Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Zauberquelle

Titel: Die Zauberquelle
Autoren: Judith Merkle-Riley
Vom Netzwerk:
nicht mit mir! Das war er, nicht du, mit dem ganzen Hickhack um Schenkungsurkunden und Geld und – und uralte Trinkhörner. Und er hat die Heirat meines süßen Schätzchens zu seinem eigenen Vorteil verkauft und sie hinter meinem Rücken auch noch dazu überredet. Sie ist solch ein Dummerchen und hat zugestimmt, weil sie glaubt, daß Bruder Malachi sie vor der Hochzeitsnacht in einen Jungen verwandeln wird. An diesem ganzen Unbill ist nur dein Vater schuld, an jedem bißchen. Wo er hintritt, wächst kein Gras mehr.«
    »Aber er konnte doch nicht anders, als…«
    »Und ob. Wenn er besser wirtschaften würde und nicht so verschwendungssüchtig wäre, das alles wäre nicht passiert.«
    »Aber Margaret, es gibt nichts zu wirtschaften. Wenn alle Abzüge bezahlt sind, bringt ihm sein Besitz keinen roten Heller…«
    »Könnte er aber, wenn er Einsicht zeigte. Madame sagt, wenn er statt Pferden Schafe züchten würde, brächten die etwas ein, anstatt alles aufzufressen.«
    »Schafe? Lachhaft. Ritter züchten keine Schafe.«
    »Und warum nicht? Ritter verkaufen Fisch, Ritter führen Wein ein. Warum sollten Ritter nicht auch Schafe züchten? Immer noch besser, als zum Überleben den Franzosen das Fell abzuziehen. Und bei dir borgen müßte er dann auch nicht mehr.«
    »O Margaret, Margaret, ich will nicht mit dir streiten, auch wenn du davon rote Backen bekommst. Lieber schmort Vater tausend Jahre länger im Fegefeuer, als daß er praktisch denkt, auch wenn du, zugegebenermaßen, theoretisch recht hast.«
    »Theoretisch reicht nicht, mein liebster Gregory. Wie können wir Cecily aus dieser Verlobung freibekommen? Diesen intriganten, geldgierigen Richter möchte ich nicht gern in meiner Familie haben. Außerdem hat sein Junge kein Rückgrat und ist genauso ehrgeizig wie sein Vater. Cecily braucht einen rücksichtsvolleren Mann, einen, der sie besser zu schätzen weiß, jemanden aus einer netten Familie – wie Walter Wengrave.«
    »Wir müssen abwarten. Sieben Jahre sind eine lange Zeit, und der Junge ist älter als sie. Vielleicht findet er ein anderes Mädchen und löst die Verlobung von sich aus. Unterdessen möchte ich, daß du nett zu dem Richter bist, er hat nämlich versprochen, den gräßlichen alten Mönch aus Vaters Bett herauszuholen und ihn, wenn er aufbricht, bei den Mönchen in Wymondley abzuliefern. Der alte Kerl trinkt den ganzen Apfelwein aus, liegt nur im Turmzimmer herum und singt in einer Sprache, die kein Mensch versteht…«
    »Madame hat sich geirrt. Dein Vater sollte doch keine Schafe züchten. Er sollte diese Burg in ein Irrenhaus umwandeln – der Anfang ist bereits gemacht.«
    »Margaret! Das ist ungehörig!«
    »Nicht so ungehörig wie dein gräßlicher alter Vater. Wir müssen etwas unternehmen.«
    »Komm, komm, Margaret, wir schaffen das schon«, sagte mein Herr Gemahl, tätschelte mir die Hand und befühlte mir die Stirn, als ob ich im Fieber redete und für meine Worte nicht verantwortlich gemacht werden könnte.
    In dieser Nacht fieberte ich tatsächlich, und während ich schwitzte und mich in dem dumpfen, feuchten Bett wälzte, träumte mir gar sonderbar. Ich war wieder am Teich und suchte zwischen den Säulen des seltsamen alten Eibentempels nach etwas, was ich verloren hatte, doch mir wollte nicht einfallen, was. Ein Fingerhut etwa? Die kleine Silberschnalle von meinem besten Gürtel? Jedenfalls war es mir sehr wichtig, und ich hatte mich auf die Erde gekniet, tastete völlig ratlos, fand aber nichts. Und als ich so herumsuchte, sah ich zwei wäßrige, vor und zurück ebbende grüne Füße. Ich blickte hoch, und was ich da sah, überraschte mich so sehr, daß ich mich auf die Hacken hockte. Eine Frau, eine vollkommen grüne und moosige Frau, die in ein nasses Gewand voller grüner Teichschlieren gekleidet war. Ihr Haar war dunkel und dämmrig wie Wasserpflanzen in der Tiefe. Ihre Augen lagen tief in den Höhlen, so daß Fische hinein- und hinausschwimmen konnten, und sie selbst strömte und strudelte wie die Gezeiten. Ein kleines Mädchen mit hoher weißer Stirn und dunklem Lockenhaar klammerte sich hinten an ihren Rockzipfel. Es hatte mein spitzes Kinn und die ernsten, klugen braunen Augen meines Gregory.
    »Du brauchst nicht weiter zu suchen«, sagte die Wasserfrau. »Ich habe sie behalten.« Und da wußte ich, daß ich nicht nach einem verlorenen Knopf oder einer Schnalle oder einem Ring, sondern nach meiner Herzensfreude gesucht hatte, die kein Menschenarm je halten würde. »Das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher