Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Witwe

Die Witwe

Titel: Die Witwe
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
zungenfertig. »Eloise
wird Ihnen alles zeigen, solange Sie warten, Miss...?«
    »Jackson«, sagte ich.
»Hoffentlich ist Eloise kein verdammter Yankee?«
    »Ich bin von Boston, wenn Sie
das meinen«, sagte eine klare Stimme hinter mir. Es war das dunkelhaarige
Mädchen.
    Bei Nähe besehen, war sie noch
atemberaubender und das weiße Gewand noch unzureichender, wie ich erfreut
feststellte.
    Bennett stellte vor und Eloise
begleitete die widerstrebende Annabelle weg.
    »Nun, Lieutenant«, Bennett nahm
voller Überzeugungskraft meinen Arm, »was möchten Sie zuerst sehen?«
    »Ein Glas«, sagte ich. »Scotch
auf Eis, wenig Soda.«
    Er lachte leise. »Ich glaube,
das kann arrangiert werden. Gehen wir in mein Büro hinüber.«
    Zwei Minuten später trafen wir
in seinem Büro ein. Es war modern und von jener Art kostspieliger Einfachheit,
die einen normalerweise erwartet, wenn man einen Rock anhat und an der Ecke
Hollywood Boulevard und Vine Road steht.
    »Bitte, setzen Sie sich,
Lieutenant«, sagte Bennett.
    Ich setzte mich und blickte auf
meine Brust, um nachzusehen, ob dort in Intervallen eine Neonschrift mit dem Wort
»Lieutenant« aufflammte, was jedoch nicht der Fall war. Also stellte ich die
unvermeidliche Frage.
    »Wie ein Polizeibeamter sehen
Sie gewiß nicht aus«, sagte Bennett huldvoll. »Ich habe Sie nach einem
Zeitungsfoto erkannt, das ich vor ein paar Monaten gesehen habe.«
    »Sie müssen ein fotografisch
genaues Erinnerungsvermögen haben«, sagte ich. »Erzählen Sie mir von dem
Propheten.«
    »Gewiß«, sagte er, »ich...«
    Die Tür flog auf und ein Mann
kam ins Büro geschlurft.
    Er blieb stehen und schwankte
leicht auf den Fußballen hin und her. Er war klein, dick und sah aus wie ein
Cherubim. Eine leere Ryeflasche baumelte lose
zwischen den Fingern seiner rechten Hand herab.
    »Nicht jetzt, Charlie«, sagte
Bennett ungeduldig. »Hau ab!«
    »Ich hab’ überhaup ’
kein Feuerwasser mehr«, sagte der dicke Mann mit verschwommener Stimme. »Das is dem Sonn’gott sicher nich recht, was?«
    »Hau ab!« wiederholte Bennett.
    Charlie richtete sich zu seiner
vollen Größe von etwa einem Meter dreiundfünfzig auf und sah mich an. »So behan’elt er ’nen alten Freun ’,«
sagte er mit schwerer Zunge. » Jetz , wo’r Geld mach’, hat er keine Zeit mehr für alte Freun’e . Jetz , wo’r den Zaster aus sei’m Racket
rauszieht...«
    »Bitte entschuldigen Sie Charlie,
Lieutenant«, sagte Bennett steif. »Charlie ist ein Säufer.«
    »Ich mag nich ,
wenn man mich ’nen Säufer nennt«, sagte Charlie entrüstet. »Klingt so naß. Ich
mag aber auch nich ’n Alk’holiker genann wer’n , weil das so
steril oder so was klingt. Sie könn ’ mich ’nen
Rumtreiber nenn’, wenn se woll’n .«
    Bennett zuckte hilflos die
Schultern. »Charlie ist ein Rumtreiber«, sagte er. Er öffnete eine
Schreibtischschublade und nahm eine Literflasche Rye heraus. »Hier.« Er hielt sie Charlie hin.
    Der fette kleine Mann griff
eifrig nach der Flasche und ließ die leere zu Boden fallen. »Sie sin’ okay«,
sagte er voller Wärme. »Sie sin’ eig’nlich gar nich die Sorte Rumtreiber, die ’nen Kamera’n vergißt. Das mag ich an Ihn’.« Er drehte sich um, öffnete die Tür und schwankte
wieder in den Abend hinaus.
    »Es tut mir leid«, sagte
Bennett im Ton der Entschuldigung. »Er ist, wie Charlie selber gesagt hat — er
ist ein Rumtreiber.«
    »Ich bin froh, daß Sie ihm die
Flasche gegeben haben«, sagte ich. »Das stellt gewissermaßen meinen Glauben an
die Menschheit wieder her. Es wäre mir unangenehm gewesen, wenn Sie ihm nicht
geholfen hätten... nun, wo Sie den Zaster aus dem Racket herausziehen.«
    Diesmal zuckte Bennett
zusammen. »Das ist Charlies Ausdrucksweise. Als Manager der Propheten bekomme
ich einen kleinen Anteil aus den Spenden, das ist alles. Soviel ich weiß, ist
das völlig legitim, Lieutenant.«
    »Wenn man aus Werbesendungen
des Fernsehens Geld herausholen kann, warum sollen Sie dann nicht Geld aus dem
Propheten herausholen?« sagte ich großherzig. »Erzählen Sie mir noch ein
bißchen mehr von ihm.«
    »Gern«, sagte Bennett. »Aber
ich werde Ihnen lieber erst Ihr Glas einschenken.«
    »Ein fortschrittlicher
Gedanke«, pflichtete ich bei.
    Er drückte auf einen Knopf, und
ein Teil der Wand schwang zurück, um eine kleine Bar zu enthüllen. Er machte
die Drinks zurecht, reichte mir mein Glas und ließ sich wieder nieder. Ich war
beglückt, daß die Bar nicht wieder verschwand.
    »Der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher