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Die zweite Instanz

Die zweite Instanz

Titel: Die zweite Instanz
Autoren: Walter Schlegel
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hinter einer dieser Adressen eine Telefongesellschaft in München verbarg bzw. ein von ihr verwalteter Anschluss und Teilnehmer. Sie forderten diese Telefongesellschaft auf, die Daten über den entsprechenden Anschlussinhaber herauszugeben, sodass sie ihm eine Abmahnung schicken könnten. Doch die Telefongesellschaft weigerte sich. Ohne lange zu zögern und sich im Recht fühlend zogen die Anwälte mit ihrem Begehren vor das Landgericht in München. Immerhin lag ein klarer Urheberrechtsverstoß vor, der auch vom deutschen Recht geahndet wird.
     
    Obwohl bei der richtigen Kammer beim Gericht eingereicht, war es ein Pech für die Anwälte des Filmproduzenten, dass sich die Richter auf das Urheberrecht verstanden. Denn die Richter befanden, dass es dem Film, der hier illegal heruntergeladen worden war, „offensichtlich an einer persönlichen geistigen“ Schöpfung fehlte, da der Film nur aus „lediglich sexuellen Vorgängen in primitiver Weise“ bestand. Damit ist auch kein vom Urheberrecht abgedeckter schützenswerter Film oder kein schützenswertes Kunstwerk vorhanden. Die Anwälte verloren die Klage und der Nutzer, der sich den Film heruntergeladen hatte, blieb von der teuren Abmahnung verschont.
     
    Damit wurde also -gewollt oder ungewollt- richterlich entschieden, was allseits über derartige Filme bekannt ist.
     
    ***
     
     
    Auch ganz oben wird das Recht gebogen...
     
     
    Nicht nur Richter sind besonders kreativ in der Gesetzesauslegung, auch die katholische Kirche konnte sich in der Vergangenheit hin und wieder gekonnt verbiegen, wenn es darum ging, das eigene kirchliche Recht auszulegen. Besonders hervorzuheben ist dabei die sehr kreative Erschaffung neuer Tierarten. Wie weithin bekannt sein dürfte hat die Kirche regelmäßig vor Ostern ihre Fastenzeit. Eine Zeit, in der verzichtet werden soll, um wieder das Bewusstsein für die Dinge zu bekommen, die man regelmäßig zu sich nimmt. Erst wenn man etwas verliert merkt man, was man eigentlich daran hatte - In der Fastenzeit sollte dies die Achtung vor der Nahrung und der Schöpfung sein. Deshalb war es Jahrhunderte lang der Verzicht auf Fleisch, der die Fastenzeit geprägt hat. Fisch war zulässig, ebenso wie Wasser und auch Bier, welches teilweise Mönche unter den Gläubigen verteilten. Doch diesen Verzicht auf das lieb gewordene Fleisch wollte nicht jeder mitmachen, erst Recht nicht, wenn er selbst gehobene Positionen in der Kirche inne hatte. Wie jedoch diese strenge Grundregel der Verzichtes umgehen, ohne dabei gegen die eigenen Statuten zu verstoßen und damit den Mitbrüdern und Schwestern vorzuführen, dass die Regel gar nicht so göttlich ist, wie es immer gepredigt wurde?
     
    Im Stillen wurde mit Sicherheit nicht wenig gegen die Regel verstoßen, zumindest bei denjenigen, die es sich leisten konnten. Denn nicht zu vergessen ist das zeitliche Umfeld, in der die Kirche auf die strenge Einhaltung ihrer Regeln pochte. Beschlossen wurde das Verbot vom Verzehr von Tieren während der Fastenzeit von Papst Gregor I. im Jahre 590. Eine Zeit, in der die Kirche ihre Vormachtstellung gerade begann europaweit auszuweiten. Im Laufe der Jahrhunderte wurden die Regeln streng befolgt, doch als sich im Mittelalter erste große Städte bildeten und die Kirche nicht nur Anhänger, sondern auch den eigenen Wohlstand häufte, hatten viele Kirchenbrüder nicht mehr das Bedürfnis nach Verzicht. Warum auch? Es war eine Zeit, in der die Kirche die Mittel hatte, dass, was sie benötigte, auch zu bekommen. Aber hunderte Jahre lang predigen, dass die Fastenzeit nicht gebrochen werden darf und dann von einem auf den anderen Tag damit aufhören und Ausnahmen zulassen, weil der Appetit nach Fleisch zunimmt und man nicht darauf verzichten möchte? Das wäre den Gläubigen nur schwer vermittelbar gewesen und als wankelmütig durfte die Kirche keineswegs erscheinen.
     
    Doch die Lösung ersannen die strengen Kirchenfürsten mit besonderer Kreativität:  Man erfand einfach neue „Fische“ für die Fastenzeit. So wurde auf dem Konstanzer Konzil, eine Versammlung, die sich mit der Auslegung von Kirchenregeln befasste und das von 1414 bis 1418 tagte, beschlossen, dass fortan auch der Biber als Fisch zähle, der Verzehr seines Fleisches während der Fastenzeit also nicht gegen die strengen Fastenregeln verstoße. Immerhin habe der Biber einen großen Teil seines Lebensraumes im Wasser, dürfe daher getrost als Fisch angesehen werden. Gleiches galt auch für Dachs und
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