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Die Zauberquelle

Titel: Die Zauberquelle
Autoren: Judith Merkle-Riley
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Mann ist ein Schwachkopf!« brüllte er. »Ei, Ihr seid doch ein Schatz! Diese Gaben! Diese Eleganz! Wenn er auch nur einen Mucks macht, fordere ich ihn zum Einzelkampf heraus, so wahr ich hier stehe!«
    Und dann geschah etwas Erstaunliches. Madame errötete. Sie errötete bis zu den Haarwurzeln. Ihr Lächeln war echt, und in ihren Augen stand höchste Bewunderung zu lesen. Diesen Blick sollte Sir Hubert bis zu seinem letzten Stündlein nicht mehr vergessen. Das Herz ging ihm dabei auf, und er war überzeugt, daß kein Edelmann in ganz England – nein, in der ganzen Christenheit – glücklicher war als er in diesem Augenblick.
    »Monseigneur«, sagte Madame, »Ihr seid mein einziger, mein wahrer Ritter.«

    »Da hast du's, Gilbert«, sagte Sir Hubert, als er nach dem großen Ereignis kam, um sich mit seinem Sohn zu beraten. »Du hast dich getäuscht! Ich brauchte sie nur zweimal zu bitten!«
    Margaret hatte sich im Bett aufgesetzt und spielte mit Peregrine, als Gilbert ihr die Nachricht brachte. »Oh, du liebe Zeit«, sagte sie, »das heißt vermutlich, wir müssen bis zur Hochzeit bleiben. Laß sehen: das Aufgebot aushängen – mindestens zwei Wochen…« Sie begann, an den Fingern abzuzählen. »Und, Gilbert, – sei nicht überrascht, wenn dein Vater dich um Geld für Madames Brautkleid bittet.«
    »Ihr Kleid?« Gilbert stutzte.
    »Natürlich. Sie hat keins, und dieses eine Mal wird er sich nicht lumpen lassen und sie nicht mit einem aus der Truhe abspeisen. Gewiß will er Eindruck schinden.«
    »Ach, Margaret, es ist wohl nur gerecht, wenn die Burgunder für die Hochzeit zahlen. Vielleicht gefällt ja dem Herzog, wenn er zurückkommt, das Manuskript, und er gleicht den Verlust aus.«
    »Gilbert, es ist, glaube ich, ohnedies schon alles ausgeglichen. Gelobt sei Gott, der alles so wunderbar ordnet.«
    »Ja, Margaret, ja«, sagte Gilbert und küßte erst seine Frau sehr zärtlich und dann seinen kleinen Sohn, der ihn in die Nase kniff und darauf bestand, hochgehoben und huckepack getragen zu werden.

Kapitel 27
    I ch werde nie wissen, was geschah, nachdem ich in den Weiher gegangen war. Ich wachte in dem häßlichen Söller in der Burg meines Schwiegervaters wieder auf, und da umschnüffelten sämtliche Hunde das Bett, und in den Ecken piepsten die Mäuse. Mein Gregory hielt meine Hand in seinen beiden Pranken, und neben mir lag mit leichenblassem Gesichtchen und völlig zerzausten, nassen braunen Locken mein kleiner Junge, den ich unter so viel Mühe und Schmerzen in einem Körbchen aus Frankreich heimgebracht hatte.
    »Schieb ihn näher heran«, sagte ich, »ich muß spüren, wie er atmet.« Auf meinen Füßen lag etwas Rundes, Warmes und Schweres, mein alter Hund, der schniefte und schnarchte, und sein Fell war blutverkrustet. »Was ist mit Lion?« fragte ich.
    »Er hat versucht, die Kinderfrau zu wecken, als Petronilla den Kleinen geraubt hat, darauf hat er sie ins Bein gebissen, und sie hat ihn getreten. Aber er scheint durchzukommen«, sagte Gregory. »Ich habe mich selbst um ihn gekümmert. Und ich habe meine Meinung über ihn geändert. Ich muß schon sagen, für einen Hund, der so albern aussieht, ist er kühn wie ein Ritter.« Bei dem Lob klappte Lion ein Auge auf und klopfte lässig mit dem Schwanz auf die Bettdecke.
    »Lady Petronilla«, sagte ich, »laß sie nicht herein. Versprich mir, daß du sie hier nicht hereinläßt.« Auf einmal war ich erregt und ängstlich. »Sie haßt mich, es gibt nichts, was sie mir nicht antun würde.«
    »Sie wird nirgendwo mehr eingelassen, es sei denn durch die Pforten der Hölle. Sie hat sich das Leben genommen.«
    »Selbstmord? Sie? Die doch nicht«, sagte ich.
    »Darauf hat Vater bei der gerichtlichen Untersuchung einen Eid abgelegt.«
    »Dann war er es, Gregory. Er wollte ja auch die unerwünschten Welpen ertränken.«
    »Psst, Margaret. Was er sagt, gilt. Aber eines steht fest, noch nie hat ihn etwas so mitgenommen. Er ist richtiggehend hohläugig geworden. Zum erstenmal plagt ihn ein schlechtes Gewissen.«
    »Ich finde ihn noch immer nicht hohläugig genug. Er hat unser ungeborenes Kind auf dem Gewissen, ohne daß er auch nur einen Gedanken daran verschwendet.«
    »Das war nicht seine Schuld, Margaret, es ist meine Schuld, alles ist meine Schuld, weil ich nicht auf dich gehört und dich gleich fortgebracht habe, als du mich darum gebeten hast.«
    »Immer mußt du ausbaden, was dein Vater verbockt. Und jetzt willst du auch noch die Schuld auf dich nehmen. Aber
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