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Diese Dinge geschehen nicht einfach so

Diese Dinge geschehen nicht einfach so

Titel: Diese Dinge geschehen nicht einfach so
Autoren: Taiye Selasi
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anziehen und gleich mitkommen möchte? Ama besteht darauf, dass Fola im Haus wartet, hebt die Blumen auf und geht voran.
    Fola bleibt kurz im Eingang stehen, sieht die Griffe. Sie berührt das K und das schön geschnitzte F. Erst dann wandert ihr Blick nach rechts, zu dem Brunnen. Sie lacht über die mit Unkraut verzierte Statue. Den Mann am Rand des Gartens sieht sie nicht. Sie betritt das Haus, und die Doppeltür schließt sich. Als sie wieder herauskommen, Fola und Ama gemeinsam, ist der Garten leer. Mr Lamptey ist fort.
    2
    Sie fahren wieder zum Strand, Ama mit Fola, die anderen mit Benson, eine kleine Karawane. Keiner weiß so recht, was man zu Ama sagen soll; sie lächeln alle höflich, und dabei bleibt es. Die Schwestern stehen dicht beieinander, misstrauisch. Mit Ama wechseln sie ein paar Höflichkeitsfloskeln auf Ga. Benson holt die Urne aus einem offiziell wirkenden Karton und reicht sie Fola mit einem offiziell wirkenden Nicken. Sie hatte geplant, die Asche in der Meeresbrise zu verstreuen, den Mann freizulassen, das Ende ein Anfang und so weiter. Aber als sie jetzt den Deckel abschraubt, schafft sie es nicht. Irgendwie findet sie es jetzt nicht richtig, dass er verstreut werden soll.
Sie sind genug verstreut worden
, denkt sie. Zerbrochener Topf, Fragmente.
Lass ihn da drin
, denkt sie,
damit er ganz bleibt
. Also schraubt sie den Metalldeckel wieder zu und kniet am Wasserrand nieder. Ihre Kinder schaut sie lieber nicht an, aus Angst, sie könnte anfangen zu weinen.
»Odabo.«
Leb wohl. Stellt die Urne ins Wasser. Eine Welle kommt, nimmt aber die Urne nicht mit. Die kippt nur auf die Seite, driftet ein kleines Stück ins Meer. Noch eine Welle, aber auch mit ihr will die Urne nicht mit. Fola steht wieder auf und schaut zu, einen Arm um den Bauch gelegt. Die Urne dreht sich im Schaum, treibt ein bisschen weiter hinaus, als würde sie auf etwas warten. Fola denkt es, kann es aber nicht sagen. Ich liebe dich. Eine etwas verheißungsvollere Welle kommt angerollt. Ama macht ein leises Geräusch, ähnlich wie ein Bülbül. Fola schaut zu, wie Kweku wippt und wippt, bis er außer Sichtweite ist.
    3
    Jetzt sitzt sie wieder in ihrem Liegestuhl bei der Palmyrapalme. Amina kümmert sich drinnen um das Essen. Olu und Ling helfen ihr pflichtbewusst; Benson ist mit dem Baby und den Zwillingen losgezogen, um einen Baum zu suchen. Es gibt Nadelbäume in Ghana, das weiß sie, aber keine Tannen. Sie wollte die Einkäufer vorwarnen, aber dann ließ sie es bleiben. Sie wollen etwas zu tun haben, das weiß sie, aber es nicht aussprechen. Sie wollen keine Stille, kein Schweigen, keine Pause. Sie wollen nicht sagen, dass es jetzt vorbei ist. Sechzehn Jahre Vorbereitung, und nun haben sie ihn verloren. Egal, was sonst noch ist – Kweku ist weg.
    Die Sonne geht unter; bald kommen die Moskitos. Fola raucht einen tiefen Zug, lehnt sich in ihrem Stuhl zurück. Sie denkt an das runde Gesicht der molligen Ama und muss lachen. Mit Mühe und Not eine »Frau«, wie kann sie da eine Ehefrau sein? Dann lacht sie über ihr Lachen. Ist sie eifersüchtig? Ja, vielleicht. Oder eher beschämt, weil sie selbst sich nicht umgeschaut hat? Sie denkt daran, wie sie Benson in der Lobby vom Hopkins Hospital begegnet ist. Die umbrabraune Haut,
black soap,
eine Stimme wie Samt. Hat Benson eine Schwäche für sie, fragt sie sich? Ja, wahrscheinlich schon. Darüber muss sie ebenfalls lachen. Und nimmt noch einen tiefen Zug.
    Mustafah steht auf der Leiter und hängt die Lichterketten auf. Fola ist eingefallen, dass sie die ja noch hat, und da hat sie Mustafah gebeten, es auszuprobieren. Mr Ghartey kaut Zuckerrohr und schaut ihm belustigt zu. Alle zucken zusammen, als es am Tor klingelt. Fola blickt auf. »Das ist bestimmt Benson«, verkündet sie (aber gleichzeitig fragt sie sich, warum er nicht einfach hupt). Mr Ghartey öffnet beide Tore, um den Wagen hereinzulassen. Ama steht nervös da, hinter ihr ein Taxi.
    »Madame«, sagt sie scheu, als sie Fola im Liegestuhl sitzen sieht.
    Fola rappelt sich hoch. »W-w-was für eine schöne Überraschung.« Sie überlegt kurz, ob sie ihre Zigarette verstecken soll, findet es dann aber überflüssig. Sie geht auf Ama zu, um sie zu begrüßen. »Ist alles okay?« Als sie von Kokrobité zurückgefahren sind, haben sie Ama nach Hause gebracht. Fola hat sie zum Essen eingeladen, aber Ama lehnte ab. Vielleicht hat sie es sich doch noch anders überlegt, denkt Fola und freut sich. Die Frau hat etwas an sich, dass man
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