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Die Witwe

Die Witwe

Titel: Die Witwe
Autoren: Carter Brown
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Prophet ist ein
wundervoller Mann«, sagte Bennett langsam. »Ein Mann, der von einem
unglaublichen Glauben erfüllt ist.«
    »Unglaublich ist der richtige
Ausdruck«, pflichtete ich bei. »Aber er ist zehntausend Jahre zu spät auf die
Welt gekommen. Warum sagte ihm nicht einmal jemand, daß Sonnenanbetung etwas
für die Fabrikanten von Hautöl ist, wenn schon nicht für die Vögel?«
    »Er ist ein sehr aufrichtiger
Mensch«, sagte Bennett im Ton des Tadels. »Ein Mann mit einem
leidenschaftlichen Glauben an seine Mission als Prophet des Sonnengottes. Sie
haben ihn bei Sonnenuntergang sprechen hören, Lieutenant. Können Sie an seiner
Aufrichtigkeit zweifeln?«
    »Und ob!« sagte ich.
    Bennett trank einen Schluck
Scotch. »Jedenfalls, Lieutenant, befinden wir uns hier in einem freien Land.
Wir tun nichts, was gegen das Gesetz verstößt. Die Leute, die hierherkommen, um
mit dem Propheten zusammen den Sonnengott zu verehren, sind aus eigenem freiem
Willen gekommen. Ihre Spenden sind absolut freiwillig. Das Geld dient dazu, um
die Bewegung zu fördern für spezifische Dinge, wie zum Beispiel den Schrein.
Der Prophet selber hat keinerlei Einkommen.«
    »Ich finde, Sie sollten ihm trotzdem
einen Anzug kaufen«, sagte ich. »Er wird sich sonst in einer der nächsten
Nächte einmal erkälten.«
    Es wurde kurz an die Tür
geklopft, und dann kam jemand herein. Ich stellte sofort fest, daß es nicht
Charlie war. Charlie hätte niemals einen Büstenhalter getragen.
    Sie war groß und üppig gebaut.
Sie hatte kurzgeschnittenes weißblondes Haar, sehr blaue Augen und sehr rote
Lippen. Sie sah auf Anhieb aus wie dreißig. Nur die scharfen Linien um ihre
Augenwinkel verrieten, daß sie wahrscheinlich zehn Jahre älter war.
    Aber dann beherrschten die
vollen, großzügigen Kurven, kaum gebändigt durch das Büstenhalteroberteil und
die sehr kurzen Shorts, das Bild, und jedem Mann wäre es egal gewesen, wessen
Großmutter sie ist, solange sie nicht seine eigene war.
    »Ralph«, sagte sie mit forscher
Stimme, »ich habe dir doch gesagt, wir tränken Cocktails in meiner Cabana. Du
bist zu spät.«
    »Tut mir leid, Stella«, sagte
Bennett leichthin. »Ich bin im Augenblick beschäftigt.«
    Die Weißblonde warf mir einen
flüchtigen Blick zu. »Hat das nicht Zeit?« fragte sie. »Was verkauft er denn?«
    » Sonnengeküßte Vitamintabletten«, sagte ich. »Sie stoppen den Barthaarausfall des Propheten,
wenn es regnet.«
    »Soll das irgendwie komisch
sein?« fragte sie kalt.
    Ich blickte auf ihren
Büstenhalter. »Sie sollten sie selber einmal versuchen«, schlug ich vor. »Der
Prophet findet, daß sie aufrichten.«
    »Dies hier ist Lieutenant
Wheeler«, sagte Bennett schnell. Er sah mich an. »Lieutenant, das hier ist Mrs.
Stella Gibb.«
    »Sind Sie mit Mr. Stella Gibb
verheiratet?«
    »Er heißt Cornelius«, sagte
sie. »Aber wenn es zweckmäßig ist, ist er Mr. Stella Gibb.«
    Ich hob die Brauen. »Wie
zweckmäßig kann er denn werden?«
    »Hat Ralph >Lieutenant<
gesagt?« Sie taute merklich auf. »Was für ein Lieutenant?«
    »Darüber gibt es eine Reihe von
Theorien«, sagte ich. »Die meisten werden von meiner Mutter bestritten.«
    »Ein Polizeilieutenant «,
klärte Bennett sie auf.
    »Wie wundervoll!« sagte sie
begeistert. »Sie müssen auf einen Drink zu uns kommen, Lieutenant.«
    »Worauf werden wir denn
trinken?« fragte ich sie. »Auf die Abreise des Propheten? Ich dachte, die
Sputniks wären bereits die Sache, aber er ist ihnen ja weit voraus. Hat er
einen neuen Raketentreibstoff getankt oder so was?«
    Keiner von beiden antwortete.
Beide warfen mir denselben Blick zu, mit dem ein Wurm sein hinteres Ende
betrachtet, wenn er feststellt, daß beide in derselben Richtung kriechen.
    »Ich würde an Ihrer Stelle ein
scharfes Auge auf die hunderttausend Dollar haben«, erklärte ich Bennett. »Ich
würde vor dem Start der Rakete dafür sorgen, daß das Geld nicht mit
hinaufgeschossen wird.«
    Das eisige Schweigen wurde
schließlich durch Bennett unterbrochen. »Leider, Lieutenant«, sagte er mit
kalter Stimme, »verstehen Sie den Propheten in keiner Weise.«
    »Trotzdem«, sagte Stella mit
einer Spur von Ungeduld in der Stimme, »kommen Sie nun auf ein Glas oder nicht,
Lieutenant?«
    »Sagen Sie mir einen guten
Grund, weshalb ich kommen sollte.«
    Sie holte tief Luft, so daß
sich die sonnengebräunte Haut über ihrem Magen straffte. Der Büstenhalter
verrutschte ein wenig und ließ eine dünne Linie weicher, ungebräunter
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