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Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Titel: Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer
Autoren: Ralf Isau
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drehte sich blitzschnell auf den Rücken. Der Balken verfehlte um Haaresbreite ihren Kopf.
    Hiernach kehrte Stille ein.
    Sie schloss die Augen. Was für ein Albtraum! Bitte, Gao, lass mich aufwachen! Ihr Stoßgebet blieb unerhört, denn sie war längst wach. Als sie die Lider wieder hob, blickte sie geradewegs in Aris Gesicht. Er wirkte besorgt.
    »Hast du dir wehgetan, Mama?«
    Shúria stemmte sich auf die Ellenbogen hoch und zwang sich zu einem Lächeln. »Mir geht es gut, kleiner Löwe. Und unsere Siebensachen haben wir jetzt auch zusammen.«
    Ihr Versuch, Zuversicht zu verströmen, fruchtete indes nur zum Teil. Ari zog zwar den Mund in die Breite, sah dabei aber alles andere als fröhlich aus. Eher kam es ihr so vor, als wolle das tapfere Bürschlein ihr Mut machen.
    Sie nahm ihn in die Arme. Dankbar legte er seine Wange an ihre Brust.
    »Dein Herz schlägt ganz laut, Mama. Hast du Angst, dass Papa uns nicht findet?«
    Sie schluckte. »Nein, kleiner Jäger. Ich bin nur ein wenig … außer Atem. Dein Vater spricht nicht gern darüber, doch wenn früher einmal Not am Mann war, dann hat man ihn gerufen. Er bezwang Feuermenschen und meisterte Gefahren, von denen andere nicht einmal freiwillig in einem Buch lesen würden, aus Angst, ihnen könnte das Herz stehen bleiben. Wir zwei dürfen die Hoffnung niemals aufgeben, hörst du? Er wird uns finden.« Shúria strich ihrem Sohn sanft durchs Haar. Ihr Blick wanderte zum Zentrum der Aura hinüber, auf das ihre winzige Scholle zutrieb. Es war finster und bedrohlich.

3. Der geflügelte Schatten
    T aramis wankte am Abgrund. Noch einen Schritt … und er würde über die gezackte Bruchkante hinweg ins Ätherische Meer stürzen – sofern er die Kraft aufbrächte, die irisierende Lufthülle zu durchstoßen.
    In Wahrheit konnte er sich ja kaum auf den Beinen halten. Seine Fußgelenke brannten wie Feuer. Er war verzweifelt. Erst hatte er Shúria und Ari aus den Augen verloren, und nun war auch ihre Scholle verschwunden, weil die Sphäre von Barnea sich himmelblau färbte. Die Sonne erstrahlte zwar über einem neuen Tag – doch ihm kam es vor wie der Beginn einer ewigen Nacht.
    Er sammelte seinen Willen, um die Fährte sichtbar zu machen, die alles und jeder in der Aura von Berith hinterließ. Mit seiner Gabe konnte er diese Verwerfungen im Gefüge aus Raum und Zeit aufglühen lassen. Und tatsächlich erstrahlte für einen Augenblick im himmlischen Blau ein gelber Funkenschweif, gerade lange genug, um seine Richtung zu bestimmen.
    Shúrias Scholle trieb direkt auf die Mitte des Weltenozeans zu.
    Keuchend sank Taramis auf die Knie. Sein Körper mochte ausdauernd sein, die Seele aber war es nicht. Hätte er doch nur mehr seinen Geist geübt! Er schloss die Augen und ließ den Kopf hängen, weil er so erschöpft und entmutigt war. Die Fährte würde rasch schwächer werden und sich wohl längst verflüchtigt haben, bis er ein Schwalltier fand, mit dem er die Verfolgung aufnehmen konnte. Im Stillen verfluchte er Bochim, den Sohn Gaals. Der Seelenfresser hatte vor zwölf Jahren nicht nur seine Verlobte und seine Mutter ermordet, er hatte ihm auch seinen treuen Freund Allon genommen. Mit einem Mamogh wie ihm wäre die Rettung von Shúria und Ari ein Kinderspiel.
    Trotzig schüttelte Taramis den Kopf. Seine Lage mochte zwar schwierig sein, aber sie war nicht hoffnungslos. Hatte er nicht schon wesentlich verzweifeltere Situationen gemeistert? Einen Schritt nach dem anderen, rief er sich eine Lebensregel seines Lehrmeisters Marnas in den Sinn. Zunächst musste er schnellstens eine Transportmöglichkeit finden, um überhaupt mit der Suche nach Shúria und Ari beginnen zu können. Alles Weitere würde sich zeigen. Er öffnete die Augen.
    Und stutzte.
    Am Boden, direkt vor seinen Knien, leuchtete etwas im Sand.
    Er hob es auf und befreite es vom Schmutz. Es war eine Schuppe, groß wie ein Daumennagel. Die Rückseite schillerte wie Perlmutt, die vordere changierte orange. Ein Schauer lief ihm über den Rücken und seine Nackenhaare sträubten sich. Nicht zum ersten Mal hielt er solch ein Ding in der Hand. Auf der Nebelinsel Zeridia hatte er vor zwölf Jahren gleich zwei davon gefunden. Sie stammten von dem Phantom, das zu jagen er ausgezogen war. Von Gulloth, einem dagonisischen Krieger, der ihn, den Tempelwächter, von der Heiligen Insel Jâr’en hatte weglocken sollen.
    Aber wie war das möglich? Taramis hatte doch mithilfe Mobulas die Insel der Verdammten zerstört. Ohne die
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