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Die Zauberquelle

Titel: Die Zauberquelle
Autoren: Judith Merkle-Riley
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nachdenklichem Ton.
    »Zugeständnisse! Das ist ja schlimmer als Verhandlungen mit den Franzosen!« Die kleinen Mädchen blickten sich an, und Cecily nickte vielsagend. »Gilbert«, sagte der alte Mann plötzlich verzweifelt, »welche Zugeständnisse sollte ich ihr deiner Meinung nach machen?«
    »Bietet ihr, was einer Frau gefällt, nicht die Dinge, die Ihr haben wollt.«
    »Ich hatte gerade an eine neue Satteldecke und einen Falken für sie gedacht«, sagte Sir Hubert.
    »Genau das meine ich«, antwortete Gilbert. »Laßt Euch das noch einmal durch den Kopf gehen.«
    »Frauen! Was wollen Frauen haben? Kleider, Flittertand, nutzlose Geschenke für Priester, Minnesänger und Tanzereien, alles eine Zeit- und Geldverschwendung!«
    »Falls Ihr es so darstellt, Vater, könnt Ihr Euch die Mühe sparen. Dann wandelt Ihr bis zum Sankt Nimmerleinstag auf Freiersfüßen.«
    »Aber was soll ich sagen, was soll ich sagen?«
    »Ihr müßt es schon mit Euren eigenen Worten sagen, Vater. Überlegt Euch alles noch einmal gut, sonst steht Eure Sache schlecht.«

    Die nächsten Tage boten Sir Hubert reichlich Zeit zum Nachdenken. Zeit auf dem Hinritt zur gerichtlichen Untersuchung von Lady Petronillas Selbstmord und auf dem Weg wieder nach Hause. Was wollten Frauen haben? Was wollten Frauen bloß haben? Wie sage ich es, ohne daß daraus eine Beleidigung wird? O Gott, ich bin doch kein parfümierter Geck mit gespaltener Zunge. Warum weiß sie das nicht zu schätzen? Die gerichtliche Untersuchung fand lediglich anstandshalber statt. Sir Hugo bezeugte, daß seine Frau oft gedroht habe, sich das Leben zu nehmen, und gesagt habe, der Tod sei besser als mit ihm verheiratet zu sein. Und nachdem man sie von all den Teufeln befreit hatte, wenn auch nur unvollkommen, sei sie oft niedergeschlagen gewesen, habe gesagt, es wäre besser, sie würde sich vom Bergfried stürzen. Sir Hubert legte dar, wie er sie eingeholt und ihr Vorhaltungen gemacht habe, weil sie den Jungen in den Weiher geworfen hatte, und wie sie gesagt habe, er bringe sie nicht vor Gericht, und sich erdolcht habe, und der Richter, der die Burg verlassen hatte, nachdem der Verlobungsvertrag unterzeichnet, gesiegelt und ehern abgesichert war, kehrte zurück und sagte aus, daß er den blutigen Dolch der Lady mit eigenen Augen gesehen habe. Und wer wollte das Zeugnis so bedeutender Männer anzweifeln? Ich muß einen Wanderpriester auftreiben und ihm alles beichten, dachte Sir Hubert, als er begleitet von Hugo heimritt – vorzugsweise einen Franziskaner, der kein Englisch kann. Ich möchte nicht, daß ein solches Geheimnis in der Grafschaft die Runde macht. Dann wandte er sich an Hugo, der sich einen neuen Hut mit ganz schmaler Krempe nach der neuesten Mode zugelegt hatte und dazu ein elegantes schwarzes Samtwams trug, das er sich aus den Kleidern seiner Seligen hatte schneidern lassen und mit dem er jeder Frau ins Auge zu stechen hoffte, die sich unter Umständen bei der Gerichtsverhandlung einstellte.
    »Hugo, was wollen Frauen haben?« fragte Sir Hubert. Brokesford lag noch in weiter Ferne. An den herbstlichen Bäumen vertrockneten und verschrumpelten die ersten Blätter, und ein Hauch von Frost lag in der Morgenluft. Der Sommer, der verschwenderische Sommer, neigte sich dem Ende zu. So langsam fand es der alte Mann unangenehm, wenn ihm seine Knochen sagten, daß der Winter vor der Tür stand. Wie wird das Haus kalt und leer sein, dachte er. Der kleine Junge wird wieder fort sein, und auch die geschäftige Margaret, die ihre Nase immer in alles steckt, und sogar Gilbert, der sich gar nicht so schlecht zurechtwächst, obwohl er lange dazu gebraucht hat.
    »Ei, Frauen wollen einen Mann haben, der ihnen in einer Nacht fünfmal oder mehr seine Leidenschaft beweist, so wie ich«, sagte Hugo. »Sie sind einfach heißhungrig. Man muß sie dauernd befriedigen, sonst steigen ihnen die Lebenssäfte zu Kopf und rauben ihnen den Verstand. Ich habe lange darüber nachgedacht. Da man von Männern nicht verlangen kann, daß sie sich mit einer Frau begnügen, ist es unmöglich, eine Frau im Ehebett zu befriedigen, da ein Mann seine Gunst teilen muß, während sich die Frau nur für ihren Ehemann bereitzuhalten hat. Daher sollte ein Mann lieber nicht heiraten, es sei denn wegen der anregenden Vielfalt gleich mehrere Frauen, wie der Großtürke.«
    »Hugo, diese Säfte sind auch dir zu Kopf gestiegen. Christliche Männer müssen sich mit einer Ehefrau begnügen. Zumindest mit einer zur
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