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Die Witwe

Die Witwe

Titel: Die Witwe
Autoren: Carter Brown
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ich. »Ich bemerkte, daß er seine Hände
zu Fäusten geballt hatte, aber es war für mich ohne Bedeutung. Wahrscheinlich
trug er zwei dieser kleinen Rauchbomben, die man für fünfzig Cent in jedem
Zauberladen kaufen kann. Man wirft sie auf den Boden, die Kapsel zerbricht und
Rauch steigt auf. Er stand mit hocherhobenen Armen da, und kurz bevor der Rauch
entstand, ließ er sie plötzlich seitlich herabfallen.«
    »Was geschah, nachdem er im
Altar verschwunden war?«
    »Er blieb einfach dort, bis
alle Leute weg waren. Alle Dinge, die er brauchte, hatte er vorher im Altar
untergebracht. Kleidung, eine Uhr, eine Taschenlampe. Mit Hilfe der Uhr konnte
er feststellen, wann es dunkel geworden sein mußte. Das einzige Risiko für ihn
bestand darin, daß jemand sich in der Nähe des Altars aufhalten könnte, wenn er
hinauskletterte. Aber das war nicht wahrscheinlich. Das Risiko war gering. Für
den Propheten hat es sich jedenfalls bezahlt gemacht.«
    »Und einen Teil seiner Zeit hat
er darauf verwendet, dir zu schreiben«, sagte Candy. »Ich finde das nett von
ihm.«
    »Erinnere mich daran, daß ich
es Sheriff Lavers erzähle. Seine Magengeschwüre werden rebellisch werden.«
    Zehn Minuten später befanden
wir uns erneut auf der Überlandstraße.
    »Wollen wir weiter
umherfahren?« fragte ich.
    »Nein.« Candy schüttelte den
Kopf. »Laß uns in meine Wohnung zurückfahren. Ich möchte gern etwas trinken.«
    »Ein Wunsch, der einer
Wheelerschen Freundin würdig ist«, sagte ich.
    Ich lenkte den Healey mehr oder
weniger in Richtung ihres Dachgartenappartements, und wir fuhren etwa fünf
Minuten schweigend weiter.
    »Wenn ich jetzt so darüber
nachdenke«, sagte Candy schließlich, »kommt mir die ganze Sache einfach
verrückt vor. Wie konnten die Leute nur auf solch einen Sums hereinfallen:
Sonnenanbetung und Sonnengötter, um alles in der Welt!«
    »Es ist jetzt nur verrückt,
weil der Prophet nicht mehr da ist«, sagte ich. »Und als er da war, hat er
Leuten wie dir und anderen im Grund nicht etwa Sonnenanbetung angedreht.«
    »Was denn dann?« fragte sie.
    »Muskeln«, sagte ich. »Glanz,
Mondschein und...«
    »Schon gut«, sagte sie schnell.
»Du brauchst nicht weiter zu sprechen. Ich habe schon begriffen.«
    Wir erreichten ihr Appartementhaus
und hielten mit dem Wagen unmittelbar vor dem Eingang. Der Portier kam
herausgeeilt, um die Tür aufzuhalten, sah, daß ich es war, der im Wagen saß,
und verlor abrupt alles Interesse.
    »Na!« sagte Candy entrüstet.
»Was ist denn mit dem los!«
    »Er hat seine Sorgen«, sagte
ich. »Er spart all sein Geld, um mir zu Weihnachten ein Taxi zu schenken.«
    Wir stiegen aus und bahnten uns
unseren Weg über die Teppiche zum Aufzug. Im Dachgartenappartement verließen
wir den Lift, und Candy schloß die Tür auf.
    Sie lächelte mir zu, als wir
ins Wohnzimmer traten.
    »Hast du deine Handfesseln
mitgebracht?« sagte sie leise.
    »Pines!« Ich schnippte mit den
Fingern. »Ich wußte doch, daß ich etwas vergessen habe.«
    »Pines?«
    »Erinnere mich morgen früh
daran, Süße. Ich muß ihm einen Schlüssel mit der Post schicken.«
    »Schlüssel?«
    »Wenn er noch immer an diesen
Wasserhahn angeschlossen ist, während Edgar ihm die ganze Zeit frischen Tee
aufbrüht, wird dem Jungen nie mehr ein Gedicht einfallen«, erklärte ich.
    »Al!« Candy blickte mich
feierlich an. »Du brauchst Ruhe! Geh und leg dich sofort hin!«
    »Ich werde ruhen, wenn du auch
ruhst!« sagte ich erwartungsvoll.
    »Na gut.« Sie lachte. »Leg dich
jetzt hin und ich werde kommen, sobald ich uns etwas zu trinken eingegossen
habe.«
    Ich ging ins Schlafzimmer und
streckte mich auf dem Bett aus. Aus dem Wohnzimmer drang das beruhigende
Zischen des Sodawassers herein. Ein paar Sekunden später sah ich zu, wie Candy
Logan mit den Gläsern in der Hand ins Zimmer trat. Bis Mittwoch brauchte ich
nicht mehr ins Büro zu gehen.
    Wer braucht schon
achtzigtausend Dollar?
     
    ENDE
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