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Der Teufelsfürst

Der Teufelsfürst

Titel: Der Teufelsfürst
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Vorwort
Im Jahre des Herrn, Anno Domini 1447
    Die spätmittelalterliche Welt befindet sich im Umbruch.
    Der – für manchen beängstigende – Wandel scheint vor keinem Lebensbereich haltzumachen. Das Rittertum wird durch neue Waffentechniken und Söldner immer weiter zurückgedrängt. Auch die Städte verfolgen immer aggressiver ihre wirtschaftlichen und politischen Interessen. Um dem Niedergang entgegenzuwirken, schließen sich viele Niederadelige zu Adels-oder Rittergesellschaften zusammen und das Fehdewesen gelangt zu einer vorher nie da gewesenen Blüte. Überall ziehen sogenannte Raubritter plündernd, raubend und brandschatzend durch die Lande, um den verhassten Städtern und manchmal auch den ungeliebten Nachbarn so viel Schaden wie möglich zuzufügen. Diese Zustände spitzen sich im Süden des Reiches so weit zu, dass immer wieder Beschwerden zum Hofgericht nach Rottweil geschickt werden, vor dem die meisten der Landfriedensbrecher allerdings gar nicht erst erscheinen – wenn sie überhaupt vorgeladen werden. Als wäre dies nicht genug, beginnen bald auch die Landesfürsten, sich in den eskalierenden Zwist zwischen den Städten und dem Adel einzumischen. Der zweite Süddeutsche Städtekrieg wirft bereits seine drohenden Schatten voraus. Während die Zustände im Heiligen Römischen Reich alles andere als geordnet sind, sorgen weitere Entwicklungen dafür, dass sich die Furcht der Stadt-und Landbevölkerung mehrt. Denn seit einigen Jahren tauchen immer öfter dunkelhäutige Fahrende vor den Städten auf, die behaupten, von den Osmanen aus ihrer Heimat in Klein-Ägypten vertrieben worden zu sein. Wo genau dieses sagenumwobene Land liegen soll, weiß niemand so richtig. Aber da die als Zigeuner oder Tataren bezeichneten Reisenden vorgeben, sich auf einer siebenjährigen Bußfahrt zu befinden und Geleitbriefe von Papst und König vorweisen, bleiben das Misstrauen und der Hass der Einheimischen zunächst unterschwellig. Irgendwo müssen sich die brodelnden Emotionen und Ängste jedoch entladen – und das geschieht im aufflammenden Hexenwahn. Seit dem Jahr 1430 verfolgen Staat und Kirche systematisch und flächendeckend Hexen, Zauberinnen und all diejenigen, die im Verdacht stehen, einen Pakt mit dem Teufel geschlossen zu haben. Die Scheiterhaufen beginnen zu brennen.
    Während all diese Ereignisse den Westen erschüttern, bricht im Osten Europas der Vorabend der Eroberung Konstantinopels an. Lediglich durch das winzige Fürstentum der Walachei von seinem größten Feind – dem Königreich Ungarn – getrennt, durchbricht der türkische Sultan immer wieder die Befestigungen an der Donau und stößt zusehends weiter auf feindliches Territorium vor. Zwar ist die Walachei ein Vasallenstaat, aber auf den dortigen Woiwoden ist kein Verlass – obwohl sich zwei seiner Söhne, der elfjährige Radu und der sechzehnjährige Vlad Draculea, in osmanischer Geiselhaft befinden. Derweil der Vater der beiden Prinzen nicht nur gegen allzu überzogene Forderungen des Sultans, sondern auch gegen Intrigen seines ungarischen Nachbarn, Johann Hunyadi, zu kämpfen hat, geht der junge Vlad Draculea am Sultanshof in Edirne durch die Hölle. Er wird von gnadenlosen Waffenmeistern in der türkischen Kunst der Kriegsführung ausgebildet und wegen seines störrischen Verhaltens immer wieder gezüchtigt. Noch dazu muss er ohnmächtig dabei zusehen, wie der sinnesfreudige osmanische Prinz Mehmet seinem jüngeren Bruder nachstellt. Jeder Tag, den er als Geisel des Sultans verbringt, schürt seinen Hass weiter. Nacht um Nacht fleht er zu Gott, dass dieser ihm endlich einen Ausweg aus einer Lage zeigt, die hoffnungsloser kaum sein könnte.
    Und mit jedem Tag, der ohne einen Fingerzeig des Schicksals vergeht, wird der junge Mann verbitterter und schwört furchtbare Rache – sollte es ihm jemals gelingen, die Freiheit wiederzuerlangen. Zusehends ergreift die Dunkelheit Besitz von seiner Seele und droht ihn schon bald zu einem Geschöpf zu machen, vor dem er sich selbst fürchtet.

Kapitel 1
Edirne, Sultanspalast, Februar 1447
    »Vlad, hilf mir!« Die vor Angst schrille Stimme des elfjährigen Radu durchschnitt die Luft wie ein Messer. »Oh, mein Gott, Vlad!« Der Ruf erstickte in einem verzweifelten Schluchzen, dem das Klirren von Metall und ein wüster Fluch folgten. Mit einem dumpfen Scheppern glitt Vlad Draculea die goldene Drachenspange aus der Hand, mit der er gespielt hatte, während er vorgab, dem ermüdenden Geleier des Enderum
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