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Underground

Titel: Underground
Autoren: Kat Richardson
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PROLOG
    W enn die Geister jemand anderen gehabt hätten, den sie nerven und quälen könnten, wäre mein Leben um vieles ruhiger verlaufen – vermutlich ähnlich ruhig wie vor jenem Tag, an dem ich starb. Doch leider war dem nicht so. In diesen zwei Minuten, in denen ich tot war, musste etwas geschehen sein, was mir bisher noch niemand plausibel erklären konnte. Es führte jedoch dazu, dass ich seitdem Gespenster, Monster und andere Gruselgestalten wahrnehme. Und nicht nur das. Sie scheinen mich auch noch für eine Art Halbschwester zu halten, an die sie sich jederzeit wenden können, wenn sie Hilfe brauchen.
    Ich bin eine Grauwandlerin – also ein Mensch, der sich in der normalen Welt und zugleich im Grau bewegen kann. Das Grau ist eine unheimliche Randzone zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren. Diese Zone liegt wie ein Schleier über unserer Welt und ist für die meisten Menschen unsichtbar. Dennoch existiert es. Es ist ein Ort aus verschwommenen Wesen und Erinnerungen, durch den heiße Energie voller Leben fließt und der von Zeitschichten und magischen Kräften durchzogen wird. Dort sind Geister, Vampire und Monster so real und alltäglich wie hier Hunde und Katzen, und sie beißen und kratzen auch genauso schnell.

    Ich bin Privatdetektivin. Meistens macht mir meine Arbeit großen Spaß, aber leider ist es kein Beruf für jemanden, der ein ausgeprägtes Sozialleben führen möchte. Selbst dann nicht, wenn man gerade keinen Klienten hat, der direkt aus einem Horrorroman stammen könnte. Mein Beruf und meine Fähigkeit, in der Welt der Geister und Zauberwesen zu arbeiten, scheinen mich mit den Bedürfnissen, Fällen und Auseinandersetzungen jedes Untoten im pazifischen Nordwesten der USA in Verbindung zu bringen.
    Diese Kreaturen akzeptieren meist kein Nein als Antwort, und an Bürozeiten halten sie sich sowieso nicht. So gerne ich auch diesen Teil meiner Arbeit hinter mir lassen würde, so wenig ist mir das möglich, was sich leider auf mein Liebesleben auswirkt.
    Es ist wahrscheinlich typisch für mich, dass mir gerade in dem Moment ein toller Mann über den Weg laufen musste, als mein Leben durch meinen eigenen Tod und meinen darauffolgenden ständigen Aufenthalt in der grauen Zone völlig auf den Kopf gestellt wurde. Bisher war es mir nicht möglich, das Ganze irgendwie zu erklären, und ich habe es inzwischen aufgegeben, es auch nur zu versuchen. Die meisten Leute sind nicht gewillt, sich vorzustellen, dass es solche Dinge wie mörderische Geister, hilfreiche Hexen, unheimliche Artefakte, lebendige Energie, Nekromanten, Vampire und psychotische Poltergeister geben könnte. Sie sind noch weniger bereit, zu akzeptieren, dass diese Wesen inzwischen Teil meines alltäglichen Lebens geworden sind. Ich habe einige Freunde und Bekannte, die von meiner Fähigkeit wissen, aber die meisten gehören nicht zur Gruppe sogenannter Seelenverwandter, sondern reagieren vielmehr ziemlich ablehnend. Es ist also
nicht überraschend, dass mein Leben und meine Beziehungen ein Riesendurcheinander sind.
    Mein momentaner Freund Will und ich wollten es über die Feiertage am Jahresende noch einmal miteinander versuchen. Leider lief das Ganze ziemlich schief, da diese verdammten Geister ständig meine Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen und ich mich um sie kümmern muss, sobald sie sich es in den Kopf setzen, meine Hilfe zu benötigen. Thanksgiving verlief noch einigermaßen gut, aber Weihnachten war es schon schlimmer. In der zweiten Januarwoche herrschte sowohl wetter- als auch beziehungsmäßig ein heftiger Kälteeinbruch, und zu diesem Zeitpunkt stolperte ich auch noch über meine erste gefrorene Leiche.

EINS
    M ein Knie schmerzte auf eine Weise, die meine Physiotherapeutin als heilsam, ich aber als außerordentlich irritierend bezeichnete. Natürlich konnte es auch sein, dass ich Will Novak als irritierend empfand und mein Knie einfach zu stark belastete, nachdem ich es im Oktober auf der Flucht vor einem mörderischen Poltergeist ruiniert hatte.
    Es tat höllisch weh, als ich versuchte, mit Hilfe meines Beines ein Gewicht von lächerlichen zehn Kilo langsam in die Höhe zu schieben und dabei das Knie durchzudrücken. Wie konnte so etwas nur auf einmal so schwer geworden sein? Aber viele Dinge sind schwieriger, als sie auf den ersten Blick zu sein scheinen. Momentan fiel es mir allerdings am schwersten, nicht die Nerven zu verlieren.
    Will saß neben mir auf der Gewichtebank und sah zu, wie ich mich abplagte. Um uns herum
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