ihre Ansprüche anmelden. Noch lebte er.
    Daß er sie hatte zu sich rufen lassen, ließ sie hoffen. Sie glaubten plötzlich wieder, obwohl sie nicht darüber sprachen. Aber man hatte ihnen gesagt, daß es eine Möglichkeit gab, um den Tod zu überwinden. Der Palast des Mahdi lag dort, wo der Dschungel begann und der Tiger des Nachts herrschte. Ein unheimliches Gebiet mit vielen hohen Felsen, dichtem Bewuchs und reißenden Bächen.
    Ein Land, in dem vor langer Zeit einmal die mächtige Göttin Kali gewohnt hatte. Eine schillernde Figur, sie war in der Lage, den Tod zu überwinden.
    So stand es geschrieben.
    Und so glaubte es auch der alte Mahdi.
    Aber konnte sie ihn retten? Manchmal hatte der Alte im Fieberwahn davon gesprochen. Da hatte er aufgeschrien, ihren Namen gerufen, um sich mit ihr zu verbinden.
    Er wollte sie sehen, er wollte sie fühlen, denn sie allein konnte seinen Tod in Leben umwandeln.
    Die Männer zuckten zusammen, als der Gong durch die große Halle dröhnte. Das Echo schwang an den Wänden entlang und schien den dort aufgemalten grausamen Monstren der indischen Mythologie ein unheilvolles Leben einzuhauchen.
    Für die sechs Männer war es ein Zeichen. Jetzt wußten sie, daß der im Sterben liegende Mahdi bereit war, sie zu empfangen. Er würde ihnen die letzten Befehle erteilen, und jeder war bereit, sie auszuführen. Nichts sollte sie daran hindern. Sie würden eine blutige Spur hinterlassen, um ihren Herrn ins Leben zurückzurufen.
    Und so schritten sie auf die Tür zu, die sich, wie von Geisterhänden berührt, vor ihnen öffnete. Sie gingen über die Schwelle, betraten einen großen, im Halbdunkel liegenden Raum, sahen die mit Tüchern verhängte Liegestatt des Mahdi und den Mann, der neben dem Bett stand. Er war europäisch gekleidet und trug, als Verbeugung an sein Land und seine Heimat einen weißen Turban.
    Es war Dr. Rasana, der Leibarzt und Vertraute des Mahdi. Dr. Rasana sollte einmal der Nachfolger des Mahdi werden, auch wenn er längst noch nicht reif genug war, um die Tongs in aller Welt zu führen. Rasana übernahm die Rolle des Sprechers. »Er hat euch hergebeten, weil er mit euch reden will. Er weiß genau, daß ihr seine letzten Getreuen seid. Ich bitte euch deshalb, zuerst zuzuhören und dann eine Entscheidung zu treffen.«
    Die Männer waren stehengeblieben. Als Zeichen ihres Einverständnisses und ihrer Ergebenheit verbeugten sie sich vor dem Sprecher, der sich zur Seite drehte und an einer Kordel zog. An allen vier Seiten der großen Liegestatt glitten die Vorhänge in die Höhe.
    Von der Decke warfen Lampen ihren Schein in die Tiefe und schufen ein geheimnisvolles Dämmerlicht, das den Schwerkranken auch bei offenen Vorhängen nicht störte.
    In Ehrfurcht gebannt, verharrten die Männer auf ihren Plätzen. Keiner traute sich, näher an das Bett heranzutreten. Sie hatten vor dem, der dort lag, einen Heidenrespekt.
    Der Mahdi war einmal, das wußten sie aus Erzählungen, eine imposante Erscheinung gewesen. Ein Mensch, der sich nicht gefürchtet und sich allen Feinden gestellt hatte. Er war ein großer Diener der Göttin Kali geworden und durch ihre Hilfe in seinem Leben zu Rang und Ehren gekommen.
    Nun lief auch die Uhr seines Lebens ab, und es war fraglich, ob Kali ihm noch helfen konnte.
    Der Mahdi hatte über seinen ausgemergelten Körper eine dünne Decke gestreift.
    Die Augen lagen tief in den Höhlen, und das graue Haar war fettig. So hatten ihn die sechs Männer noch nie gesehen, und seine Getreuen erschraken innerlich über den Zustand ihres Herrn. Nach außen hin ließen sie sich nichts anmerken.
    Der alte Mahdi schien sich zu freuen, als er seine Diener eintreten sah. Er öffnete den Mund. Es waren krächzende Worte, die über seine Lippen kamen. Er
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