Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Witwe

Die Witwe

Titel: Die Witwe
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
Bist du sicher, daß die Erpressung und das ganze Drum und Dran nicht
mehr erwähnt wird?«
    »Ganz sicher«, sagte ich. »Sie
bildete kein direktes Motiv für die beiden Morde. Eloise ist ohnehin tot, und
Cornelius wird sich für schuldig erklären. Es wird keinen Prozeß geben — er
wird einfach verurteilt.«
    »Es ist einfach wundervoll, wieder
richtig leben zu können«, sagte sie. »Was, glaubst du, ist mit dem Propheten
wirklich passiert?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich.
    »Er kann doch nicht einfach vom
Erdboden verschwunden sein«, sagte sie.
    »Aber genau das hat er getan.«
    »Unsinn!« sagte Candy
energisch. »Es muß eine ganz einfache und logische Antwort darauf geben. Wir
brauchen bloß darüber nachzudenken.«
    »Hör zu«, sagte ich, »ich habe
an diesem Abend einen doppelten Mordfall aufgeklärt, und dabei sind mir ein
Schwindler und ein sich in Nichts auflösender Prophet durch die Lappen
gegangen. Der Sheriff hat mich abgekanzelt, aber wenn es Mittwoch ist und ich
wieder ins Büro zurückkehre, wird er froh sein, wenn er sich mit den
aufgeklärten Morden zufriedengeben kann. Ich kann mich jetzt also erholen. Und
zu diesem Zweck habe ich ein schönes dunkelhaariges Mädchen mit auf eine
Autofahrt genommen. Logische Probleme, die logischer Lösungen bedürfen, brauche
ich genauso notwendig, wie ein Loch im Kopf.«
    »Ich behaupte nach wie vor, daß
die Sache irgendwie leicht geklärt werden könnte«, sagte Candy eigensinnig.
    »Loch im Kopf«, wiederholte
ich. »Loch im Kopf?«
    »Rück die Nadel weiter«, sagte
sie. »Ich habe gar nicht gewußt, daß du auch in dir selber ein HiFi-Gerät
eingebaut hast.«
    »Loch im Kopf!« schrie ich.
»Das ist es! Candy — du bist ein Genie!«
    Ich bog mit quietschenden
Reifen von der Überlandstraße ab, um dann wieder in entgegengesetzter Richtung
in sie einzufahren.
    »Meinst du nicht, du solltest
erst einmal einfach nach Hause fahren und dich ausruhen?« fragte Candy.
    »Ich habe dir doch gesagt«,
antwortete ich, »daß du nicht mehr und nicht weniger als ein Genie bist. Wo
würdest du etwas verstecken, wenn du kein anderes Versteck als deinen Kopf
hättest?«
    »Das ist eine gespenstische
Frage!«
    »Du würdest ein Loch in deinen
Kopf graben und es dort verstecken«, sagte ich beglückt. »Genau das hat der
Prophet getan.«
    »Du meinst, er hat ein Loch in
seinen eigenen Kopf gegraben und ist hineingeklettert?« Candy rutschte, so weit
es der beschränkte Raum zuließ, von mir weg. »So soll er verschwunden sein?«
    »Ja, nicht wahr?« sagte ich.
»Allmählich beginnt mir der Prophet zu gefallen. Dieser Bursche muß Nerven aus
Stahl haben.«
    »Ich weiß nicht, ob du einen
Psychiater oder besser einen Chirurgen aufsuchen solltest«, sagte Candy
hilflos. »Ist dieses Loch in deinem Kopf Wirklichkeit, oder besteht es nur in
deiner Phantasie?«
    »Es ist durchaus Wirklichkeit«,
sagte ich. »Es war so sehr Wirklichkeit, daß es gar niemand bemerkt hat.«
    »Es war so sehr
Wirklichkeit...« Candys Stimme versiegte. »Al, bitte laß mich raus, ich möchte
lieber zu Fuß in die Stadt zurück.«
    »Ich werde dir des Propheten
Loch im Kopf zeigen«, sagte ich. »Das möchtest du doch sehen, oder nicht?«
    »Klar«, sagte sie. »Und wenn du
noch ein paar grinsende Totenschädel in deiner Sammlung hast, möchte ich sie
auch sehen. Das ist so gemütlich.«
    Ich bog von der Überlandstraße
ab, und fünf Minuten später befanden wir uns wieder auf der Bergstraße zum Bald
Mountain.
    »Müssen wir noch einmal dort
hinauf?« fragte Candy. »Dieser Ort birgt keine besonders angenehmen
Erinnerungen für mich.«
    »Wir wollen uns nur dieses Loch
im Kopf betrachten«, erinnerte ich sie.
    »Ich will dir einmal was sagen,
Al Wheeler«, sagte sie mit beherrschter Stimme, »wenn das Ganze hier schon als
ein Spaß angefangen hat, wird es jedenfalls nicht so enden. Wenn du mich für
nichts und wieder nichts dort hinaufschleifst, werde ich dir mit einer Axt ein
Loch in den Kopf graben.«
    »Geduld, Kind«, sagte ich. »Wir
sind beinahe dort.«
    Wir fuhren von der Straße weg auf
den Parkplatz. Verglichen damit, wie die Gegend bei Sonnenuntergang ausgesehen
hatte, wirkte sie jetzt gespenstisch. Kein anderer Wagen war in Sicht. Weder
aus Bennetts Büro noch aus den Hütten und Bungalows drang Licht.
    Ich fuhr, so weit ich konnte, und
hielt dann an. Ich nahm eine Taschenlampe aus dem Wagen und begann, den
Ausläufer des Berges emporzuklettern, bis ich den Altar erreichte.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher