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Die zweite Instanz

Die zweite Instanz

Titel: Die zweite Instanz
Autoren: Walter Schlegel
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Otter.
     
    Diese neue ,Fischart‘ und fleischliche Ausnahme von der Fastenregel führte dann im Laufe der Jahrhunderte dazu, dass der Biber (und damit ein Teil der eigentlich gerade von dieser Institution hochgehaltenen Schöpfung) fast ausgerottet wurde. Ein Hintertürchen gibt es also in fast jedem Recht, nicht immer ohne Folgen..
     
    ***
     
    Wenn Richter politisch werden
     
     
    Nach diesem Ausflug in die geistigen Gefilde wieder zurück auf den Boden der Realität, in diesem Fall einer Realität, in der ein Richter am Landgericht in seinem Urteil vollkommen ungeniert seine Verachtung über das bestehende politische System und den Einfluss der Politiker auf das Recht zum Ausdruck brachte. Überraschend deutlich, wie dieser Originalauszug zeigt:
     
    „ (...) Die entsprechende Rechtsprechung des BGH ist für das Gericht obsolet. Beim BGH handelt es sich um ein von Parteibuch-Richtern der gegenwärtigen Bonner Koalition dominierten Tendenzbetrieb, der als verlängerter Arm der Reichen und Mächtigen allzu oft deren Interessen zielfördernd in seine Erwägungen einstellt und dabei nicht davor zurückschreckt, Grundrechte zu mißachten, wie kassierende Rechtsprechung des BVerfG belegt. Die Rechtsprechung des 9. Senats des OLG Stuttgart ist der des BGH konform, ja noch "bankenfreundlicher" sie ist von der (wohl CDU-) Vorsitzenden des Senats bestimmt die der gesellschaftlichen Schicht der Optimaten angehört (Ehemann Arzt) und deren Rechtsansichten evident dem Muster "das gesellschaftliche Sein bestimmt das Rechtsbewußtsein" folgen. Solche RichterInnen haben für "kleine Leute" und deren, auch psychologische Lebenswirklichkeiten kein Verständnis, sie sind abgehoben, akademisch sozialblind, in ihrem rechtlichen Denken tendieren sie von vornherein darwinistisch. "Banken" gehören für sie zur Nomenklatura, ehrenwerte Institutionen, denen man nicht sittenwidriges Handeln zuordnen kann, ohne das bestehende Ordnungsgefüge zu tangieren. Und immer noch spukt in den Köpfen der Oberrichter das ursprüngliche BGH-Schema herum, daß nämlich die sog. Privatautonomie als Rechtsinstitut von Verfassungsrang die Anwendung des § 138 BGB auf Fälle vorliegender Art verbiete, obwohl doch § 138 BGB die Vertragsfreiheit verfassungskonform limitiert. (... ) “
     
    Über die Parteipräferenz des erkennenden Richters dieses Urteiles des Landgerichts Stuttgart, Aktenzeichen 21 O 519/95, muss man sicher nicht lange spekulieren...
     
    ***
     
    Aber bitte mit... Krawatte!
     
     
    Kleidervorschriften sind noch immer üblich vor Gericht, zumindest für Juristen. diese haben einen in der Regel schwarzen Talar zu tragen, der bis über die Knie reichen muss. wissen Sie woher diese Vorschrift kommt? Vom ,Alten Fritz‘, dem Preußenkönig, der die folgende Kabinettsorder am 15.12.1726 diktierte: „ Wir ordnen und befehlen hiermit allen Ernstes, dass die Advocati wollene schwarze Mäntel, welche bis unter das Knie gehen, unserer Verordnung gemäß zu tragen haben, damit man diese Spitzbuben schon von weitem erkennt . ". Eine sehr traditionelle Regel also, die man da heute noch anwendet. Nicht mehr ganz so traditionell ist, was unter dem Talar zu tragen ist. Auch wenn einige Richter damit nicht ganz so einverstanden zu sein scheinen, wie dieser Fall eindrucksvoll beweist:
     
    Ein wegen Schwarzarbeit angeklagter Handwerker musste sich für diese Verfehlung vor dem Amtsgericht verantworten. Es war nur ein sehr kleines Vergehen, aber dennoch beauftragte er einen Rechtsanwalt mit seiner Verteidigung. Als dieser Rechtsanwalt in das Gericht kam, um den Angeklagten in der folgenden Verhandlung zu verteidigen, fiel dem Amtsrichter auf, dass der Verteidiger keine Krawatte unter dem ordnungsgemäßen Talar trug. Ohne lange zu zögern schloss er den Rechtsanwalt daraufhin wegen der „Missachtung der Würde des Gerichts“ von der Verhandlung aus und vertagte diese Verhandlung, um dem Angeklagten Zeit zu geben, sich einen neuen Verteidiger zu suchen.
     
    Beim kurz darauf nachfolgenden Termin erschien dieser Angeklagte jetzt mit zwei Verteidigern als Anwälten. Beide trugen ebenfalls keine Krawatte (ob sie damit ihren Unmut über die erste Verhandlung zum Ausdruck bringen wollten?). Der Richter empfand dieses Auftreten ohne Schlips als Provokation und schloss diese beiden Anwälte mit der Begründung „ungebührlichen Verhaltens vor Gericht“ von der Verhandlung aus. Doch anstatt den Prozess erneut zu vertagen, eröffnete der Richter dieses Mal
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