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Die Witwe

Die Witwe

Titel: Die Witwe
Autoren: Carter Brown
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gestoßen
hat?«
    Er zuckte die mächtigen
Schultern. »Ich kenne das Instrument seines Willens nicht.«
    »Wo waren Sie in dieser Nacht?«
    »Ich habe hier eine kleine
Hütte«, sagte er. »Sie reicht für meine einfachen Bedürfnisse. Ich schlief.«
    »Wie heißen Sie wirklich?«
    »Ich bin der Prophet des
Sonnengottes.«
    »Sie können unmöglich
>Prophet Prophet< getauft worden sein. Sie müssen einen richtigen Namen
haben.«
    »Wenn es so ist, habe ich ihn
vergessen«, sagte er. »Ich bin lediglich das Werkzeug des Sonnengottes. Durch
mich spricht er.«
    »Und er verliert nicht viel
Worte«, sagte ich. »Was haben Sie eigentlich damit gemeint, als Sie
prophezeiten, daß Sie sich am Sonntag mit dem Sonnengott vereinen würden?«
    »Ich bin aufgerufen, mich dann
mit ihm zu vereinen«, sagte er. »Wie, weiß ich nicht. Nur daß es geschehen
wird, weiß ich.«
    Ich zündete mir eine neue
Zigarette an. Im Augenblick war ich mir nicht sicher, wer verrückt war — ich
oder der Prophet. Ich versuchte es erneut. »Ist Ihnen irgendein Grund bekannt,
weshalb Julia Grant ermordet worden sein könnte? Kennen Sie irgend jemanden,
der den Wunsch haben konnte, sie umzubringen?«
    »Nein«, sagte er ruhig. »Sie
verstehen das nicht, Lieutenant. Sie sind ein weltlicher Mensch und suchen nach
weltlichen Gründen. Dies ist etwas, das sich Ihrem Verständnis entzieht.«
    »Da bin ich völlig Ihrer Ansicht«,
gestand ich. »Was hatte der Sonnengott denn gegen Julia Grant? Vielleicht wurde
sie nicht richtig braun, wie?«
    »Spotten Sie nicht über Dinge,
die Sie nicht verstehen«, sagte er zornig, »wenn Sie nicht ebenfalls der Fluch
des Sonnengottes treffen soll!«
    »Soll das eine Drohung sein?«
    Er schüttelte bedächtig den
Kopf. »Ich drohe niemanden, weder einem Gläubigen noch einem Ungläubigen. Ich
bin dazu berufen, auf dem Weg des herrlichen Lichts und der Wärme
voranzuschreiten, auf daß andere mir folgen mögen in die ewige...«
    Ich blickte Bennett flehend an.
»Schaffen Sie ihn wieder weg«, sagte ich. »Es ist zu früh für Werbesendungen.«
    Der Prophet schritt langsam und
feierlich aus dem Büro. Auf Bennetts Gesicht lag ein entschuldigender Ausdruck.
»Sie wissen, wie es bei ihm ist, Lieutenant«, sagte er. »Der Prophet ist
ein...«
    »Wenn Sie noch einmal >aufrichtiger
Mann< sagen...«
    Es wurde an die Tür geklopft,
und Sergeant Polnik kam herein, ein glückliches Grinsen auf dem Gesicht. »Ein
schöner Morgen, Lieutenant«, sagte er freundlich. »Ich habe gehört, daß
irgendein nacktes Frauenzimmer hier oben abgemurkst worden ist, und gleich habe
ich zu mir gesagt: >Lieutenant Wheeler<, habe ich zu mir gesagt.«
    »Das hier ist Sergeant Polnik«,
sagte ich müde zu Bennett. »Wenn er stirbt, wird er als Bikiniunterteil einer
Striptease-Tänzerin wiedergeboren werden.«
    »Ich glaube nicht an
Reinkarzinom, Lieutenant«, sagte Polnik ernst. »Ich glaube, wenn man tot ist,
ist man tot — also soll man so gut wie möglich leben, solange man lebt.«
    »Sie sollten Ihre
philosophischen Erkenntnisse mit dem Propheten austauschen«, sagte ich.
    »Wer ist das denn?« Polnik sah
mich verdutzt an. »Ein Firmenchef?«
    Ich griff automatisch wieder
nach der Whiskyflasche, aber Bennett hatte sich herangeschlichen und sie
weggestellt.
    »Ich soll Ihnen etwas
ausrichten, Lieutenant«, sagte Polnik. »Der Sheriff hat seine Absicht, hier
heraufzukommen, geändert und statt dessen mich geschickt. Er sagt, er möchte
Sie sofort in seinem Büro sprechen. Ich habe den Doktor und die ganzen Experten
mitgebracht.« Er sprach das Wort »Experten« wie ein Schimpfwort aus. »Der
Sheriff sagt, ich solle Sie hier ablösen.« Er senkte bescheiden die Augen.
    »Großartig!« sagte ich. »Wenn
Sie es schaffen, eine einzige Frage vernünftig beantwortet zu kriegen, sind Sie
mir bereits um Nasenlänge voraus.«
    Ich stand auf und wies mit dem
Finger auf Bennett. »Das hier ist Ralph Bennett; er kennt hier alle Leute. Ich
habe mit dem Propheten geredet, und es kam nur Unsinn dabei heraus. Sehen Sie
zu, daß Sie mit den übrigen besser zurechtkommen.«
    »Ich werde zuerst mit den
Frauenzimmern anfangen«, sagte Polnik prompt.
    »Mit welchen Frauenzimmern?«
    Sein Kinn sank herab.
»Lieutenant! Es muß Frauenzimmer geben, und zwar schöne. Es gibt keinen Wheeler-Fall
ohne schöne Frauenzimmer.«
    »Er möchte Eloise verhören«,
sagte ich zu Bennett, dem die Augen hervorquollen. »Und erzählen Sie mir jetzt
nicht, daß das Sheriffsdepartement
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