Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeitfalte

Die Zeitfalte

Titel: Die Zeitfalte
Autoren: Madeleine L'Engle
Vom Netzwerk:
völlig reglos da. Sie unternahm nicht die geringste Anstrengung, Frau Wasdenn nachzueilen.
    Fortinbras kam durch die offene Tür hereingeschossen. Er keuchte, sein Fell war klitschnaß und glänzte; er sah aus wie ein Seehund. Winselnd blickte er zu Frau Murry auf.
    Die Tür fiel zu.
    »Mutter!« rief Meg erschrocken. »Was ist los? Was hat sie denn gesagt?«
    »Die Tesserung … « flüsterte Frau Murry tonlos. »Was wollte sie damit sagen? Woher weiß sie eigentlich, daß … daß … ? Woher mag sie es bloß wissen?«

Frau Diedas
    A ls Meg vom Rasseln des Weckers geweckt wurde, blies draußen immer noch der Wind, aber die Sonne schien; der Sturm hatte sich ausgetobt. Meg setzte sich im Bett auf und schüttelte den Kopf, um ihre Gedanken klarzubekommen.
    Sie hatte offenbar geträumt. Sie hatte sich vor dem Sturm gefürchtet; auch vor dem Landstreicher; und so war sie im Traum in die Küche hinuntergegangen. Dort begegnete sie dieser seltsamen Frau Wasdenn; und dann erschrak Mutter plötzlich ganz furchtbar über ein bestimmtes Wort, und zwar über – wie war das? Tess … Nein, Tesserei – oder so ähnlich …
    Meg zog sich rasch an. Dann setzte sie das Kätzchen, das immer noch zusammengerollt auf dem Bett schlummerte, unbarmherzig auf den Fußboden. Das Kätzchen gähnte, streckte sich, miaute vorwurfsvoll, trollte sich aus der Dachkammer und tapste die Treppe hinunter. Meg machte das Bett und beeilte sich, der Katze zu folgen.
    In der Küche stand Mutter am Herd; die Zwillinge saßen bereits bei Tisch. Das Kätzchen schlabberte aus einer Untertasse seine Milch.
    »Wo ist Charles?« fragte Meg.
    »Er schläft noch. Kein Wunder, wenn man mitten in der Nacht gestört wird. Oder hast du das schon wieder vergessen?«
    »Nein. Aber gehofft, es sei nur ein Traum gewesen«, erwiderte Meg.
    Mutter wendete vorsichtig die vier Brotscheiben, damit sie auch auf der anderen Seite geröstet wurden.
    »Nein, Meg«, sagte sie sanft, aber bestimmt. »Laß dich nicht täuschen; es war kein Traum. Mir ist das Ganze ebenso unbegreiflich wie dir; aber wir dürfen nicht vergessen, daß Ereignisse sich selten danach richten, ob wir sie verstehen oder nicht. Es tut mir leid, daß ich zuletzt ein wenig aus der Fassung geriet. Vater und ich, wir haben nämlich oft im Scherz darüber gestritten, ob es wirklich eine Tesserung gibt.«
    »Was ist das, eine Tesserung?« wollte Meg wissen.
    »Eine wissenschaftliche Hypothese.« Frau Murry reichte den Zwillingen den Sirup. »Ich werde später versuchen, sie dir zu erklären, wenn du von der Schule kommst; jetzt reicht die Zeit nicht mehr.«
    »Warum habt ihr uns eigentlich nicht geweckt?« maulte Dennys. »Wir hätten auch gern unseren Spaß gehabt.«
    »Dafür werdet ihr heute in der Schule nicht so verschlafen sein wie ich.« Meg setzte sich mit ihrem Toast an den Tisch.
    »Als ob es darauf ankäme«, meinte Sandy ungerührt. »Aber wenn du schon mitten in der Nacht Fremde ins Haus läßt, Mutter, sollten wir zu deinem Schutz dabei sein.«
    »Vater würde das jedenfalls von uns erwarten!« bekräftigte Dennys.
    »Wir wissen, daß du zwar ungeheuer gebildet bist, Mutter«, sagte Sandys, »aber manchmal kommt es eher auf den gesunden Menschenverstand an. Und der fehlt dir ebenso wie Meg und Charles.«
    »Klar. Wir sind die reinsten Idioten«, bemerkte Meg bitter.
    »Sei doch nicht so affig, Meg. Den Sirup, bitte.« Sandy langte über den Tisch. »Du darfst nicht gleich alles so persönlich nehmen. Wozu gibt es schließlich den goldenen Mittelweg, zum Teufel nochmal. Die goldene Mitte, Meg, die goldene Mitte – die fehlt dir! Sei ehrlich: Deshalb bringst du es ja auch in der Schule nicht weiter. Da trödelst du doch tatsächlich nur herum, gaffst zum Fenster hinaus und träumst.«
    »Du machst dir mit deiner Art wirklich das Leben schwer!« sagte Dennys. »Und wenn Charles Wallace nächstes Jahr in die Schule kommt, wird es ihm auch nicht besser gehen. Was nützt es, daß wir wissen, wie gescheit er ist, wenn er sich vor den anderen so unmöglich aufführt? Ist es da ein Wunder, daß sie ihn für einen Dummkopf halten? Ich kann mir schon vorstellen, was uns bevorsteht. Sandy und ich werden zwar jeden verhauen, der Charles aufzieht, aber das ist auch schon alles, was wir für ihn tun können.«
    »Schluß jetzt!« sagte Frau Murry. »Darüber, was nächstes Jahr sein wird, brauchen wir uns nicht jetzt schon den Kopf zerbrechen. – Möchte noch jemand Toast?«
    In der Schule war Meg
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher