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Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)

Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)

Titel: Die zehn besten Tage meines Lebens: Roman (German Edition)
Autoren: Adena Halpern
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lache, und auch sie schmunzelt.
    »Und ich habe mich mit Alice Oppenheim angefreundet. Sie ist toll, Mom. Wir waren schon zusammen shoppen. Und weißt du was? Im Himmel bekommt man die tollsten Designerklamotten, und Schuhe, die nicht drücken, und sogar die hochhackigsten Pumps sind so bequem wie Turnschuhe.«
    »Unglaublich!« Sie lacht. »Behauptet Alice immer noch, ich hätte ihre Petticoats gestohlen? Du weißt, das ist nicht wahr. Ich schwöre, ich habe ihr einen dagelassen.«
    »Keine Sorge, Mom, ich habe dich verteidigt, und von Alice soll ich dich ganz herzlich grüßen.« Ich werde allmählich selbst ganz aufgeregt. »Und noch etwas …«
    »Was, Schätzchen?« Sie lächelt im Schlaf. Ihr Gesicht strahlt förmlich.
    »Ich habe einen Freund! Er sieht umwerfend aus und ist wahnsinnig nett. Ich habe endlich den Mann meiner Träume kennengelernt!«
    »Jetzt weiß ich, dass du im Himmel bist«, sagt sie und lacht. »Ist er Jude?«
    »Darüber haben wir ehrlich gesagt noch gar nicht geredet.«
    »Nun, solange er dich anständig behandelt …«
    »Das tut er, Mom. Er ist wunderbar. Ich bin glücklich. Es gibt tatsächlich ein Leben nach dem Tod, und weißt du, warum?«
    »Warum denn, Schätzchen?«
    »Weil die Liebe, die man für die Menschen unten auf der Erde empfunden hat, hier oben unverändert fortdauert.«
    »Und du hast auch bestimmt keinerlei Schmerzen oder Beschwerden, Alex?«
    »Nein, Mom, es geht mir blendend, sogar noch besser als auf der Erde. Im Himmel hat man keine Orangenhaut, und man kann meilenweit laufen!«
    »Keine Orangenhaut?«, stößt sie hervor. »Dann musst du ja wirklich glücklich sein.«
    »Bin ich auch. Und Grandmom und Grandpop und Onkel Morris und Alice sind es auch. Es geht mir gut. Bitte, mach dir meinetwegen keine Sorgen mehr.«
    Sie beginnt wieder zu weinen. Ich umarme sie und bette dann ihren Oberkörper vorsichtig wieder auf das Kissen.
    »Alex, ich muss dir noch etwas sagen«, flüstert sie.
    »Ja, Mom?«
    »Ich habe mir immer gewünscht, ich wäre ein bisschen mehr wie du.«
    »Und ich habe mir gewünscht, ich wäre ein bisschen mehr wie du.« Ich küsse sie auf die Wange, und sie schläft friedlich weiter.
    Ich sehe zu meinem Vater hinüber, der ebenfalls schläft, doch seine Tränen verraten mir, dass er jedes Wort gehört hat. Ich gehe zu seiner Seite des Bettes und setze mich neben ihn.
    »Dad«, sage ich. »Ich habe im Himmel eine Weile ganz schön mit meinem Gewissen gerungen. Wenn ich in meinem Leben etwas bereue, dann die Art und Weise, wie ich dich behandelt habe.«
    »Nein«, schluchzt er. »Es gibt nichts, was du bereuen müsstest.«
    »Oh, doch, Dad«, schniefe ich. »Ich bereue, was ich getan habe. Ich habe dich enttäuscht. Ich war ein verdammter Sturschädel.«
    »Du bist meine Tochter.« Er seufzt. »Der Apfel fällt eben nicht weit vom Stamm. Aber ich wusste, es würde irgendwann besser werden. Ich wusste, dass du mir eines Tages Grund genug liefern würdest, stolz auf dich zu sein.«
    Jetzt kommen mir erst recht die Tränen. »Wie konntest du da so sicher sein?«
    »Ich konnte bereits die ersten Anzeichen erkennen. Du hattest angefangen, dir deine Beharrlichkeit zunutze zu machen. Schätzchen, ich habe dich immer geliebt …«
    »Ich dich auch …«
    »Du hast völlig unnötig an dir gezweifelt. Du warst ein unglaublich willensstarker Mensch, genau wie ich.«
    Spätestens jetzt bin ich endgültig überzeugt, dass ich mein Leben nicht vergeudet habe. Es stimmt, ich bin genau wie mein Vater. Über kurz oder lang hätte ich auf jeden Fall etwas aus mir gemacht. Alles andere hätte ich mir selbst nicht gestattet. Der Apfel fällt tatsächlich nicht weit vom Stamm.
    »Doch so sehr du mich auch geliebt hast, eines konntest du mir nicht abnehmen. Meinen Lebensweg musste ich ganz allein finden«, sage ich unter Tränen.
    »Das ist für alle Eltern die schwerste Prüfung.« Wieder seufzt er. »Man will es seinem Nachwuchs unwillkürlich so leicht wie möglich machen.«
    »Ich weiß, Dad, aber das Wichtigste ist doch, dass wir nie aufgehört haben, einander zu lieben.«
    »Danke, Alex. Danke, dass du gekommen bist, um mir das zu sagen.«
    »Ich liebe dich aus ganzem Herzen, Daddy.« Ich trockne erst seine Tränen und dann meine.
    »Werde ich dich wiedersehen?«
    »Ich bin für dich da, wann immer du mich brauchst.«
    Mit diesen Worten trete ich ein paar Schritte zurück und betrachte meine friedlich schlummernden Eltern; die beiden Menschen, die ich mehr geliebt habe
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